Nicht wie Siri
1975 spielte David Bowie in dem Film „Der Mann, der vom Himmel fiel" einen Außerirdischen, dessen überlegene Auffassungsgabe sich in Gestalt einer Wand aus aufeinandergestapelten Fernsehgeräten darstellte. In raschen Schnitten rauschte die Weltkulturmasse in die Wahrnehmung des freundlichen Aliens. Inzwischen kommt die Hardware auch uns Terranern entgegen. Terabyte-weise Speicher im Taschenformat oder in der Cloud, in den über den Daumen gepeilt jeweils 500 Stunden Film oder Fernsehen in HD-Qualität passen. Angesichts solcher Kapazität fragt man sich, wann eigentlich so interessante Fernsehsendungen laufen, dass sich eine solche Bildertreibjagd lohnt.
Eine Maschine, die mich versteht
Und man fragt sich, ob es nicht an der Zeit ist, die Arbeit an semantischen Aufzeichnungsgeräten zu forcieren. Geräte, die wissen, was sie tun. Manche haben schon aufgegeben und setzen nur noch auf Streaming. Aber ich möchte eine Medienmaschine, die nicht nur Wochen an Bewegtbilder in angenehm stoffloser Form bereithält, sondern die mich darüber hinaus versteht.
Nicht wie Siri, Echo und die anderen algorithmisch angeregten Spracherkenner. Eine Maschine, die meinen Geschmack und meine Neigungen kennt, meine Stimmung einzuschätzen weiß. Und die zu den vielen aufgezeichneten Stunden zuallererst eine Einschätzung für mich bereithält: „Werter Besitzer, die eineinhalb Stunden Lebenszeit, die dich dieser Film kostet, kriegst du nicht wieder. Vergiss den. Du hast hinterher bloß schlechte Laune."
Spannungserkennung
Dass ein einfühlsamer Filmrekorder keine Science Fiction ist, bewies ein Bielefelder Videokünstler bereits in den Achtzigerjahren. Er schrieb eine Software, die in Filmen die Schnitte erkennt und wieviel Zeit zwischen zwei Schnitten vergeht. Kurze Zeiträume zwischen zwei Schnitten stufte die Software als unterhaltsam ein, lange Szenen als Neuer Deutscher Film und schwierig. Waren in einem Film zu viele lange Einstellungen, griff das Programm auf seinen Bestand an aufgezeichneten kurzen Szenen zurück und spielte sie anstelle der langen ein.
Sämtliche Bildungslücken
Auch um sich das Wissen der Menschheit einzuverleiben, braucht es nicht unbedingt mehr Außerirdische. 2004 unternahm der amerikanische Journalist A. J. Jacobs den beispielhaften Versuch, seine sämtlichen Bildungslücken zu schließen, indem er alle 32 Bände der Encyclopedia Britannica las - 75.000 Artikel auf 33.000 Seiten, rund 44 Millionen Worte - und ein Buch über seine Erfahrungen während des Lesemarathons schrieb. Die letzte Ausgabe der Encyclopedia in Papierform erschien sechs Jahre später, zu einem Listenpreis von rund 1.300 Euro. Seit März 2012 gibt es die Universalie nur noch digital.
Und mit der digitalen Leichtigkeit, mit der papierlose Bücher und stofflose Filme zu immer umfassenderen Fluten anschwellen, steigt die Notwendigkeit einer Software der nächsten Generation: Wir brauchen Geschmackserkennung!