Netzpolitik

"Alles gurgelt": Was mit den Daten passiert

Testen, testen, testen lautet die Strategie, um Covid-19 zu bekämpfen, so lange es noch keine Impfung für alle gibt. „Alles gurgelt“ bietet in Wien eine einfache Möglichkeit, an einen PCR-Test für zu Hause zu gelangen. Durch regelmäßiges Testen können Menschen frühzeitig entdeckt werden, die sich mit Covid-19 infiziert haben. Die Test-Kits erhält man in allen BIPA-Filialen in Wien.

Doch wer den Test zum ersten Mal macht, dem wird auffallen, dass der Anbieter Lead Horizon ziemlich viele Daten von einem bekommt. Neben dem Personalausweis, Namen, E-Mail-Adresse, Telefonnummer wird, wenn man ein offizielles Testergebnis braucht, auch das Gurgeln mit der Laptop- oder Smartphone-Kamera gefilmt. Das heißt, der Anbieter hat auch biometrische Daten, also etwa Aufnahmen des Gesichts.

Datensparsamkeit

Sind das nicht etwas viele Daten, die man von sich preisgibt, bei diesem Corona-PCR-Test? „Man muss auf jeden Fall aufpassen, dass wir beim Trade-Off Daten vs. Gesundheit nicht zu stark in eine Richtung gehen“, erklärt Walter Peissl vom Institut für Technik-Folgenabschätzung (ITA). Stefan Strauß, ebenfalls Forscher am ITA, fügt hinzu: „Die Daten sind auf jeden Fall sofort zu löschen, wenn man sich nicht mehr braucht. Hier ist das Prinzip der Datensparsamkeit wichtig. Das Sammeln biometrischer Daten darf sich nicht einschleifen“, warnt der Forscher.

Genau das scheint der Projektpartner der Stadt Wien, Lead Horizon, auch zu beherzigen. Eine Anfrage der futurezone ergab, dass die Daten der Teilnehmer*innen, der Covid-19-Infektionsstatus sowie die technischen Telemetriedaten 14 Tage nach Zustellung der Ergebnisse gelöscht werden. Bis dahin werden die Daten beim deutschen Unternehmen Hetzner Online GmbH gespeichert, heißt es. „Dieser Anbieter betreibt ein ISO-zertifiziertes Rechenzentrum“, so die Auskunft der Stadt Wien.

Gesetzliche Weitergabe

Lead Horizon gibt allerdings auch einige der Daten an das Labor weiter und zwar Sozialversicherungsnummer, Geburtsdatum, Name, Telefonnummer, Postanschrift und E-Mail-Adresse. Die Laborergebnisse würden an die Gesundheitsbehörde übermittelt, heißt es. Alle negativen Ergebnisse werden in die Screening-Datenbank der Stadt Wien übermittelt und dort gespeichert.

Dort werden sie „nach Ende der vorgegebenen Aufbewahrungsfrist“ gelöscht, so die Auskunft. Die positiven Ergebnisse werden an das epidemologische Informationssystem der Stadt Wien übermittelt und dort gespeichert - und nach Ende der Frist gelöscht. Das ist allerdings auch bei allen anderen Covid-19-Tests, die etwa in einer Teststraße durchgeführt werden, so, weil es dazu eine gesetzliche Verpflichtung gibt.

Die Videos werden in Reklamationsfällen und zur Qualitätssicherung von ausgewählten Mitarbeitern von Lead Horizon gesichtet.

Stadt Wien Pressesprecher für Lead Horizon

Wer schaut die Videos an?

Viele Nutzer*innen sind aber skeptisch, weil sie sich beim Gurgeln selbst filmen müssen und wollen von Lead Horizon wissen, was eigentlich mit den Videos passiert. „Diese werden in Reklamationsfällen und zur Qualitätssicherung von ausgewählten Mitarbeitern von Lead Horizon gesichtet. Auch diese Daten werden 14 Tage nach Zustellung des Testergebnisses gelöscht“, heißt es auf futurezone-Anfrage.

Lead Horizon hat in der Zwischenzeit, auf Anregung der futurezone, auch eigene FAQ-Menüpunkte auf ihrer Website zu Datenschutzfragen eingerichtet. Es wird darin betont, dass die Daten - außer an das Labor - nicht an Dritte weitergegeben werden. Auch BIPA oder andere Abhol- und Abgabe-Stellen hätten keinen Zugriff auf die Daten der Nutzer*innen. Auch ein Problem mit zu langen Handynummern, wird vom Anbieter der Tests auf futurezone-Nachfrage bis Montag behoben.

Die Arbeiterkammer (AK) hatte vor einigen Tagen vor einem überschießenden Einsatz von Biometrie gewarnt. Daniela Zimmer von der AK betonte in diesem Zusammenhang, dass es zumindest immer Alternativen geben müsse. Ergo: Es brauche Angebote, bei denen Covid-19-Tests auch ohne der Erfassung von Gesichtern durchgeführt werden. Das ist in Wien etwa bei den zahlreichen Teststraßen der Fall. Es gibt also derzeit genügend Alternativen - und keine Ausrede, auf Covid-19-Tests aus Datenschutzgründen zu verzichten. 

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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