Corona-Test aus der Drogerie ausprobiert: Zuhause spucken
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Es gibt wohl nur sehr wenige Menschen, die nicht irgendwann in den vergangenen Monaten zumindest für einen kurzen Moment gedacht haben, sie hätten sich mit dem Coronavirus angesteckt. Alle, die es genau wissen wollen, aber nicht von offizieller Seite getestet werden, haben die Möglichkeit, auf private Anbieter zurückzugreifen.
In den 500 Filialen der Drogeriekette Bipa sowie online wird seit Mitte letzter Woche ein Corona Test für zuhause um 129 Euro angeboten. Das Testverfahren basiert auf der Gurgelmethode, ein unangenehmer Nasen-Rachen-Abstrich ist also nicht notwendig.
Stattdessen spült man seinen Mund mit einer Salzlösung und spuckt die Flüssigkeit in ein Röhrchen. Anschließend geht die Probe per Post an ein Labor. Hersteller Lead Horizon verspricht, dass innerhalb von 24 Stunden nachdem die Probe eintrifft, ein Ergebnis vorliegt.
Gurgelmethode zuverlässig
Grundsätzlich sei die Gurgelmethode zuverlässig, wie Stephan Aberle, Leiter des Referenzlabors der MedUni Wien für einen früheren Artikel über private Corona-Tests gegenüber der futurezone erklärte. Zwar könne ein Gurgeln ohne Kontrolle durch geschultes Personal oder ein schlecht verschlossener Testbehälter die Bedingungen für das Labor erschweren. "In der Anfangsphase ist die Virusmenge in den oberen Sekreten aber sehr hoch, daher kann man in dieser Zeit nicht viel falsch machen", so Aberle.
Wir haben testweise gespuckt.
Erster Eindruck
Aufmachung und Verpackung des Tests erinnern mich im ersten Moment etwas an ein PC-Spiel der 90er-Jahre. In der Schachtel befindet sich aber keine CD-Rom, sondern alles, was man für den Spucktest zuhause braucht:
- Eine Salzlösung, mit der man gurgelt.
- Ein “Transferröhrchen”, also eine Art Strohhalm, mit der man die Flüssigkeit nach dem Gurgeln in das richtige Gefäß bringt.
- Das “Probenröhrchen”, in das man spuckt.
- Ein “Transportröhrchen”, in dem man das Probenröhrchen für den Postweg verstaut.
- Mehrere “Siegelsticker”, mit denen man Probe bzw. Box zuklebt.
Anleitung am Handy
Um den Test zu starten, muss man zuallererst sein Handy hernehmen. Scannt man den QR-Code auf der Packung, kommt man zu einer mobilen Webseite. Dort gibt man die Probennummer ein und bekommt dann Anweisungen, was zu tun ist.
In der Packung befindet sich außerdem ein Fach, in das man das Handy stecken muss. Von dort aus filmt und fotografiert einen das Handy, um nachzuweisen, dass man den Test auch selbst gemacht hat. Da das Handy vertikal in der Box steht, ist es ein bisschen eine Herausforderung, die Schachtel so zu platzieren, dass das Handy auch tatsächlich den eigenen Kopf einfängt.
Das Gurgeln
Zuallererst muss man als Identitätsnachweis ein Foto von sich mit einem Lichtbildausweis machen. Anschließend muss man eine Videoaufnahme starten, mit der das Gurgeln dokumentiert wird.
Dann wird gegurgelt. Man muss die Hälfte der Salzlösung in den Mund nehmen und mindestens eine Minuten lang damit spülen. Nähere Anweisungen gibt es nicht, darum hab ich einfach gespült und gegurgelt, wie ich es für richtig halte. Nach Ablauf einer Minute nimmt man das "Transferröhrchen" (den Strohhalm) und spuckt die Flüssigkeit in das Probenröhrchen.
Das Handy filmt übrigens dabei nur das Gurgeln - die Videoaufnahme muss manuell beendet werden, bevor man die Anweisung bekommt, in das Röhrchen zu spucken.
Das “Probenröhrchen” soll man mit einem der Siegelsticker “versiegeln”. Das “Probenröhrchen” wiederum gibt man in das “Transportröhrchen”. Jenes steckt man an seinen Platz in die Box zurück und klebt jene mit dem zweiten Siegelsticker zu.
Auf zur Post
Laut Lead Horizon soll man das Paket innerhalb von 3 Stunden zur Post bringen. Diese Zeitspanne ist natürlich einigermaßen willkürlich, da es von mehreren Faktoren abhängt, wie schnell das Paket schlussendlich in Richtung Labor geschickt wird. Grundsätzlich ist es jedenfalls ratsam, möglichst wenig Zeit bis zum Versand verstreichen zu lassen.
Auf der Post selbst werden aktuell noch Versandkosten in der Höhe von etwas mehr als 10 Euro fällig. Laut Lead-Horizon-Sprecherin Angela Hengsberger arbeite man aktuell aber mit der Post an einer Lösung, dass das Paket (das als Gefahrgut gilt) unfrei - also ohne Kosten für den Kunden - aufgegeben werden kann.
Das Ergebnis
Lead Horizon verspricht, dass das Ergebnis spätestens 24 Stunden nach Eintreffen des Pakets im Labor zur Verfügung steht. Ganz ist sich das in meinem Fall nicht ausgegangen. So habe ich die Probe am Mittwoch gegen 16:00 persönlich im Lead-Horizon-Büro vorbeigebracht, das Ergebnis hatte ich dann Donnerstag gegen 22:30 in meinem E-Mail-Posteingang. Negativ - Puh.
Gegen 1,90 Euro kann man außerdem noch ein "Zertifikat" als PDF via Mail erwerben, das den negativen Test nachweisen soll. Darauf findet sich auch das Selfie mit Führerschein, das man vor dem Test gemacht hat. Gedacht ist das Zertifikat dafür, einen negativen Coronatest nachzuweisen. Etwa, wenn man in ein Land einreist, und ein solcher Test verlangt wird. Inwieweit der private Lead-Horizon-Test dann ausreicht, ist wohl vom jeweiligen Land abhängig. Gegenüber der futurezone erklärte Hengsberger, dass Kunden damit bereits erfolgreich in Balkanländer eingereist seien.
Behördlich anerkannt?
Lead Horizon wirbt damit, dass der Test "behördlich anerkannt" ist. Was genau das aber in der Praxis bedeutet, ist nach wie vor etwas unklar. Auf futurezone-Anfrage heißt es, der Test entspreche "allen Kriterien, die im Gesetzestext definiert wurden und erfüllt jegliche Anforderungen für eine behördliche Anerkennung. Diese Kriterien wurden u.a. von der AGES definiert und entsprechen auch den Anforderungen der WHO, des Robert-Koch-Institutes und des ECDCs."
Zum Identifikationsnachweis heißt es, er "entspricht den neuesten internationalen Standards und findet beispielsweise auch bei Online Banking-Systemen Anwendung. Ein Datenschutzbeauftragter kümmert sich zusätzlich um die Einhaltung der für den Datenschutz relevanten Richtlinien".
Das Gesundheitsministerium sieht das allerdings anders. In einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der futurezone heißt es: "Solcherart Tests werden in Österreich derzeit behördlich nicht anerkannt. Da nicht eruiert werden kann, von wem der Test gemacht wurde, ist das Ergebnis nicht valide."
Laut Lead Horizon habe man diesbezüglich bereits das Gespräch mit dem Ministerium gesucht, aber keine Antwort erhalten. "Bis dato konnte uns auch niemand sagen, inwiefern dieser Identifikationsnachweis nach modernsten Standards fälschungsunsicherer sein soll, als ein PCR-Laborbefund auf einem A4-Zettel, den man auf herkömmlichen Weg erhält", so Hengsberger.
Fazit
Der Gurgel-Test ist simpel und nimmt tatsächlich nur wenige Minuten Anspruch. Etwas umständlich ist, dass man die Anleitung lediglich per Handy häppchenweise bekommt. Ein kleiner Zettel in der Box, auf dem die (wenigen) Schritte beschrieben werden, wäre hilfreich - genauso wie Hinweis, ob oder was man beim Gurgeln beachten soll.
Auch findet sich auf der Verpackung kein Hinweis, ob oder mit welchen Versandkosten man zu rechnen hat. Auch könnte das 1,90 Euro teure PDF-Zertifikat durchaus in den 129 Euro enthalten sein, die man für den Test bezahlt.
Geht es um die Nachweisbarkeit, hätte man bei dem System wohl durchaus die Gelegenheit, jemand anderen spucken zu lassen. So wird zwar das Gurgeln gefilmt, nicht aber das Spucken der Flüssigkeit in das Röhrchen. Auch braucht man nicht viel Fantasie, um sich eine andere Möglichkeit zu überlegen, das System auszutricksen.
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