"Blutgruppe HC Negativ": FPÖ-kritische Satire von Facebook gesperrt
„Wir haben
Facebook seit 2010 für den Zweck gebraucht, um die Kommunikation rechter Parteien in Österreich nach dem Vorbild der Adbusters zu persiflieren. Konkret ging es um eine Partei, deren Nähe zu rechtsextremem Gedankengut gerichtlich bestätigt ist. Ihr aktueller Vorsitzender heißt Hans Christian Strache. Bei seiner schlagenden Verbindung trägt er den Namen Bumsti. Wir sind die Bumstibusters.“
Das ist der Anfang einer sehr langen Beschreibung des Satire-Projekts der „Blutgruppe HC Negativ“, die einer der Administratoren an Facebook geschickt hatte, um die Freischaltung des Satire-Projekts zu bewirken. Die Seite, die zum Höhepunkt ihres Wirkens rund 70.000 Follower hatte, wurde mehrfach gesperrt - zuletzt dauerhaft. Einige der Administratoren, die laut eigenen Angaben „rund um die ganze Welt verstreut“ sind, hatten Anfang des Jahres eine neue Seite erstellt, der innerhalb von wenigen Tagen 3000 Menschen gefolgt waren. Doch auch bei dieser heißt es seit Kurzem: „Diese Seite ist gesperrt“.
Admin-Accounts gesperrt
Schon im November 2017 hatte das Satire-Projekt, das es auf Facebook bereits seit dem 24. August 2010 gab, mit massiven Problemen zu kämpfen. „Bereits damals war der Seite der Stecker gezogen worden. Alle privaten Accounts der Administratoren und Betreuer der Seite wurden deaktiviert, von einem Tag auf den anderen stillgelegt“, erzählte einer der langjährigen Seiten-Administratoren im Gespräch mit der
futurezone. Er möchte anonym bleiben. Aus Gründen.
„Wir wurden von FPÖ-Fans bedroht, weil wir angeblich gegen ihr Idol hetzen. Dabei haben wir in den meisten Fällen nur die bestehende Botschaft verstärkt. Die Drohungen, die uns über die Jahre entgegenschlugen, wurden immer schärfer. Zuletzt haben wir uns nur noch getraut, harmlose Späße zu veröffentlichen, aus Angst“, so der Ex-Administrator. Auch auf Facebook habe man nicht mit Klarnamen-Accounts gearbeitet, sondern diese „anonym“ betrieben und erstellt.
Anonyme Facebook-Profile
„Facebook hat mich plötzlich aus dem Nichts dazu aufgefordert, eine Kopie meines Ausweises sowie ein aktuelles Foto zu schicken, um mein eigenes Profil weiternutzen zu können“, so der Ex-Admin. Sein privates Facebook-Profil, das er seit 2010 betrieben hatte, war ebenfalls deaktiviert worden. Bei der Deaktivierung seines Accounts im November 2017 wurde eine vermeintliche Verletzung gegen die Gemeinschaftsstandards von Facebook bei einem Posting aus dem Jahre 2011 als Begründung angeführt. Bei vielen anderen Administratoren seien gar keine Gründe angegeben worden, heißt es.
Die Collagen, die auf der Seite „
Blutgruppe HC Negativ“ veröffentlicht worden seien, seien „unser geistiges Eigentum“ gewesen, so der Seitenbetreiber. „Dass wir unsere Collagen als unsere eigenen Werke bezeichnen und nutzen dürfen, dazu gibt es zahlreiche juristische Präzedenzfälle, die wir in zahlreichen unbeantworteten Mails an Facebook angeführt haben, auf die wir nie Antwort erhalten haben“, heißt es zudem in der der futurezone vorliegenden Mail an Facebook.
Eigene Guidelines
„Wir haben penibelst eingehalten, dass wir die Identität von Leuten, die rassistische Botschaften verbreiten, in unseren Postings schützen. Wir hatten einen Kodex, der immer die Botschaft, aber nie die Nutzer von Facebook an den Pranger stellte.“ Auf der neuen Seite von „Blutgruppe HC Strache“ war zuletzt ein Replik auf den Lügenvorwurf gegen
Armin Wolf erschienen, bevor die Seite von Facebook verschwand.
Im Dezember hat Facebook gegenüber Medien angekündigt, „den Fall prüfen“ zu wollen. Facebook ist auch gerade dabei, die Sperre der neuen Seite zu prüfen, wie es auf futurezone-Anfrage heißt. "Bei der alten Seite war der Hintergrund der Sperre damals, dass die Administratoren Fake-Profile benutzt haben. Wir haben versucht, mit ihnen eine gemeinsame Lösung zu finden. Wir haben ihnen angeboten, die Seite wieder freizuschalten mit einem normalen Profil als Administrator", so eine Facebook-Sprecherin zur futurezone. Darauf haben die Seitenadministratoren aber verzichtet - aus Angst um ihr Leib und Leben, denn die Drohungen gegen sie reichten bis zu Mord.
"Hoher Frustlevel"
Dass die anonymen Profile gegen Facebooks Klarnamenpolitik verstoßen und die Seite deshalb gesperrt worden war, hält der ehemalige Seiten-Administrator für eine „Ausrede“. „Ihre Algorithmen sind ziemlich genau in der Lage zu differenzieren, wer vor dem Bildschirm sitzt. Mit der Zeit ist manchen von uns aufgefallen, dass die Werbung, die Benutzern angezeigt wird, immer zu der Person passt, die gerade vorm Rechner sitzt. Sie wissen mehr über uns als ein lächerliches Foto eines Ausweises jemals aussagen könnte“, so die Begründung.
Die Seitenbetreiber selbst glauben zudem nicht, dass ihre Seite wegen ihrem satirischen Inhalt gesperrt worden war. „Die
FPÖ muss Millionen in die Bewerbung ihrer Inhalte via Social Media reinstecken. Ich glaube, dass Facebook ein Interesse hat, ihre Werbetreibenden zu besänftigen. Die Aufmerksamkeit kann nur monetäre Hintergründe haben“, spekuliert der anonyme Administrator.
Bei den ehemaligen Betreibern der Satire-Seite sei der „Frustlevel derzeit hoch“. Man wisse noch nicht, ob und wie man weitermachen werde. „In gewissem Sinn handelte es sich bei unserer Seite um ein Kunstprojekt, einem Werk, das nun einer Auslegung der AGB zum Opfer fällt, von dem es nicht einmal ein Backup gibt und dessen Vergangenheit wir mehr oder weniger ruhen lassen werden“, heißt es in dem Brief an Facebook.