"Du grindige Hur": Ermittlungen zu Hassmail eingestellt
Die Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl beobachtet seit Jahren die Extreme Rechte in Österreich. Sie hat Bücher über die Neue Rechte in Europa verfasst und schreibt auf Twitter politikwissenschaftliche Einordnungen über die Szene unter dem Hashtag #NatsAnalyse.
Aufgrund ihrer Präsenz auf Social Media sieht sich die Wissenschaftlerin immer wieder mit öffentlichen Beschimpfungen und Drohungen konfrontiert, wie sie der futurezone erzählt. Anfang des Monats erhielt sie abermals eine Hassmail. Darin wurde sie unter anderem als „grindige Hur“ und „Schlampe“ beschimpft. Auch der Tod wurde ihr gewünscht, mit den Worten „schaden würds nicht wenn man dich auch eines morgens tot auffinden würde“. Dabei bezieht sich der Autor auch auf das Ableben der kürzlich verstorbenen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr, die ebenfalls Opfer von Hass im Netz gewesen war.
Strobl verbreitete die Mail auf Twitter. Daraufhin sei sie von Amts wegen zur Anzeige gebracht worden, so die Wissenschaftlerin. Allerdings hat die Staatsanwaltschaft (StA) Wien ein Ermittlungsverfahren abgelehnt. Das Schreiben liegt der futurezone vollständig vor. Laut der StA Wien bestehe kein „Anfangsverdacht“, auch ein Antrag auf Fortführung stehe der Betroffenen nicht zu.
Justizministerium nimmt Stellung
Das Justizministerium hielt gegenüber der futurezone fest, dass es sich bei der vorliegenden Mail jedenfalls nicht um eine Drohung handle. "In der inkriminierten Nachricht fordert der Verfasser die Adressatin auf, Selbstmord zu begehen, also zu einer selbstschädigenden Handlung, auf die der Verfasser nach dem Inhalt der Nachricht keinen Einfluss hat", so die Einschätzung des Ministeriums. "Daher enthält die Nachricht – obwohl sie durchaus bedrohlich klingt - keine Drohung im strafrechtlichen Sinn."
Strafrechtlich wäre, heißt es weiter, jedenfalls noch zu prüfen, ob ein Privatanklagedelikt wie üble Nachrede oder Beleidigung vorliegt. Hierzu müsste die Mail allerdings an Dritte weitergeleitet worden sein. Generell könne man zudem einen "Antrag auf Erlassung eines Unterlassungsauftrags" stellen, betont das Ministerium. Dabei handelt es sich um das neue Mandatsverfahren nach dem Hass-im-Netz-Gesetz, welches in den vergangenen Tagen viel diskutiert wurde. Es stehe auch für Nachrichten, die direkt übermittelt werden, zur Verfügung.
Die StA Wien bestätigt gegenüber der futurezone, dass im Falle der Hassmail der Tatbestand der Drohung nicht erfüllt gewesen sei. Es müsse jemandem ein "konkretes Übel" angedroht werden, was im Falle von Strobl nicht gegeben war. Daher habe man von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen.
Twitter-Account deaktiviert
Strobl zeigt sich gegenüber der futurezone enttäuscht. Allerdings seien derartige Mails für sie kein Novum. In regelmäßigen Abständen sei sie mit solchen Nachrichten konfrontiert, sagt die Wissenschaftlerin. Strobl hat ihren Twitter-Account seit Beginn des Monats deaktiviert und nimmt sich eigenen Angaben zufolge eine Auszeit von Social Media.
Update (11.8.2022, 12:50 Uhr): Stellungnahme der StA Wien
Hilfe bei Suizidgedanken
Wer Suizid-Gedanken hat, sollte sich an vertraute Menschen wenden. Oft hilft bereits das Sprechen über die Gedanken dabei, sie zumindest vorübergehend auszuräumen. Wer für weitere Hilfsangebote offen ist, kann sich an die Telefonseelsorge wenden: Sie bietet schnelle erste Hilfe an und vermittelt Ärzte, Beratungsstellen oder Kliniken. Wenn Sie oder eine Ihnen nahestehende Person von Depressionen betroffen sind, wenden Sie sich bitte an die Telefon-Seelsorge in Österreich kostenlos unter der Rufnummer 142.
Das neue österreichische Suizidpräventionsportal www.suizid-praevention.gv.at bietet Informationen zu Hilfsangeboten für drei Zielgruppen: Personen mit Suizidgedanken, Personen, die sich diesbezüglich Sorgen um andere machen, und Personen, die nahestehende Menschen durch Suizid verloren haben. Das Portal ist Teil des österreichischen Suizidpräventionsprogramms SUPRA des Gesundheitsministeriums.