Fake-Pornos erobern das Netz: Wie sich Opfer wehren können
Hat die bekannte Schauspielerin Scarlett Johansson wirklich in einem Porno mitgespielt? Nein, hat sie nicht - auch wenn es im Netz so aussieht. Es handelt sich dabei um ein manipuliertes Online-Video, bei dem ihr Gesicht per Software auf den Körper einer Pornoschauspielerin gesetzt wurde. Diese spezielle Technik bezeichnet man als „Face-Swap“, sie gibt es für Fotos schon länger. Seit vergangenem Herbst sind in Internet-Foren und auf Porno-Plattformen zahlreiche dieser Videos aufgetaucht - mit Gesichtern von vielen Prominenten. Grund für den Trend ist ein neues Programm, das das Erstellen von Videos massiv vereinfacht. Spezielle Computerkenntnisse sind nicht notwendig, es wird lediglich eine kostenlose Software sowie ein aktueller Computer benötigt. Möglich wird alles durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI), welche die Videos berechnet.
Ohne Einwilligung
Immer mehr Plattformen gehen nun dagegen vor und stoppen die Veröffentlichung dieser Videos. Twitter und Pornhub haben als etwa schon reagiert. Am Mittwoch folgte Reddit, in dem die Videos zu allererst vermehrt aufgetaucht waren. Auch wenn immer mehr Plattformen gegen die Fälschungen vorgehen, wird dieses Phänomen nicht mehr so schnell aus dem Netz verschwinden. Der Entwickler des Programms hat etwa angekündigt, seine Software weiterentwickeln zu wollen, damit diese künftig mit einem Klick funktioniert.
Die Software könnte in Zukunft auch dafür eingesetzt werden, um sich an seiner Ex-Freundin zu rächen oder eine Klassenkameradin zu mobben. Doch wie kann man sich wehren? „Die Veröffentlichung derartiger Videos verletzt ganz klar das Recht auf das eigene Bild“, erklärt Lukas Feiler, Rechtsexperte bei Baker & McKenzie. „Und zwar auch dann, wenn es sich um ein künstlich generiertes Bild handelt.“ Wenn ein Gesicht in einem Video auf den Körper einer Porno-Darstellerin gesetzt wird, beeinträchtige das „berechtigte Interessen“. Zudem stelle dies eine Persönlichkeitsverletzung dar. „Im Ergebnis ist das ganz klar rechtswidrig.“
Schwierigkeiten
Während es bei Rache-Videos relativ einfach sein wird, denjenigen ausfindig zu machen, der die manipulierte Aufnahme angefertigt hat, wird das bei Promi-Pornos schon schwieriger zu ermitteln, wer dahintersteckt. Doch auch bei Stars greift hier das Persönlichkeitsrecht. „Auch als Prominenter muss man sich das nicht gefallen lassen, in pornografischem Material dargestellt zu werden“, erklärt Feiler.
Wenn der Anfertiger des Materials bekannt ist, empfiehlt Feiler eine einstweilige Verfügung, um die Verbreitung zu verhindern. Wenn die Person nicht bekannt ist, kann man als Opfer auch gegen die Plattform vorgehen, auf der das Material zu finden ist. Diese könne man abmahnen. „Es wird allerdings schwierig, wenn sich der Betreiber im Ausland befindet“, sagt Feiler. Gegen den Hersteller der Software kann man hingegen keine rechtlichen Schritte setzen. „Die Software selbst kann viele legitime Zwecke haben. Das Ganze kann etwa sehr nützlich sein, wenn ein Politiker seit langem verstorben ist und man ihn für eine Doku mit dem Körper eines Schauspielers zum Leben erwecken möchte“, erklärt Feiler. „Die Software selbst ist daher legal.“
Missbrauch
Der Entwickler selbst betont auch immer wieder, dass einige Nutzer damit bereits künstlerisch wertvolle Arbeiten geleistet hätten. So sei es einem Nutzer gelungen, das Gesicht von Carrie Fisher auf den Körper einer anderen Schauspielerin so zu platzieren, dass das besser als die CGI-Version in „Rogue One“ gewesen sei. Der Software-Entwickler möchte sein Programm weiter verbessern. Je einfacher das Programm zu bedienen sein wird, desto höher ist aber auch die Chance auf Missbrauch und die Verbreitung von ungewollten Videomontagen mit Gesichtern auf fremden Körpern.
„Ein anderer kreativer Ansatz, um dagegen vorzugehen, wäre laut Feiler etwa folgender: „Auch erfundene Daten sind personenbezogene Daten. Wenn es keine Einwilligung gibt, gibt es keine Rechtsgrundlage für die Verarbeitung der Daten. Die Datenschutzgrundverordnung sieht hier Strafen bis zu 20 Millionen Euro, eine Schadensersatzklage wäre möglich.“ Manipulierte Videos werden künftig wohl auch Juristen beschäftigen – und Menschen, deren Gesichter unfreiwillig in andere Inhalte montiert werden, müssen diese Montagen nicht einfach so hinnehmen.