Netzpolitik

ISPA zu Netzsperren: „Davor haben wir jahrelang gewarnt“

Anfang dieser Woche gab es in Österreich Wirbel um Netzsperren (die futurezone hatte berichtet). Der Grund: Es waren plötzlich auch viele Websites nicht mehr erreichbar, die gar nichts verbrochen hatten. Neben Online-Shops traf es auch Beratungsleistungen und kleine KMUs. Ihr Angebot im Netz war von einem Tag auf den anderen plötzlich nicht mehr erreichbar.

Der Grund: Internet-Service-Provider wie Magena, A1, oder die Liwest haben IP-Adressen gesperrt, nachdem sie von Urheberrechtsvertretern Post bekommen hatten. Sie wurden mit Frist aufgefordert, bestimmte IP-Adressen zu sperren. Wer die Sperren nicht umsetzt, setzt sich einem Klagsrisiko aus.

"Kein Interesse daran, Netzinhalte zu sperren"

Unter den IP-Adressen befand sich auch der Dienst Cloudflare. Das ist ein Cloud-Anbieter der von Millionen Websites verwendet. Somit kam es zu dem Kollateralschaden. „Das ist genau das, wovor die ISPA seit Jahren gewarnt hat“, sagt ISPA-Generalsekretär Stefan Ebenberger dazu. Die ISPA ist der Verband der Internet Service Provider Austria.

„Dabei haben die Internetanbieter überhaupt kein Interesse daran, Netzinhalte zu sperren. Im Gegenteil, gerade die österreichischen Provider haben im Interesse der Nutzer*innen immer wieder gegen überschießende Maßnahmen geklagt.“

Prüfung der Inhalte durch eigene Kommission

Seit rund 10 Jahren gibt es nun bei Urheberrechtssperren eine Rechtsunsicherheit für die Provider, weil der OGH IP-Sperren für „prinzipiell zulässig“ erklärt hat, ohne dass er die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür festgelegt hat. Die ISPA hätte hierfür eine Lösung: Man könnte die Sperren, bevor sie umgesetzt werden müssen, von der Telekom-Control-Kommission (TKK) auf ihre Rechts- und Verhältnismäßigkeit prüfen lassen. Diese Lösung wird etwa für Websites eingesetzt, die Fake-Shops betreffen.

„Es gab einen solchen Vorschlag bereits bei der Novelle des Telekommunikationsgesetzes 2021.  Der wurde aber von derselben Verwertungsgesellschaft, die jetzt die Sperraufforderungen verschickt hat, kategorisch abgelehnt, noch bevor eine Diskussion entstehen konnte“, so Ebenberger. Er fordert den Gesetzgeber dazu auf, diesen Misstand zu beheben. 

„Dass völlig legale Inhalte blockiert werden, ist unverhältnismäßig und eine Gefahr für Meinungsfreiheit sowie die Rechte von deren Inhabern“, so Ebenberger. Die Novelle des Gesetzes wurde allerdings im Oktober 2021 fix beschlossen. Eine rasche gesetzliche Nachbesserung ist daher wohl eher vorerst nicht zu erwarten.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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