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Netzpolitik

Neue Netzsperren treffen auch legale Webseiten

Vergangene Woche haben Internet-Service-Provider in Österreich zum ersten Mal seit Jahren wieder Abmahnschreiben der Uhreberrechtsindustrie erhalten. Laut diesen müssen bestimmte Seiten gesperrt werden.

Zwei Anwaltskanzleien haben unter anderem im Auftrag der LSG, der „Wahrnehmung von Leistungsschutzrechten GmbH“, Aufforderungen verschickt, wonach insgesamt 15 IP-Adressen von Internet-Service-Providern blockiert werden sollten. 

Cloudflare betroffen

Manche Provider, wie etwa A1, Magenta oder Liwest, haben die Netzsperren der IP-Adressen unverzüglich umgesetzt. Damit kam es auch zu Sperren von Angeboten, die gar keine Urheberrechtsverletzungen beinhalten. Denn einige der IP-Adressen betreffen Cloudflare. Cloudflare ist ein Cloud-Anbieter und wird von Millionen Websites verwendet. Viele Websites von Klein- und Mittelbetrieben (KMUs), die völlig legale Inhalte anbieten, konnten plötzlich von Nutzer*innen nicht mehr aufgerufen werden.

Cloudflare hat auch bereits damit begonnen, seine Kund*innen darüber zu informieren. Wieviele Websites und Dienste genau betroffen sind, lässt sich schwer eruieren. Im LTE-Forum ist zumindest ein Online-Shop gelistet, der davon betroffen ist. Er ist jedoch nicht der Einzige.

„Das ist ein klarer Fall von Overblocking. Ich halte das für rücksichtslos. Es zeigt auch, wie bereitwillig Urheberrechtsvertreter Kollateralschäden von komplett legalen Angeboten in Kauf nehmen“, sagt Thomas Lohninger, Geschäftsführer von epicenter.works im Gespräch mit der futurezone.

OGH-Urteil als Grundlage für Netzsperren

Die Internet-Service-Provider befinden sich hier im Dilemma: In Österreich sind Netzsperren rechtlich möglich, wenn es um Urheberrechtsverletzungen im Internet geht. Dazu gibt es ein Urteil des Obersten Gerichtshofes (OGH), auf das sich die Musik- und Filmindustrie seit Jahren bezieht. Anwaltskanzleien verschicken im Auftrag der Industrie Schreiben an Internet-Service-Provider mit der Aufforderung, bestimmte Websites zu sperren. Ein berühmtes Beispiel ist die Website The Pirate Bay.

Nur war es seit 2019 relativ still. Bis jetzt. Grund dafür war unter anderem, dass Internet-Service-Provider das Angebot gar nicht einfach so sperren konnten, sondern es eine Art „Feststellungsverfahren“ bei der Regulierungsbehörde RTR gegeben hat, ob eine strukturelle Verletzung des Urheberrechts vorliegt, oder nicht.

„Darin konnten Internetprovider vorab rechtssicher überprüfen lassen, ob eine Sperre zulässig ist. Dieses Verfahren gibt es allerdings aufgrund eines Höchstgerichtsurteils nicht mehr. Im aktuellen Fall können wir daher leider nur darauf warten, dass die RTR die Zulässigkeit im Nachgang einer Sperre prüft. Bei Unzulässigkeit schalten wir die betreffende Seite natürlich unverzüglich wieder frei. Wir bedauern, dass es bei Kund*innen durch die Sperren zu Unannehmlichkeiten kommt“, erklärt Christian Traunwieser, Sprecher von Magenta, die aktuelle Problematik gegenüber futurezone.at.

Angebote sollten bald wieder freigeschalten werden

Im Fall der gesperrten Cloudflare-IP-Adressen ging es jetzt erst einmal glimpflich aus: Die Vertreter der Urheberrechtsindustrie zogen nämlich die Aufforderung für 14 der 15 IP-Adressen erst einmal wieder zurück. Magenta erklärte gegenüber der futurezone.at, dass die Sperren deshalb bereits wieder aufgehoben seien. Lediglich die IP-Adresse 90.115.18.20 bleibe weiterhin blockiert.

Lohninger von epicenter.works fordert, dass es notwendig sei, eine Rechtsgrundlage zu schaffen, damit Provider nicht einfach nur auf eine bloße Aufforderung hin Angebote blockieren können - oder müssen, je nach Auffassung. „Dass das nicht im Telekommunikationsgesetz geregelt wurde, ist eine verpasste Chance“, so Lohninger.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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