Snowden in Innsbruck: "Überwachung geht jeden etwas an"
Der wohl bekannteste Whistleblower unserer Zeit, Edward Snowden, ist am Donnerstagabend erstmals in Österreich aufgetreten. Der 35-Jährige war live per Video in den Innsbrucker Congress zugeschaltet und beantwortete Fragen der Zuschauer. Er betonte dabei, dass Überwachung jeden etwas angehe und, dass sich jeder mit dem Thema beschäftigen müsse, auch diejenigen, die nichts zu verbergen hätten.
Mit viel Ironie und den Worten "Es ist immer schön zu verreisen" begrüßte der in Russland im Exil lebende Snowden die Besucher. 1.500 Zuhörer waren zu der Veranstaltung des Management Centers Innsbruck (MCI), das in Kooperation mit der Austria Presse Agentur (APA) und der "Tiroler Tageszeitung" stattfand, in die Dogana gekommen. Rund 7.500 weitere hörten und schauten laut Andreas Altmann, Rektor des MCI, per Live-Stream zu.
Herausforderungen
Der 35-Jährige rekapitulierte in seinem Eröffnungsstatement die Ereignisse aus dem Jahr 2013, als er an die Öffentlichkeit ging. Der Whistleblower erinnerte daran, dass die Herausforderung, der wir gegenüber stehen, größer ist, als nur ein Programm zu schließen. "Wir befinden uns derzeit in einer Phase der größten Umverteilung von Macht seit der industriellen Revolution", so Snowden. Das Problem sei, dass die Technologie mittlerweile die Institutionen, die sie kontrollieren sollten, überholt habe.
Jeder könne einen Unterschied machen und etwas verändern, betonte der Amerikaner. "Jeder muss seine eigenen Rechte verteidigen, auch diese, die er nicht unbedingt braucht", meinte Snowden und fügte hinzu, dass das Argument "man habe ja nichts zu verbergen" für ihn nicht zähle. Auch das Argument vieler Regierungen, dass Überwachung vor Terrorismus schütze, ließ der 35-Jährige nicht gelten. "Einige Kriminelle kann man dadurch vielleicht stellen. Die schlauen werden sich aber anpassen. Ist eine unkonkrete Bedrohung wirklich den Verlust unserer Freiheit wert?", fragte Snowden.
Bewusstsein
In den vergangenen fünf Jahren hat sich laut dem Amerikaner viel verändert. Die größte Veränderung sei aber das Bewusstsein der Bevölkerung. Noch vor fünf Jahren habe niemand daran geglaubt, dass diese Dinge wirklich passieren. Zudem seien mittlerweile viel mehr Nachrichten, die digital verschickt werden, verschlüsselt. "2013 war weniger als die Hälfte aller Nachrichten verschlüsselt, mittlerweile sind es rund 80 Prozent", erklärte Snowden.
Über sein Leben in Russland wollte der Whistleblower nicht viel preisgeben. Er legte jedoch Wert darauf zu betonen, dass er in keinerlei Verbindung zur russischen Regierung stehe und diese in der Vergangenheit auch bereits des Öfteren kritisiert habe. "Und ich werde es auch weiterhin tun", fügte der 35-Jährige hinzu. Ob er sicher sei, könne er aber nicht beantworten. "Ich bin nicht an die Öffentlichkeit gegangen, um sicher zu sein. Wenn ich Sicherheit gewollt hätte, würde ich jetzt in Hawaii sitzen, eine Menge Geld verdienen und euch alle ausspionieren", meinte er. "Aber ich wollte, dass ihr bescheid wisst", betonte Snowden. Er habe seit Jahren bescheid gewusst und nichts getan. "Ich wollte, dass es ein anderer macht. Ich habe auf einen Helden gewartet - aber es kam keiner", erzählte der 35-Jährige. Die Person auf die wir warten, seien aber immer wir selbst. "Jemand muss den ersten Ziegelstein legen", sagte der Whistleblower und rief alle auf, tätig zu werden.