Netzpolitik

Wie versucht wird, Wahlergebnisse zu beeinflussen

Die offensivste Möglichkeit zu versuchen, Wahlen zu beeinflussen, sind Hackerangriffe, wie sie im US-Wahlkampf 2016 gegen  die demokratische Partei geführt wurden. Das liefert nicht nur politische Munition für die Gegenseite, sondern zieht  auch eine Debatte über fahrlässiges Verhalten der Verantwortlichen nach sich. Derartige Attacken können  erschwert werden, indem digitale Abwehrmaßnahmen implementiert werden. Absolute Sicherheit gegen einen digitalen Einbruch gibt es aber nicht. „Mit solchen Angriffen werden wir leben müssen. Kampagnen müssen sich in Zukunft schützen“, sagt der Kampagnenberater Yussi Pick, der 2016 im Digitalteam von Hillary Clinton tätig war.

Schwieriger wird es, wenn die Beeinflussung über legale Kanäle funktioniert. Im US-Wahlkampf wurden  politische Werbeeinschaltungen, die russischen Hintermännern zugeschrieben werden, auf Facebook geschaltet. Solche Botschaften können exakt an bestimmte Zielgruppen geschickt werden. Facebook hat reagiert und verlangt bei politischen Einschaltungen eine Registrierung der Auftraggeber. Ob das Manipulationsversuche ausschließt, ist aber keineswegs sicher. Die subtilste Methode, Einfluss zu nehmen, ist die Verbreitung von Propaganda über soziale Netzwerke. „2016 war das Ziel solcher Aktionen weniger, Wähler, von einem Kandidaten zu überzeugen, als die Demobilisierung von Personen, die nicht sicher waren, ob sie wählen gehen“, sagt Yussi. Das funktioniert, indem die Polarisierung bei kontroversen Themen befeuert wird, was das demokratische System langfristig destabilisiert.

Erfolg ungewiss

Wie groß der Einfluss solcher Kampagnen ist, ist äußerst schwer zu erheben. „Es gab 2016 alle möglichen Thesen darüber, wer wie manipuiert haben könnte. Die Wahrheit ist, dass wir zu wenig Fakten haben. Wir wissen nicht, wer bei Facebook welche Einschaltungen zu sehen bekommt. Das kann nicht sein. Wir müssen zumindest im Nachhinein feststellen können, wenn es Manipulationen gegeben hat“, sagt Katharina Zweig, die Leiterin des Algorithm  Accountability Lab der Technischen Universität Kaiserslautern. Erschwert wird die Analyse dadurch, dass auch nicht politisch motivierte Akteure eine Rolle spielen.

So gab es im  2016 ein Netzwerk von mazedonischen Jugendlichen, die erkannt haben, dass Falschmeldungen über Hillary Clinton mehr Besucher und Werbegelder auf ihre Internetseiten lockten, als Anti-Trump-Meldungen. Es ist schwierig zu entscheiden, ab wann es sich um unerwünschte Beeeinflussungsversuche handelt, vor allem weil auch einige Medien Propaganda verbreiten. „Die Menschen können mit Fake-News schlecht umgehen. Früher hatten wir im Stamm 150 Leute um uns, da war es leicht ein Gefühl für die Mehrheitsmeinung zu bekommen. Im Netz ist das schwierig und wird mit neuen Möglichkeiten wie der Fälschung von Videos noch kompliziertzer“, sagt Zweig.

Dass es Beeinflussungsversuche auch bei der EU-Wahl geben könnte, ist anzunehmen. Die technischen Voraussetzungen haben sich kaum geändert. „Das ist eine der größten demokratischen Wahlen der Welt und zudem dezentral,  ein attraktives Ziel“, sagt Pick. Sinnvolle Gegenmaßnahmen sind nicht leicht zu finden. Technische Lösungen bergen das Potenzial, neue Angriffsflächen für Manipulation zu liefern und  Selbstregulierung  legt politische Zensurmöglichkeiten in die Hände von Firmen. „Vielleicht ist das Netz schlecht geeignet für politische Meinungsbildung.  Wenn ein Teil davon Klarnamenzwang unterläge, könnte das helfen. Vielleicht muss die Politik zurück auf die Ebene des persönlichen Kontakts. Das erfordert Aufwand, macht Manipulation aber schwerer“, sagt Zweig.

Klicken Sie hier für die Newsletteranmeldung

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Markus Keßler

mehr lesen