Google Nest Wifi im Test: Wenn man mit dem WLAN spricht
Ein Mesh-System funktioniert immer auf die gleiche Art und Weise: Es besteht aus einer Basis-Station, die als Router dient und am Modem hängt. Anschließend verteilt man Zusatzpunkte in seiner Wohnung, die das WLAN-Signal aufnehmen und weiterleiten. Meistens sind es insgesamt drei Geräte, die in einem Dreieck aufgestellt werden und sich so untereinander verknüpfen.
Anfang Mai startete Google mit seinem Mesh-Router-System Nest Wifi in Österreich. Die größte Neuerung im Vergleich zum Vorgängermodell Google Wifi ist, dass die Zugangspunkte nun eine Doppelfunktion erfüllen. Sie erweitern nicht nur das WLAN-Signal, sondern sind auch smarte Boxen mit integriertem Sprachassistenten Google Home.
Die futurezone hat das neue Nest Wifi getestet.
Router und Access Points
Das Nest-Wifi-System besteht aus zwei verschiedenen Komponenten: Dem Router und den Zugangspunkten. Optisch sind sie kaum zu unterscheiden, als Google-Assistant-Lautsprecher dienen aber nur die Zugangspunkte.
Der Router ist dafür das einzige Gerät, an das man andere Geräte auch via Ethernet anschließen kann. Ein Port ist dazu vorhanden, neben dem Ethernet-Port für das Modem. Die Access Points verfügen lediglich über einen Anschluss für die Stromversorgung via Hohlstecker.
Während mich das Design des Vorgänger Google-Wifi noch am ehesten an überdimensionale Türstopper erinnert, sind die neuen Modelle rundlicher ausgefallen und ähneln eher überdimensionalen Marshmallows.
Innenleben: Kein WiFi 6
Die Geräte verfügen über simultanes Dualband-WLAN (2,4 GHz/5 GHz) mit Unterstützung für IEEE 802.11a/b/g/n/ac. Der Router hat 4 x 4 Antennen für 5 Ghz und 2 x 2 für 2,4 Ghz. Die Zugangspunkte haben 2 x 2 Antennen für 2,4 und 5 Ghz.
Unterstützung kommt auch für den neuesten Verschlüsselungsstandard WPA3. Um sich alle Vorteile von WPA3 wirklich zunutze zu machen, müsste man das Netzwerk aber im WPA3-only-Modus fahren. Und das ist aktuell noch schwierig, da man vermutlich immer noch Geräte in Betrieb hat, die nicht unterstützt werden.
Der aktuellste Standard Wifi 6 wird von Nest Wifi nicht unterstützt. Google begründet die Entscheidung auf Nachfrage der futurezone damit, dass man aktuell noch keinen großen Nutzen darin sehe. Es würden noch zu wenige Endgeräte unterstützt. Außerdem hätte es den Preis der Geräte nach oben getrieben. Nachvollziehen kann ich diese Entscheidung nur eingeschränkt, da das System mit WiFi 6 deutlich besser für die Zukunft gerüstet wäre.
Die Einrichtung
Eines der Hauptverkaufsargumente von Google ist die einfache Einrichtung seines Mesh-Systems. Und genau hier kann Nest Wifi auch voll punkten.
Nachdem man den Router mit seinem Modem sowie mit dem Strom verbunden hat, muss man die Google-Home-App auf seinem Smartphone öffnen. Über einen Klick auf das Plus-Symbol kann man ein neues Gerät einrichten. Es dauert nur wenige Augenblicke und der Nest Wifi Router taucht in der App auf.
Um die Geräte in Betrieb zu nehmen, muss man lediglich den QR-Code darauf in der App abfotografieren. Als nächstes muss man noch den gewünschten Namen seines WLAN-Netzwerkes sowie die Passphrase eingeben und schon ist das Netzwerk startklar.
Anschließend gilt es, die Zugangspunkte zu verbinden. Auch das geschieht, indem man den QR-Code darauf einfach abfotografiert.
Praktisch ist, dass nicht nur die neuen Access Points genutzt werden können. Wer bereits das ältere Google-WiFi-System zuhause hat, kann diese Geräte genauso in das Mesh-Netzwerk integrieren.
App-Verwirrung und Familienfunktionen
Es wäre nicht Google, wenn es nicht mehrere Apps für den gleichen Zweck geben würde. So konfiguriert man das Nest Wifi im ersten Schritt zwar über die Google-Home-App, für erweiterte Einstellungen (manuelle DNS-Server, Portweiterleitungen, IP-Adressen reservieren, etc.) muss man aber in die Google-WiFi-App wechseln, die man eigentlich vom Vorgänger kennt.
Google hat bereits angekündigt, die fehlenden Funktionen in Home zu integrieren, allerdings ohne einen Zeitplan zu nennen. Es ist also davon auszugehen, dass uns die WiFi-App noch länger erhalten bleibt.
Besonders punkten will Google auch mit speziellen Funktionen für Familien. So kann etwa der Internetzugang für ausgewählte Geräte in bestimmten Zeiträumen abgedreht werden. Auch Gruppen verschiedener Geräte können so erstellt werden.
Eltern könnten so den Internetzugang der Handys ihrer Kinder etwa während dem Abendessen pausieren. Das funktioniert nicht nur über die Apps, sondern auch per Sprachbefehl.
In der Praxis
In der Praxis tut Nest Wifi genau das, was es soll: Für keine Ärgernisse sorgen. Schon beim etwa zweijährigen Einsatz des Vorgängers kann ich mich an keine Situation erinnern, in der Googles Mesh-System in irgendeiner Art und Weise gezickt oder gröbere Probleme gemacht hätte. Dieser Eindruck setzt sich mit Nest Wifi fort. Das WLAN-Netzwerk funktioniert einfach ohne Probleme.
Die gesteigerte Sendeleistung der neuen Variante ist auch durchaus spürbar. In einer Altbauwohnung mit bekannterweise dicken Wänden, ist die Verbindung mit dem neuen Router zu allen Zugangspunkten laut Google-App “hervorragend”. Zuvor war sie teilweise nur “ausreichend” oder “gut”.
Positives gibt es auch über den Sound der Access Points zu sagen. Die rundlichen Geräte klingen erstaunlich gut und übertreffen mit ihrem Klang sogar Googles Nest Mini sowie Amazons Echo Dot. Gleichzeitig reagieren sie auch verlässlich auf alle Sprachbefehle. Wer übrigens nicht will, dass sein WLAN-Router auf die Sprachbefehle hört, kann das Mikrofon per physischem Schalter deaktivieren.
Fazit
Das Nest Wifi von Google ist ein extrem einfach einzurichtendes Mesh-System. Sogar Personen mit keinerlei IT-Affinität dürften es ohne gröbere Probleme schaffen, das Set in Betrieb zu nehmen. In der Praxis ist es zuverlässig und macht keinen Ärger. Genau das ist es, was ich mir von meinem Heim-WLAN erwarte.
Nett ist auch, dass die Mesh-Zugangspunkte keine reinen Briefbeschwerer (oder Türstopper) mehr sind, sondern auch als vernetzte Boxen dienen. Der Sound ist gut genug, um Radio oder den ein oder anderen Podcast damit zu hören.
Schade ist, dass Google nur in den Router ein Ethernet-Port integriert hat und bei den Zugangspunkten darauf verzichtet. Als Grund nennt Google interne Untersuchungen, wonach Kunden die Ports in der ersten Generation nur selten genutzt hätten. Ich hätte die Ports der Zugangspunkte aber sehr wohl brauchen können.
Pro und Contra
Pro und Contra
Pro
- Extrem einfache Einrichtung
- Abwärtskompatibel
- Es läuft einfach
- Zugangspunkte sind smarte Boxen
Contra
- Teuer
- Knausrige Ausstattung mit Ethernet-Ports
- Kein WiFi6
Etwas happig ist auch der Preis. Für ein Setup aus einem Router und zwei Zugangspunkten legt man bei Google aktuell knapp 400 Euro hin. Bei anderen Herstellern bekommt man das um die Hälfte. Gerade in Anbetracht der Tatsache, das Nest Wifi ohne WiFi 6 kommt, ist das ein stolzer Preis.
Positiv für Käufer der ersten Generation ist jedenfalls, dass die alten Mesh-Zugangspunkte ohne jegliches Problem in das System integriert werden können. Künftig sollen auch Geräte anderer Hersteller integriert werden können, die den 802.11s-Standard unterstützen.
Wer die erste Generation verwendet, keine gröberen Empfangsprobleme hat und keinen Wert auf die Sekundärfunktion als smarter Lautsprecher hat, kann sich das Upgrade aber tendenziell ohnehin sparen und lieber auf die nächste Generation warten.
Varianten und Preise
Der Router alleine deckt laut Google einen Bereich von bis zu 120 Quadratmeter ab und kostet 159 Euro.
Ein Kombi-Paket aus Router und einem Zugangspunkt deckt bis zu 210 Quadratmeter ab und kostet 259 Euro.
Ein weiterer Zugangspunkt bringt eine zusätzliche Abdeckung von 90 Quadratmeter und kostet 139 Euro.