Hyundai Ioniq 5 im Test: Schön, smart und raffiniert
Mit dem Ioniq 5 hat Hyundai ein Elektroauto auf den Markt gebracht, das Neugierde geweckt hat. Zum einen sorgt das futuristische und unverkennbare Design für Aufsehen, zum anderen die technische Basis und die smarten Features.
Vor 4 Jahren habe ich mir schon einmal einen elektrischen Hyundai angesehen, bei dem es einiges zum Aussetzen gab - hier zum futurezone-Test. Insofern war ich skeptisch, vor allem was die Konnektivitätsfunktionen des Ioniq 5 angeht.
Als Testfahrzeug wurde von Hyundai die "Long Range 4WD"-Variante eines Ioniq 5 mit der "Top Line"-Ausstattung zur Verfügung gestellt. Das Auto hat 225 kW (305 PS), einen Akku mit einer Kapazität von 72,6 kWh und eine nominale WLTP-Reichweite von 460 Kilometer.
Das erfahrt ihr in diesem Artikel:
- Wie viel Platz bietet der Ioniq 5?
- Wie ist der Komfort im Innenraum?
- Wie gut funktioniert das Infotainmentsystem?
- Wie funktioniert das Zusammenspiel von Smartphone und Auto?
- Wie zuverlässig ist das Navigationssystem?
- Wie findet man am besten die passende Ladestation?
- Wie gut funktioniert die Smartphone-App des Autos?
- Wie ist das Fahrgefühl?
- Wie hoch sind tatsächliche Reichweite und Verbrauch?
- Wie schnell lässt sich das Auto aufladen?
- Wie gut funktionieren die Fahrassistenzsysteme?
Pro & Contra
Pro
- Futuristisches Design
- Hervorragende smarte Funktionen
- Makellose App
- Brauchbare Assistenzfunktionen
- Extrem hohe Ladeleistung
- Vergleichsweise niedriger Preis
Contra
- Navi lässt zu wünschen übrig
- Relativ hoher Verbrauch
- Eher niedrige Reichweite (bei winterlichen Bedingungen)
Ein riesiges Gefährt
Der erste Eindruck ist überraschend, aber auch vielversprechend. Überraschend deswegen, weil der Ioniq 5 wesentlich größer und ausladender ist, als er auf Werbeplakaten wirkt. Vielversprechend deswegen, weil Hyundai die smarten Funktionen offenbar deutlich verbessert hat.
Auch wenn der Ioniq 5 derartig groß und breit daherkommt, wirkt der Platz im Innenraum auf dem ersten Blick nicht dementsprechend geräumig. Vor allem der recht hoch gelegene Kofferraum erweckt den Anschein, dass dort nicht allzu viel Platz ist.
Doch das täuscht: Denn der Kofferraum hat, bei umgeklappten Rücksitzen, ein Fassungsvermögen von 1.591 Liter. Unter der Motorhaube haben noch einmal 24 Liter Platz - etwa für die Ladekabel.
Komfort im Innenraum
Im Cockpit und auf der Rückbank ist der Ioniq 5 ziemlich geräumig und luftig. Hauptgrund dafür ist wohl der nicht notwendige Kardantunnel. Die Mittelarmlehne samt Ablage kann ein Stück nach vorne und hinten bewegt werden.
In der Ablage der Mittelarmlehne kann ein Smartphone kabellos aufgeladen werden. Auch ein USB-Anschluss befindet sich dort. In der Mittelkonsole, etwas weiter vorne, gibt es 2 weitere USB-Ports. In der Rückbank sind weitere USB-Anschlüsse vorhanden, sowie eine herkömmliche 220-Volt-Steckdose - etwa zum Aufladen eines Laptops.
Die Sitze sind bequem, auch auf längeren Strecken. Die Textilien und Oberflächen fühlen sich hochwertig an. Im Vergleich zu teureren E-Autos von Premium-Markten gibt es kaum Unterschiede bei der Verarbeitung und den verwendeten Materialien.
Technische Daten
Ioniq 5 - Top Line Long Range 72,6 kWh 4WD
- Reichweite: 430 km
- Durchschnittsverbrauch (WLTP): 19 kWh/100km
- Ladeleistung maximal: bis 220 kW (DC)
- Batteriekapazität: 72,6 kWh
- Leistung: 225 kW (305 PS)
- Beschleunigung 0-100 km/h: 5,2 Sekunden
- Drehmoment: vorne 255 NM, hinten 350 Nm
- Antriebsart: Allrad
- Leergewicht: 2.100 Kilogramm
- Preis: ab 38.990 Euro
Steuerung über Touchscreen
In der Mittelkonsole befindet sich ein 12,3 Zoll großer Touchscreen. Die Instrumententafel ist ebenso ein Display mit derselben Diagonale. Das Menü und das Infotainmentsystem im Allgemeinen sind simpel und selbsterklärend aufgebaut.
Der Bordcomputer dürfte relativ leistungsstark sein, Beim Bedienen über den Touchscreen gibt es so gut wie keine Verzögerungen oder Ladezeiten.
Auf herkömmliche Tasten wird beim Ioniq 5 nicht gänzlich verzichtet. So befindet sich unterhalb des Touchscreens eine Leiste mit traditionellen Bedienelementen für Schnellstartfunktionen. Darunter wird die Klimaanlage gesteuert, wohl aber über berührungsempfindliche Flächen.
Das Smartphone und das Auto
Android Auto und Apple CarPlay sind möglich, allerdings nur mit Kabelverbindung. Der verlängerte Arm der Smartphone-Betriebssysteme wird nur am Display in der Mittelkonsole wiedergegeben. Leider wird die Screen-Fläche nicht optimal beziehungsweise nicht zur Gänze genutzt. Auf der Instrumententafel wird von Android Auto nichts angezeigt.
Die reine Bluetooth-Verbindung zwischen Smartphone und Auto klappt tadellos und eignet sich bestens, um Musik wiederzugeben bzw. zu telefonieren. Allerdings kann man über das Display im Auto die Tracks am Handy nur vor- und zurückschalten. Das Suchen eines Songs oder einer Playlist ist über das Fahrzeug nicht möglich, dafür ist der Griff zum Handy notwendig.
Ein nerviges Manko
Und hier sind wir beim eigentlich größten Manko, das sich der Ioniq 5 mit vielen vergleichbaren Elektroautos teilt: Wer zur Musikwiedergabe Streaming-Apps am Smartphone nutzt, das per Bluetooth verbunden ist, muss während der Fahrt zum Handy zu greifen, um einen Track zu suchen oder die Playlist zu wechseln.
So schön und groß der Touchscreen in der Mittelkonsole auch ist, es kann dort nur nach Radiosendern und lokal gespeicherten Musikdateien gesucht werden. Streaming-Apps laufen immer noch am Smartphone, das mit dem Fahrzeug per Bluetooth verbunden ist.
Der Ioniq 5 bietet leider keine Ablagefläche für Smartphones, die das Steuern von Streaming-Apps vereinfachen würde. Die kabellose Ladestation ist zudem irgendwo in der Mittelarmlehne versteckt.
Es wäre an der Zeit, dass die Infotainment-Betriebssysteme der aktuellen Fahrzeuge endlich den Bedürfnissen und Ansprüchen der digitalen Generation gerecht werden und Musik-Streaming-Apps in Infotainmentsysteme integriert werden.
Navigation mit alten Problemen
Auch das Navigationssystem kämpft mit dem alten Problem der fehlenden Daten. Wer nach POIs sucht - also nach Restaurants, Geschäftsbezeichnungen oder ähnlichem - wird nur manchmal Glück haben und zur richtigen Adresse geleitet. Oft ist es so, dass die exakte Adresse in das Navi eingegeben muss, weil die Daten zu den POIs lückenhaft sind.
Hier wird erneut deutlich, dass die Navigationssysteme der Autohersteller enormen Aufholbedarf bei den Meta-Daten haben. All jene, die bei der Navigation Google Maps gewohnt sind, werden sich mit den Navis in den Autos schwertun. Auch das ist ein wesentlicher Grund, warum abermals viele zum Smartphone greifen und möglicherweise Android Auto nutzen werden.
Infos zu den Ladestationen
Plant man eine Route, die über die aktuelle Reichweite des Fahrzeugs hinausgeht, wird man vom Navigationssystem darauf hingewiesen, dass man entlang der Strecke einen Ladestopp einlegen muss.
Allerdings liefert der Ioniq 5 keine wirklich relevanten Vorschläge, wo dieser Ladestopp am besten möglich wäre. Das Navigationssystem zeigt zwar eine Liste an Ladestationen an, diese sind allerdings nur begrenzt hilfreich, weil sie nach der aktuellen Distanz zur Ladestation geordnet sind.
Wünschenswert wäre, dass mir der Ioniq 5 zeigt, wie genau ich mein Ziel erreiche und wo ich am besten entlang der Strecke das Fahrzeug auflade. All das sollte entlang einer Prognose des Akkustands erfolgen und zusätzlich ausweisen, wie lange man für einen Ladestopp benötigt, um ans Ziel zu kommen.
"Charge my Hyundai"-App ist makellos
Um eine passende Ladestation zu finden, kann entweder das Navigationssystem des Fahrzeugs oder die "Charge my Hyundai"-App verwendet werden. Ich habe mich nach kurzer Zeit bereits vom Navigationssystem abgewandt und Ladestationen über die Smartphone-App gesucht.
Die "Charge my Hyundai"-App ist nahezu perfekt umgesetzt und bildet alle möglichen Ladepunkte des "Charge my Hyundai"-Netzes auf einer interaktiven Karte ab. Über Filter-Einstellungen kann nach Schnellladestation und Anbietern gesucht werden. Außerdem wird angezeigt, ob eine Ladestation gerade besetzt oder frei ist.
Perfekt umgesetzte Bluelink-App
Um Das Auto aus der Ferne zu steuern, nutzt man die App "Bluelink". Der Name ist das einzige Manko, weil er irgendwie keinen Sinn ergibt. Er deutet weder auf die Automarke, noch das Modell hin.
Ansonsten ist die Anwendung perfekt umgesetzt und erlaubt den Fernzugriff auf das Fahrzeug beziehungsweise zeigt Informationen des Autos an - etwa Ladezustand, Temperatur, Verriegelung, Standort und ähnliches.
Heizung, Klima, Verriegelung, Sitzheizung, Ladevorgang usw. können über die Bluelink-App kontrolliert, gestartet und gestoppt werden. Die Verbindung klappt stets auf Anhieb und in Echtzeit.
Bei meinem letzten Hyundai-Test war die Bluelink-Anwendung nicht verfügbar. Insofern hat sich der koreanische Hersteller damit direkt ins 21. Jahrhundert katapultiert.
Das Fahren
Der Radstand des Ioniq 5 ist vergleichsweise riesig, die Karosserieüberhänge niedrig. Daher ist das Fahren mit dem Ioniq 5 zu Beginn etwas gewöhnungsbedürftig, vor allem in engen Tiefgaragen. Aber nach kurzer Zeit hat man das Auto kennengelernt und das Cruisen macht richtig Spaß.
Egal ob auf Land- oder Bundesstraßen, Autobahnen oder in der Stadt - das Fahren mit dem Ioniq 5 ist ein wahrer Genuss. Der Innenraum ist akustisch gut abgeschirmt. Das Auto liegt gut auf der Straße und hat auch die nötige Kraft. Mit einem Eigengewicht von knapp über 2 Tonnen sind die 225 kW (305 PS) auch tatsächlich notwendig, um dem Fahrzeug eine gewisse Spritzigkeit verleihen zu können.
Reichweite und Verbrauch
Um die maximale Reichweite aus dem Ioniq 5 herausholen zu können, war ich stets im Eco-Modus unterwegs. Bei winterlichen Bedingungen konnte ich die 460 Kilometer, die das Auto mit einer Akkuladung schaffen sollte, bei weitem nicht erreichen. Realistisch waren etwas mehr als 330 Kilometer.
Wie hoch der Verbrauch ist hängt - nanona - stark von der eigenen Fahrweise ab. Wer vorausschauend im Eco-Modus mit Tempomat bei höchster Rekuperationsleistung unterwegs ist, kann einen niedrigen Verbrauch erreichen.
Auf der rund 85 Kilometer langen Fahrt von Wörgl über die Loferer Bundesstraße nach Salzburg, habe ich beispielsweise mit defensiver und gemütlicher Fahrweise mit 15,6 kWh/100km geschafft.
Auf der Autobahn schaut das dann etwas schlechter aus: Bei einer durchschnittlichen Geschwindigkeit um die 120 km/h zeigt der Verbrauch schnell mal 24 kWh/100km und mehr. Wer den Tempomat deaktiviert, im Normal - oder Sport-Modus unterwegs ist und etwas zügiger fährt, wird natürlich noch deutlich mehr Energie verbrauchen.
Kaum Details zum Energieverbrauch
Detaillierte Infos über die zurückgelegten Fahrten sind dünn gesät. In der App gibt es zwar einen Überblick über die einzelnen Fahrten, dort werden allerdings nur Distanz, Zeit und Durchschnittsgeschwindigkeit angezeigt. Informationen zum Energieverbrauch, der Rekuperationsleistung oder ähnlichem stehen leider nicht zur Verfügung.
Für den Energieverbrauch gibt es in der App eine eigene Abteilung. Jedoch sind dort nur die durchschnittlichen Verbrauchsinformationen für das vergangene Monat einsehbar. Detaillierte Daten zu den einzelnen Trips sind auch dort nicht verfügbar.
Laden mit einer Besonderheit
Die 800 Volt Systemspannung erlauben eine vergleichsweise hohe Ladeleistung. Sofern man eine entsprechende Ladestation gefunden hat, ist der Ioniq 5 extrem schnell wieder aufgeladen.
Theoretisch möglich ist eine maximale Ladeleistung von 220 kW. Selbst bei nahezu vollständig geleertem Akku konnte eine solche Ladeleistung nicht erreicht werden. Bei maximal 150 kW war Schluss. Ob das an der Ladesäule oder am Fahrzeug liegt, lässt sich nicht eruieren.
Besonders praktisch ist, dass der Ioniq 5 über seine Ladebuche und einem entsprechenden Adapter eine herkömmliche Haushaltssteckdose zur Verfügung stellen kann. Die Steckdose eignet sich hervorragend, wenn man etwa einen Campingausflug plant.
Fahrassistenzfunktionen
Etwas verwirrend ist die Bezeichnung der Assistenzsysteme. Der Ioniq 5 hat nämlich einen Spurfolgeassistent und einen Spurhalteassistent. Einer davon ist mehr ein Sicherheitsfeature und achtet darauf, dass man nicht über den Fahrbahnrand kommt. Der andere ist eher mehr für den Komfort und kann vor allem auf der Autobahn seine Stärke ausspielen. Im Zusammenspiel mit dem adaptiven Tempomat wird das Cruisen - vor allem auf der Autobahn - zu einer angenehmen Angelegenheit.
Der Ioniq 5 hat an den Seitenspiegeln jeweils eine Kamera verbaut. Betätigt man den Blinker, wird auf der Instrumententafel der Inhalt der Seitenspiegelkamera angezeigt. Ein toter Winkel ist damit kaum mehr möglich. Allerdings wäre es praktisch, wenn die Kamerainhalte schon angezeigt werden, bevor man den Blinker betätigt. Denn zu diesem Zeitpunkt ist die Entscheidung des Spurwechsels oder des Abbiegens ja bereits gefallen.
Fazit
Der Hyundai Ioniq 5 hat mich mit seinen smarten und raffinierten Funktionen durchaus positiv überrascht. Es ist ein modernes Elektroauto, das in den allermeisten Belangen, den Ansprüchen des 21. Jahrhunderts vollends entspricht. Das Infotainmentsystem, die dazugehörigen Apps, die Fahrassistenzsysteme und die zeitgemäße Ausstattung des Innenraums, werden mir durch und durch positiv in Erinnerung bleiben.
Die einzigen 2 Punkte, die mich dahingehend genervt haben, waren die nicht vorhandenen Streaming-Apps im Infotainmentsystem sowie das lückenhafte Navigationssystem.
Beim Fahrverhalten gibt es nichts auszusetzen. Die Reichweite und die Effizienz könnten natürlich höher sein. Dafür lässt sich das Auto an einer Schnellladestation rasch wieder aufladen. Alles in allem macht es Spaß, mit dem Ioniq 5 unterwegs zu sein.
Hyundai scheint mit dem Ioniq 5 gut für die schöne neue Autowelt gerüstet zu sein. Der Ioniq 5 braucht sich jedenfalls sicher nicht vor der Konkurrenz verstecken. Eher ist es sogar umgekehrt, sodass der Ioniq 5 den Mitbewerber*innen einiges voraus hat.
Das Testfahrzeug samt Sonderausstattung kommt auf einen Gesamtpreis von 64.700 Euro. Auf der Österreich-Website von Hyundai wird der Ioniq 5 zu einem Preis ab 38.990 Euro beworben.