Microsoft Surface Go im Test: Windows ohne Multitasking
Wer heutzutage auf der Suche nach einem Laptop oder Tablet ist, hat meist recht genügsame Ansprüche. Die meisten Nutzer sind bereits mit einem Browser, einer Office-Suite sowie einfacher Bild- und Videobearbeitung zufrieden. Da verwundert es kaum, dass immer mehr prominente Hersteller in das Billigsegment vorstoßen, wie Apple mit der aktuellen Generation seiner iPads und Google mit den Chromebooks. Microsoft überließ dieses Feld lange anderen Herstellern, doch offenbar war man damit nicht so recht zufrieden. Die Antwort: das Surface Go. Nach dem Surface Book und dem Surface Pro will Microsoft nun vormachen, wie ein günstiges 2-in-1 (Tablet-Laptop-Hybride) mit Windows aussehen sollte.
Auf den ersten Blick scheint das Experiment gelungen zu sein. Das hochwertige Design des Surface Pro wurde einfach auf ein kompaktes Format geschrumpft und um günstigere Hardware ergänzt. Abgesehen davon bleibt alles beim Alten: Stift-Eingabe, ein ausklappbarer Standfuß, vollwertiges Windows sowie eine in der Schutzhülle versteckte Tastatur. Gut genug, um den Laptop zu ersetzen? Die futurezone hat das leistungsfähigste Modell des Einsteiger-Surface getestet.
Zum Verwechseln ähnlich
Obwohl das Surface Go deutlich günstiger als das Surface Pro ist, hat Microsoft nicht an der Verarbeitung gespart. Das 10-Zoll-Gerät setzt auf die gleiche Magnesium-Legierung wie Surface Pro und Surface Book, die für ein relativ geringes Eigengewicht von 522 Gramm sorgt. Die Übergänge sind makellos, das Scharnier für den Standfuß an der Rückseite ist ebenso gut verarbeitet wie beim Pro-Modell. Um den Standfuß auszuklappen, muss etwas mehr Kraft ausgeübt werden, dafür erweist er sich aber auch bei der Touchscreen-Bedienung als stabil. Ausgeklappt kann das Gerät in einem Winkel von ungefähr 100 bis 160 Grad verwendet werden. So lässt es sich, wie ein Laptop, problemlos auch am Schoß nutzen.
Die Verarbeitung ist makellos, es gibt keinerlei sicht- oder ertastbare Übergänge zwischen Gehäuseelementen, beispielsweise dem Kamera-Modul und der Gehäuserückseite. Der unerfreuliche Nebeneffekt, den man auch von der Konkurrenz kennt: Fast alles am Surface Go ist verklebt, Reparaturen oder gar das Aufrüsten von Komponenten ist de facto unmöglich. Mit einer Dicke von 8,3 Millimeter ist es vergleichsweise dünn, doch für den Alltag empfiehlt sich das optional erhältliche Type Cover. Dieses fungiert als Schutzhülle für den Bildschirm des Surface Go und verfügt über eine vollwertige QWERTZ-Tastatur. Mit dem Type Cover verdoppelt sich die Dicke des Surface Go, das allerdings weiterhin kompakter und leichter als viele moderne Einsteiger-Laptops bleibt.
Beeindruckende Tastatur
Das Type Cover lässt sich über den proprietären magnetischen Anschluss leicht anbringen, im Test erwies sich aber die Erkennung der Tastatur als unzuverlässig. Obwohl das Type Cover sicher angebracht war, wurde die Tastatur vom Betriebssystem nicht erkannt. Erst ein Neustart des Geräts behob das Problem. Das trat mehrmals im Testzeitraum auf - ärgerlich, wenn man rasch auf die physische Tastatur angewiesen ist. Die Tastatur ist sehr gut gelungen, leidet aber unter dem beschränkten Platz. Um die vollwertige Tastatur (ohne Ziffernblock) auf der kompakten Fläche unterzubringen, wurden die Tasten auf 85 Prozent ihrer üblichen Größe geschrumpft. Meist stellte das kein Problem dar, beim raschen Tippen über längere Zeit häuften sich jedoch Fehler. Der Druckpunkt fällt ebenfalls etwas härter auf, weil Microsoft den Hubweg von 1,3 auf einen Millimeter reduzieren musste.
Dennoch ist es beeindruckend, dass Microsoft eine derart gute Tastatur auf so wenig Platz unterbringen konnte. Das mit einer Stoff-ähnlichen Oberfläche überzogene Cover ist steif, aber dennoch flexibel genug, um die Handfläche länger darauf ablegen zu können. Das Touchpad ist ebenfalls sehr gut und fällt überraschend groß aus. Der einzige Nachteil: Das Type Cover ist nicht im Lieferumfang enthalten und muss für 100 bis 130 Euro nachgekauft werden. Wem das zu teuer ist, kann sich auch eine günstige Bluetooth-Tastatur zulegen (das Surface Go unterstützt Bluetooth 4.1).
Dongle Life
Apropos Anschlüsse: Wer auf mehr als USB-C angewiesen ist, kann sich auf Adapter einstellen. Microsoft hat nur einen USB-3.1-Anschluss (Typ C) sowie einen microSDXC-Kartenleser und den proprietären Surface-Connect-Anschluss verbaut. Über letzteren kann das Gerät lediglich geladen oder mit einer Dockingstation verbunden werden, alles Weitere muss drahtlos oder per USB-C-Adapter erledigt werden. Dank USB-PD (Power Delivery) unterstützt das Surface Go auch Laden über den USB-C-Anschluss. Das lief im Test aber spürbar langsamer ab als über das Surface-Connect-Netzteil. Da Microsoft die komplette Hardware inklusive Akku und Bildschirm in das 8,3 Millimeter dünne Gehäuse verpacken musste, verwundert der Mangel an Anschlüssen nicht, aber ein weiterer USB-C-Anschluss wäre durchaus wünschenswert gewesen.
Grundsätzlich fühlt es sich so an, als hätte Microsoft beim Surface Go mit akutem Platzmangel zu kämpfen gehabt. Am zehn Zoll großen LC-Bildschirm, der mit 1800 mal 1200 Pixel auflöst, gibt es eigentlich nichts auszusetzen - allerdings daran, was sich um ihn befindet. Ein fetter Rahmen umgibt den ansehnlichen Bildschirm, der mit guter Farbdarstellung und großzügigen Betrachtungswinkeln punkten kann. Optisch weckt das Erinnerungen an die erste iPad-Generation und wirkt im Zeitalter fast rahmenloser Smartphones und Laptops nicht mehr zeitgemäß. Auch zur besseren Bedienbarkeit trägt der Rahmen nicht bei, denn die Erkennung versehentlicher Berührungen ist mittlerweile ziemlich ausgereift.
Kritzelspaß
Das zeigt sich auch bei der Nutzung mit dem (leider ebenfalls optionalen) Surface Pen (110 Euro). Mit 4096 Druckstufen und einem “Radierer” auf der Rückseite ist dieser relativ präzise und intuitiv nutzbar. Es macht Spaß, auf dem Bildschirm handschriftliche Notizen zu machen oder gelegentlich einfach nur zu kritzeln, auch wenn die glatte Bewegungen auf dem Display für Analog-Schreiber und -Zeichner zunächst gewöhnungsbedürftig sein dürften.
Nach kurzer Zeit hat man sich aber daran gewohnt. Im Test führte das mitunter dazu, dass ich das Surface Go lieber als digitales Notizbuch statt als Laptop-Ersatz verwendete. Sei es im Stehen oder Sitzen, es war meist einfacher, mit dem Surface Pen mitzuschreiben statt auf der etwas zu kompakten Tastatur zu tippen. Ebenfalls praktisch: Wie beim Surface Pro und dem Surface Book kann der Stift magnetisch an der Seite des Tablets angebracht werden.
Einzelgänger
Doch abgesehen von Notizen, wie schlägt sich das Surface Go im Büro-Alltag und kann es für mehr verwendet werden? Obwohl für den Test das leistungsfähigere Modell mit mehr Arbeitsspeicher (acht statt vier Gigabyte) und schnelleren internen Speicher (128 Gigabyte SSD statt 64 Gigabyte eMMC) herangezogen wurde, stieß ich rasch an Grenzen. Klassische Büro-Tätigkeiten, wie Microsoft Word, Videotelefonate über Skype oder einfache Bildbearbeitung mit Photoshop waren problemlos möglich.
Bei mehreren aktiven Programmen, beispielsweise der Verwendung von Chrome, während Spotify und Photoshop im Hintergrund aktiv waren, gerieten die zwei Kerne (aufgeteilt auf vier Threads) des verbauten Intel Pentium ins Stottern. Immer wieder kam es zu spürbaren Verzögerungen bei der Bedienung, wenn mehrere Programme aktiv waren und zwischen diesen gewechselt werden musste. Ärgerlich, denn gerade flottes Multitasking ist nach wie vor einer der größten Vorteile von Windows gegenüber iOS. Verwendete man das Surface Go im Leistungsmodus, traten diese Probleme seltener auf - allerdings erhöhte sich dabei auch der Akkuverbrauch rapide.
Der Akku erwies sich im Test als solide, meist reichte eine Ladung - je nach Last - zwischen sechs und acht Stunden, meist mit reduzierter Bildschirmhelligkeit und aktivem WLAN. Der 26-Wh-Akku ist mit dem mitgelieferten Netzteil recht rasch geladen. Ist das Gerät abgeschaltet, dauert es rund eine Stunde, bei aktivem Bildschirm verdoppelt sich die Ladezeit.
Einfache Spiele laufen dennoch
Obwohl die Leistung des Surface Go beim Multitasking enttäuschte, reicht die verbaute Intel HD 615 dennoch für genügsame Spiele aus. Fortnite verweigerte zwar den Dienst, aber Age of Empires Definitive Edition ließ sich beispielsweise flüssig und stabil in der nativen Auflösung spielen. Auch Civilization VI lief in der nativen Auflösung des Bildschirms mit niedrigen Details flüssig - bei späteren Runden verkommt der Titel aber zum Daumenkino. Positiv ist jedoch, dass sich das Gerät auch unter starker Last, wie in Spielen, nur leicht erhitzt und vollständig ohne aktive Lüftung auskommt.
3DMark (Time Spy, v1.0): 304 Punkte
PCMark 10 (v1.0): 1796 Punkte
CrystalDiskMark (v6.0.1, sequenzielles Lesen/Schreiben): 1151,0/124,2 MB/s
CineBench R15 (OpenGL/CPU): 31,74 fps/158 cb
Obwohl mir das günstigere Modell mit vier Gigabyte Arbeitsspeicher nicht zur Verfügung stand, kann ich auf der Basis meiner Ergebnisse nur stark davon abraten. Denn neben der geringeren Menge an Arbeitsspeicher gibt es einen weiteren Flaschenhals: Während das 128-Gigabyte-Modell über eine SSD verfügt, setzt das günstige 64-Gigabyte-Gerät auf einen lahmen eMMC-Chip. Vergleichstests zeigen signifikant niedrigere Lesegeschwindigkeiten beim eMMC-Modell.
Positiv hervorzuheben sind die Windows-Hello-kompatible Frontkamera, die mit 5 Megapixel auflöst und ein gestochen scharfes Bild bei Videokonferenzen liefert, sowie die Hauptkamera auf der Rückseite. Mit 8 Megapixel kann sie zwar keine Kompakt- oder bessere Smartphone-Kamera ersetzen, für das Fotografieren von Dokumenten ist sie aber mehr als ausreichend.
Zu viele Kompromisse
Das Surface Go hat etwas von einem Sportwagen mit dem Motor eines Kleinwagens. Design, Qualität, Bedienbarkeit - alles ist zunächst so, wie man es von deutlich teureren Surface-Pro-Modellen gewohnt ist. Doch sobald man das ausreizen will, stößt man rasch an Grenzen. Das ist für genügsame Nutzer nach wie vor mehr als ausreichend, etwas mehr wäre aber dennoch möglich gewesen.
Vor allem die Tatsache, dass Multitasking, ein essentielles Feature von Windows, derart viele Probleme bereitet, enttäuscht. Und auch die Akkulaufzeit fällt im Vergleich zur Tablet-Konkurrenz eher mager aus, reicht aber für einen typischen Arbeitstag oder Langstreckenflug aus. So gilt die Devise: Wer seine alltäglichen Software-Bedürfnisse kennt und selten mehr als ein Programm gleichzeitig verwendet, könnte im Surface Go einen perfekten Begleiter finden.
Wer nicht zwingend auf Windows angewiesen ist, sollte sich aber auch bei der Konkurrenz nach günstigeren Alternativen umsehen. Denn mit einer UVP von 599 Euro ist das Surface Go hierzulande alles andere als ein Schnäppchen, mit dem Type Cover steigen die Gesamtkosten auf 700 Euro. Die leistungsschwächere Version des Surface Go gibt es um 449 Euro.
Modell:
Microsoft Surface Go
Maße und Gewicht:
245 x 175 x 8,3 mm; 522 Gramm (ohne Type Cover, mit Type Cover: 16,6 Millimeter Dicke)
CPU:
Intel Pentium Gold 4415Y (Dual-Core, 1,6 GHz)
GPU:
Intel HD 615
RAM:
8 Gigabyte
Bildschirm:
10 Zoll LC-Bildschirm (PixelSense, spiegelnd, 1800 x 1200 Bildpunkte, 3:2, 216 ppi, Gorilla Glass 3)
Speicher:
128 Gigabyte SSD
Akku:
26,1 Wh
Sonstiges:
1 x USB 3.1 (Typ C), 1 x Surface Connect (proprietär, zum Laden), WLAN (802.11 a/b/g/n/ac), Bluetooth 4.1, Frontkamera (5 Megapixel, unterstützt Windows Hello), Hauptkamera (8 Megapixel)
Preis:
599 Euro (UVP, nur Tablet - optionales Type Cover für 100 bis 130 Euro erhältlich, Surface Stift für 110 Euro)