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Die Zukunft der kommerziellen Raumfahrt liegt in Europa

Während bisher staatliche oder wirtschaftliche Unternehmen die Raumfahrt bestimmten, übernehmen zunehmend kleinere Unternehmen und Start-Ups das Feld. Viele von diesen kleineren Unternehmen siedeln sich in Europa an.

Wieso gerade Europa so vielversprechend für die kommerzielle Raumfahrt ist, darüber sprachen am 21. Februar Experten im Berliner Büro des amerikanischen Satelliten-Unternehmens Planet.

Planet arbeitet mit Cloud-System

Planet ist ein Unternehmen, das kleine Satelliten entwickelt, baut, steuert und überwacht, die hochauflösende Fotografien der Erde machen. Die "Dove"-Satelliten sind kaum größer als ein Schuhkarton. Die Kameras dieser Satelliten können auf bis zu fünf bis drei Meter an die Erde heranzoomen.

Derzeit hat Planet nach eigenen Angaben über 175 Satelliten im Orbit. Jeder von ihnen schießt täglich circa 3,4 Millionen Bilder von der Erde und überwacht eine Fläche von 25 mal 25 Kilometern. Das täglich übermittelte Datenvolumen entspricht dabei etwa 6 Terabyte.

Zum Vergleich: 6 Terabyte entsprechen 360 Stapeln Papiers, so hoch wie der Eiffelturm. Das ist schon recht viel. Noch 1993 entsprach 1 Terabyte einem Prozent des gesamten Internet-Traffics. Heute allerdings ist bereits die gesamte Datenmenge, die Google alle vier Sekunden verarbeitet, 1 Terabyte groß. So rasant hat sich der Austausch von Daten im Netz verändert. Daran gemessen sind 6 Terabyte wiederum wenig.

Die Bilder der Planet-Satelliten werden über eine Cloud-basierte Online-Plattform zugänglich gemacht und kommen in verschiedenen Branchen zum Einsatz, wie zum Beispiel der Landwirtschaft, der Verteidigungspolitik oder dem Umweltschutz. Über solche Weltraumfotos von Satelliten können selbst kleinste Veränderungen auf der Erdoberfläche beobachtet werden.

Automatische Objekterkennung der Planet-Software

Die Machine Learning-Software von Planet bietet unter anderem eine automatisierte Objekterkennung von Dingen auf den Satellitenbildern, wie zum Beispiel die Anzahl von Häusern in einem bestimmten Gebiet. Jede Branche kann somit die für sie relevanten Daten gewinnen und entsprechend dieser Daten handeln. Umweltorganisationen können so beispielweise überwachen, in welchem Zeitraum das Eis in einem spezifischen Gebiet abschmilzt.

Lediglich nachts machen die Satelliten-Kameras von Planet aufgrund der Dunkelheit keine Fotos. Zu wenig Veränderungen können dann auf der Erdoberfläche gesehen werden. Die Satelliten von Planet werden über ein Cloud-basiertes System gesteuert. Mitarbeiter des Unternehmens befinden sich nicht nur in Berlin, sondern auch in San Francisco oder Amsterdam, wobei die Mission Control von Berlin aus operiert. Die Planet-Satelliten werden nach UTC-Zeit, also der Coordinated Universal Time, gesteuert, um Missverständnisse aufgrund von Zeitzonen zu vermeiden.

Europa unterstützt Space-Unternehmen

Der große Vorteil an Europa sei, so findet Robbie Schingler, der CSO von Planet, dass dort ein enges Netzwerk an Kooperationen unter den Ländern einerseits und somit unter relevanten Unternehmen andererseits bestehe. Dass die EU als politische Vereinigung mehrerer Länder eine gemeinsame Weltraumorganisation hat, die Europäische Weltraumorganisation (ESA), ist eine enorme Erleichterung für Unternehmen wie Planet, sagte Schingler.

Rafal Modrzewski, CEO des Global Monitoring-Start-ups ICEYE, war ebenfalls bei dem Gespräch anwesend. Er stimmte Schingler zu. In den USA sei zwar der unmittelbare Start für neue Unternehmen leichter, so Modrzewski, da dort eine Kultur herrsche, die neue Wagnisse begrüße. Abgesehen von diesem Schritt sei es jedoch in Europa aufgrund des bestehenden engen Netzwerks zwischen vielen Ländern dank Organisationen wie der ESA leichter für Unternehmen, subventioniert zu werden.

Planet befindet sich derzeit in Gesprächen mit der ESA, um eine mögliche Kooperation in die Wege zu leiten, sagt Markus Apel, der europäische Strategic Accounts Director von Planet. Zum Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) bestehen bereits Beziehungen, ebenso zu diversen deutschen Firmen wie beispielsweise zu GAF, einem Münchner Geodaten-Service.

Problempunkt: Mangelnde Risikobereitschaft in Europa

Die ESA ihrerseits arbeitet ebenfalls daran, das Thema New Space in Europa voranzutreiben, erzählte Josef Aschbacher, der Direktor des Erdbeobachtungsprogramms der ESA. Das ESA-Programm Phi-Lab beispielsweise ist ein Innovationszentrum, in dem neue Ideen diverser Unternehmen und Start-Ups gesammelt werden, dann von der ESA geprüft und gegebenenfalls übernommen werden. Die ESA stellt in diesem Fall dann das gesamte Kapital für das Unternehmen zur Verfügung.

Darüber hinaus gibt es bereits seit 20 Jahren das Copernicus-Programm, das Erdbeobachtungsprogramm der EU, das es sich 1998 zum Ziel setzte, Space-Unternehmen sowie politische und wirtschaftliche Förderer an einen Tisch zu bringen. Für die Nutzer sind die durch Copernicus gesammelten Daten frei zugänglich.

Dennoch gibt es Hindernisse beim Thema New Space in Europa, sagen sowohl Josef Aschbacher als auch Dr. Pascale Ehrenfreund, die Vorstandsvorsitzende des DLR. Das wohl größte Hindernis ist laut den Experten die Beschaffung von Venture Capital, also Wagniskapital, für New Space-Unternehmungen in Europa. Derzeit seien Geldgeber in Europa bei diesem Thema noch wesentlich zögerlicher als beispielsweise viele Geldgeber in den USA.

New Space mithilfe von künstlicher Intelligenz und Big Data

In Zukunft sollen darüber hinaus die Satelliten, die das Geschäft mit New Space überhaupt ermöglichen, zunehmend mit künstlicher Intelligenz ausgestattet werden. Die Satelliten sollen so zum Beispiel in die Lage gesetzt werden, die von ihnen aufgenommenen Bilder selbstständig gemäß bestimmter Interessensgebiete auszuwerten und die relevanten Daten an die jeweiligen Unternehmen zu senden.

Dieses Projekt steht derzeit noch vor technischen Schwierigkeiten, so Josef Aschbacher. Innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre, so schätzt er, werden erste Demoversionen solcher KI-Satelliten aber realistisch sein. Und auch im Bereich Big Data rüstet die ESA derzeit weiter auf. Schon jetzt senden ESA-Satelliten mehr Datenmengen an die Erde, als auf Facebook Videos und Fotos an einem Tag hochgeladen werden, so Aschbacher. Zum Vergleich: im Jahr 2016 waren das bei Facebook um die vier Petabyte am Tag.

Gute Voraussetzungen für New Space in Europa

Alles in allem stehen die Chancen gut für die Space-Branche in Europa, darin waren sich die Experten einig. Ein engmaschiges Netzwerk besonders innerhalb der EU ist bereits vorhanden, nicht nur durch die ESA. Nun müssen mehr Anreize für potentielle Geldgeber geschaffen werden, um im Bereich New Space mehr Wagnisse einzugehen.

Dieser Artikel ist ursprünglich auf futurezone.de erschienen.

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Laura Thräne

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