Wie erneuerbare Energie tierfreundlicher wird
Mit dem Ausbau erneuerbarer Energie wächst bei vielen Menschen die Sorge, dass man dadurch Tierleid in Kauf nimmt. Plakativstes Beispiel sind Windräder, deren Rotoren Vögel vom Himmel holen. Aber auch in anderen Bereichen gibt es Konflikte zwischen den menschgemachten Bauwerken, die sauberen Strom produzieren, und Tieren, die in ihrer Einflusssphäre leben. Es gibt aber intensive Bemühungen, diese Konflikte zu minimieren.
Regionale Planung ist wichtig
Wo Menschen am ehesten mit verletzten oder getöteten Tieren durch Kraftwerke konfrontiert werden, ist in der Nähe von Windrädern. Dreht sich der Rotor schnell, erreichen die Flügelspitzen 300 km/h und mehr. Selbst besonders wendige Vögel können einem so schnell auf sie zurasenden Hindernis manchmal nicht ausweichen. Laut Studien muss man pro Jahr und Windrad mit bis zu 7 toten Vögeln und 5 toten Fledermäusen rechnen.
Für letztere sind Verluste oft schwer verkraftbar, denn Fledermäuse reproduzieren sich relativ langsam. Viele Fledermausarten sind als gefährdet oder gar vom Aussterben bedroht eingestuft. Bei der Planung von Windkraftanlagen wird deshalb genau darauf geachtet, ob sich Habitate oder Jagdreviere in der Nähe befinden. "Eine regionale Planung ist hier sinnvoller als die Betrachtung eines einzelnen Projekts", sagt Gregori Stanzer vom Ziviltechnikbüro Allregio. Man müsse vor allem darauf achten, wo es gefährdete Arten gebe und welcher Anteil davon am ehesten in Kontakt mit einem Kraftwerk treten könnte.
Antikollisionssysteme im Kommen
Um Zusammenstöße zu verhindern, werden künftig vermehrt automatische Antikollisionssysteme zum Einsatz kommen. Kameras auf Windrädern erkennen dabei Vögel und verfolgen ihre Flugrouten. Mittels künstlicher Intelligenz wird ermittelt, ob es sich um eine gefährdete Art handelt. Falls die Tiere auf das Windrad zusteuern, werden die Rotoren sofort abgeschaltet. Erfolgversprechend ist auch eine neue farbliche Gestaltung. Bei Untersuchungen in Norwegen wurde etwa festgestellt, dass es zu signifikant weniger Kollisionen kommt, wenn nur eines der drei Rotorblätter eines Windrades schwarz angestrichen wird.
Auch bei der Platzierung von Windrädern gibt es neue Erkenntnisse. Eine Studie aus den USA hat etwa mittels Wetterradar Vogelschwärme beobachtet und festgestellt, dass es zu wesentlich weniger Kollisionen mit Windrädern kommt, wenn diese weiter weg von Seeufern errichtet werden. Die nächtliche Beleuchtung von Windrädern wirkt außerdem anziehend auf Insekten und erhöht das Mortalitätsrisiko für Vögel. Hier erzielt man Verbesserungen, indem man Licht in speziellen Spektralbereichen wählt. Blinklichter, die nur bei Bedarf (Flugzeug in der Nähe) aktiviert werden, wären ebenso eine Lösung.
Artenvielfalt unter Modulen
Nicht nur Windräder können Vögeln gefährlich werden, auch Solarkraftwerke. Vor in solchen, die Licht mittels Spiegeln auf einen zentralen Turm fokussieren, und darin Flüssigkeit zu erhitzen, kommt es öfters zu Todesfällen. Die Vögel können dabei in die konzentrierten Lichtstrahlen geraten und in Flammen aufgehen. Aber auch in großen Photovoltaikanlagen sterben Vögel. Warum genau, ist noch ungeklärt. Eine Vermutung ist der "Lake-Effekt", bei dem Vögel die große reflektierende Fläche von Solarparks mit Gewässern verwechseln und darauf landen wollen. Hier gibt es verschiedene Lösungsansätze, etwa das visuelle Aufbrechen der Anlagen oder der Einsatz von abschreckenden Geräuschen.
Generell gelten Photovoltaikanlagen aber als positiv für den Tierschutz. In ihrem Schatten können Pflanzen gut gedeihen. Zäune werden teilweise mit Lücken zum Boden gestaltet, um kleineren Tieren Zugang zu gewähren. Immer populärer wird das Beweiden der Flächen unter und zwischen PV-Modulen durch Schafe. Die umzäunten Grundstücke werden für sie allerdings selten, aber doch, zur Todesfalle. Wenn Wölfe es schaffen, sich unter den Zäunen durchzugraben, besteht für die Schafe keine Fluchtmöglichkeit. Deshalb wird mit der Elektrifizierung von Zäunen experimentiert. Elektrozäune schrecken allerdings nicht nur Wölfe, sondern auch andere Tierarten ab.
Umleitung für Fische
Viel Konflikt zwischen sauberer Energieerzeugung und der Tierwelt gibt es an Flusskraftwerken. Fische kommen manchmal selbst durch Rechen vor Turbineneinlässen, die viel zu klein erscheinen. In den Turbinen werden sie teilweise getötet oder schwer verletzt. "Durch den Druckabfall in den Turbinen kann etwa die Schwimmblase platzen", erklärt Reinhard Haunschmid vom Bundesamt für Wasserwirtschaft. Der Abstieg von Fischen an Flüssen ist besonders problematisch. Hier können verschiedene Rechensysteme die Fische zur Seite lenken, wo es Durchlässe wie Fischklappen gibt.
Die Rechen erzeugen teilweise ein elektrisches Feld, um Fische auf weniger gefährliche Wege umzuleiten. Geraten sie doch in die Turbine, helfen Bauweisen mit niedrigerer Rotationsgeschwindigkeit und größeren Schaufelabständen. Ein großes Problem für Fischbestände ist aber auch der Umstand, das Querbauwerke von Flusskraftwerken die Fließgeschwindigkeit reduzieren und Schlamm am Grund aufstauen. Dadurch fallen z.B. Laichgründe weg. Hier kann man laut Haunschmid die Verbindung zu Nebengewässern verbessern oder den Staubereich fischfreundlicher strukturieren. Für Fischarten, die eine stärkere Fließgeschwindigkeit bevorzugen, gibt es aber wenig Verbesserungspotenzial.