Wie 2 Firmen aus Österreich Strom am und im Wasser gewinnen
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In den Vereinigten Arabischen Emiraten geht dieser Tage die Expo 2020 zu Ende. Österreich war bei der Weltausstellung in Dubai mit einem futuristischen Pavillon vertreten. Darin wurden zahlreiche heimische Innovationen vorgestellt, die ein nachhaltigeres Leben ermöglichen sollen. Zwei davon, die mit erneuerbarer Energieerzeugung am und im Wasser Aufsehen erregten, wollen wir hier vorstellen.
Mehr Platz am Meer
Aus einem Binnenland wie Österreich wahrscheinlich überraschend kommt die Idee des Unternehmens Swimsol aus Wien. Sie will tropischen Inseln, die heute hauptsächlich Dieselgeneratoren verwenden, eine saubere Stromerzeugung ermöglichen. Viele Inseln sind klein und weisen nicht genug Fläche für Photovoltaik-Anlagen auf, um Tourismusbetriebe mit ausreichend Strom zu versorgen. Swimsol verlagert die Sonnenstromproduktion deshalb auf das Meer.
Firmengründer und Solarenergieexperte Martin Putschek hat bei einer Reise nach Südasien im Jahr 2009 festgestellt, dass es auf vielen Inseln keine Alternativen zum teuren und klimaschädlichen Dieselstrom gibt. "In den Malediven gibt es rund 150 Hotelinseln. Die verbrennen am Tag teilweise 10.000 Liter Diesel", erklärt Daniel Reichhardt von Swimsol der futurezone. Mit Photovoltaikanlagen könnte die Stromversorgung günstiger und sauberer gestaltet werden.
Wasserdicht verpackte Zellen
In einem ersten Schritt begann das Wiener Unternehmen deshalb, Kund*innen auf den Malediven von der Sinnhaftigkeit von PV-Anlagen auf allen verfügbaren Dachflächen zu überzeugen. Gemeinsam mit der TU Wien entwickelte man parallel schwimmende PV-Anlagen namens SolarSea. Mit ihnen kann die Kapazität der Solaranlagen auf Hausdächern einfach erweitert werden. Als Basis dienen schwimmende Konstruktionen mit Außenlängen von 10 mal 10 Meter oder mehr. Auf ihnen werden in einer Höhe von 2 Meter über dem Wasser PV-Module angebracht.
Die Module sind mit monokristallinen Siliciumzellen bestückt und vorne und hinten verglast. Dadurch sind die Zellen so eingekapselt, dass keine Feuchtigkeit eindringen kann. "Vor ein paar Jahren waren solche Module noch selten, mittlerweile bieten sie viele Hersteller an", sagt Reichhardt. Die ganze Schwimmkonstruktion wird mit Seilen am Meeresgrund verankert und liefert den Strom über Unterwasserkabel zur Insel. In den Lagunen der Malediven reichen die Wellen selbst bei Stürmen nicht an die PV-Module heran. Spritzwasser wird normalerweise vom Regen abgespült.
"Zero Investment Option"
Die SolarSea-Plattformen sind 50 bis 100 Prozent teurer als Anlagen auf dem Land und müssen regelmäßig gewartet werden. Swimsol hat deshalb eine Tochterfirma auf der Inselgruppe gegründet. Außerdem bietet sie Inseln eine "Zero Investment Option" an. Die Anlagen werden von Swimsol errichtet und betrieben. Der Strom wird der Insel verkauft und die Anlage wird in Raten abbezahlt, sodass die Insel sie nach einer gewissen Zeit selbst besitzt.
Durch den Auftritt bei der Expo hat Swimsol viele Anfragen aus aller Welt bekommen, vor allem nach einem Beitrag des US-TV-Senders CNN. Abgesehen von den Malediven ist die Firma auch bereits in Malaysia tätig. Das derzeit größte schwimmende Solarkraftwerk von Swimsol wurde vor Kurzem in Indonesien installiert.
Turbine im Fluss
Eine andere heimische Innovation aus Österreich, die bei der Expo 2020 in Dubai großes Interesse geweckt hat, nennt sich Powerfluxx. Es handelt sich um eine große, schwimmende Turbine, die in Flüssen Strom erzeugt. Wie eine Boje ist sie am Grund verankert, sie benötigt also keine großen baulichen Maßnahmen. Außerdem ist sie freundlich zur Tierwelt. Fische können einfach durchschwimmen, denn der zweiblättrige Rotor der Turbine dreht sich vergleichsweise langsam.
Entwickler dieses schwimmenden Wasserkraftwerks ist die Firma Aqua Libre aus Niederösterreich. Die Idee dazu entstand vor rund 15 Jahren. Der Industriedesigner Fritz Mondl tat sich mit dem Kunststoffexperten Richard Mayerhofer und dem Mechaniker Harald Jursitzky zusammen, um das Konzept einer umweltverträglichen, flexiblen und robusten "Strom-Boje" zu verwirklichen. Gemeinsam mit der TU Wien und der Schiffbau-Versuchsanstalt Potsdam wurde ein Prototyp gebaut und in der Wachau in der Donau installiert.
Permanente Grundlasterzeugung
"Powerfluxx schwimmt knapp unter der Oberfläche, nur eine Flosse ragt aus dem Fluss", erklärt Robert Artwohl von Aqua Libre der futurezone. Der ideale Einsatzort sind mindestens 4 Meter tiefe Stellen in Ufernähe, um den Schiffsverkehr nicht zu beeinträchtigen. Die Turbine selbst ist 3,5 Meter hoch. Bei einer Fließgeschwindigkeit von 2 Meter pro Sekunde werden im Jahr 200.000 Kilowattstunden Strom produziert. Damit lassen sich laut Artwohl 70 bis 80 Haushalte versorgen. Bei höheren Fließgeschwindigkeiten steigt die Leistung exponentiell an.
Das Positive an dieser Art der Energiegewinnung sei, dass permanent Grundlast produziert werde, meint Artwohl. "Und das ohne negativen Einfluss auf die Umwelt." Die Wartung sei relativ einfach. "Einmal im Jahr muss man Powerfluxx aus dem Wasser heben und den Rechen reinigen. Alle 7 oder 8 Jahre sind Lager zu tauschen. Eine Lebensdauer von mehr als 20 Jahren ohne einen größeren Aufwand sollte kein Problem sein."
Suche nach Partner
Die Idee hat bereits einige Preise gewonnen, interne Streitigkeiten führten aber beinahe zum Aus. Fritz Mondl verließ die Firma, entwickelt das Produkt aber seinerseits unter dem Markennamen Strom-Boje weiter. Harald Jursitzky übernahm das Projekt mit seiner Firma BEB Fertigungscenter und nennt sein Produkt Powerfluxx. In Deutschland wird am Rhein derzeit ein Pilotprojekt mit 16 Powerfluxx-Einheiten fertiggestellt. Das Unternehmen sucht nun einen Partner, mit dem die Idee weltweit vertrieben werden kann. Anfragen gibt es aus einer Vielzahl an Ländern mit geeigneten Flüssen, etwa Indien oder Kanada.
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