Linzer Forscher analysieren Musikgeschmack in verschieden Ländern
Wie unterschiedlich musikalische Vorlieben zwischen verschiedenen Ländern ausgeprägt sein können, zeigen Linzer Wissenschafter in einer im Fachblatt „PLOS ONE“ erschienenen Arbeit. Während etwa Großbritannien, die USA oder die Niederlande dem globalen Mainstream sehr nahe stehen, präsentieren sich Hörer aus Finnland, Japan oder Brasilien im Durchschnitt ein Stück weit individueller.
Die Wissenschafter identifizierten insgesamt drei Länder-Gruppen: In die Gruppe jener Länder, in der die Song-Aufrufe in etwa dem globalen Mainstream entsprachen, fielen die USA, Großbritannien und die Niederlande. Ihren eigenen, sehr länderspezifischen Mainstream kultivierten hingegen beispielsweise Finnland, Brasilien oder Russland. In der dritten Gruppe finden sich etwa mit Japan, China oder Indonesien Länder, in denen der weltweite Mainstream zwar große Bedeutung hat, allerdings auch einige Künstler und Bands sehr stark nachgefragt sind, die aus der Rolle fallen.
Viel über die Präferenzen verrät der Blick auf die Ausreißer in einzelnen Ländern. So wurde im Untersuchungszeitraum in Japan beispielsweise die Musik von Wolfgang Amadeus Mozart im Durchschnitt doppelt so häufig aufgerufen als in anderen Ländern. Ausreißer nach oben verzeichnen in Japan etwa auch die US-Band Green Day und die beiden isländischen Acts Sigur Ros und Björk. Die Liste der größten musikalischen Ausreißer nach oben setzt sich in Brasilien wiederum einerseits aus Vertretern aus dem Alternative- oder Metal-Bereich und andererseits aus weiblichen Popstars wie Britney Spears, Christina Aguilera oder Avril Lavigne zusammen.
Finnland
Ganz anders ticken die musikalischen Uhren bekanntlich in Finnland: Am deutlichsten über dem internationalen Schnitt liegen hier fast durchwegs Bands aus dem Heavy-Metal-Bereich, wie Rammstein, In Flames oder Megadeth. Der kanadische Rapper Drake - seine Abrufzahlen auf Streamingdiensten sprengten weltweit im vergangenen Jahr die 50-Milliarden-Marke - landet bei den finnischen Last.fm-Nutzern zum Beispiel unter ferner liefen.
Erstautorin Christine Bauer und Markus Schedl vom Institut für Computational Perception der Universität Linz haben für ihre Untersuchung Musik-Streamingdaten von mehr als 53.000 Nutzern der Plattform Last.fm aus insgesamt 47 Ländern weltweit analysiert. Um belastbare Aussagen über Österreich zu machen, waren jedoch zu wenige User-Daten in dem Satz inkludiert, der insgesamt aus rund 800 Millionen Einzelabrufen von Liedern bestand, heißt es seitens der Uni Linz.
Die Erkenntnisse sollen zur Verbesserung von Musikempfehlungssystemen auf Online-Plattformen verwendet werden. Diese Systeme hätte bisher Probleme, sinnvolle Vorschläge für Menschen anzubieten, deren Musikgeschmack abseits des Mainstream liege, und auch länderspezifische Eigenheiten würden in der Regel nicht berücksichtigt, so Bauer. Mit dem Ansatz der Linzer Forscher, der unterschiedliche mathematische Zugänge vereint, lasse sich die Treffsicherheit der Empfehlungen erhöhen.