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Wie Lithium-Ionen-Akkus nachhaltiger werden sollen

Elektroautos können einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, den CO2-Ausstoß im Verkehrssektor drastisch zu senken und unterstützen die Bemühungen der EU, bis 2050 klimaneutral zu werden. Mit der steigenden Nachfrage nach Elektrofahrzeugen rückt aber auch der Bedarf nach nachhaltigen Lithium-Ionen-Akkus in den Fokus. In diesem Bereich gibt es noch großen Nachholbedarf.

Unter anderem wird bei der Herstellung der Akkuzellen viel Energie verbraucht – der Abbau der dafür nötigen Rohstoffe ist zudem kritisch. Aktuell kommt in herkömmlichen Lithium-Ionen-Akkus der Rohstoff Kobalt zum Einsatz. Denn Zellen mit Kobalt-Kathoden begünstigen eine höhere Energiedichte und verbesserte Akku-Leistung. Der energieintensive Abbau des begehrten Rohstoffs gilt unter anderem aber als umweltschädlich. Kobalt ist schwer zugänglich, begrenzt und teuer. 

Nachhaltige Kathode

In dem kürzlich gestarteten europäischen Projekt „IntelLiGent“ strebt das AIT Austrian Institute of Technology gemeinsam mit 9 europäischen Partnern die Entwicklung von umweltverträglichen und leistungsstarken Akkus an, die auch preiswert sein sollen. Die Wissenschaftler*innen setzen dabei insbesondere auf neuartige Elektrodenmaterialien.

"Wir streben einen höheren Silizium-Anteil an, um die Energiedichte der Zellen deutlich zu erhöhen"

David Dirnbauer, Batterieforscher am AIT

Die Anode, also die bei der Ladung positive Elektrode, soll auf Silizium-Graphit basieren. „Silizium-Graphit-Anoden mit geringem Silizium-Anteil sind zwar schon handelsüblich, wir streben aber einen höheren Silizium-Anteil an, um die Energiedichte der Zellen deutlich zu erhöhen“,  sagt der Batterieforscher David Dirnbauer am Center for Low-Emission Transport des AIT. 

 AIT-Beschichtungsanlage, die im Projekt zum Einsatz kommt

Die Kathode – die negative Elektrode – basiere auf Lithium-Nickel-Mangan-Oxide (LNMO) und komme ohne den Rohstoff Kobalt aus. Auch hier gibt es zwar bereits andere Akkuzellen, die ohne Kobalt auskommen – etwa auf Basis von Lithium-Eisenphosphat (LFP). Mit dem IntelLiGent-Kathodenmaterial seien aber zusätzlich  höhere Leistungsdichten möglich. Diese geben Auskunft darüber, wie stark ein Auto beschleunigen kann.

"Der Energieeinsatz ist generell geringer"

David Dirnbauer, Batterieforscher am AIT

Herstellung mit Wasser

„Wir wollen auch eine nachhaltige Elektrodenproduktion in den Fokus rücken. Im Vordergrund ist eine wasserbasierte Herstellung“, sagt Dirnbauer der futurezone. Dabei will man auf das gesundheitsschädliche Lösungsmittel NMP (N-Methyl-2-pyrrolidon) verzichten, das normalerweise bei der Kathodenherstellung zum Einsatz kommt. Nicht nur beeinträchtigt es die Fortpflanzungsfähigkeit des Menschen, zusätzlich ist auch es teuer und muss rückgewonnen werden. 

Das Lösungsmittel hat außerdem einen deutlich höheren Siedepunkt als Wasser. „Es wird also mehr Energie in der Produktion verbraucht. Wasser hingegen ist weitverbreitet, ungiftig und lässt sich auch wieder einfacher aus der Elektrode herauslösen. Der Energieeinsatz ist generell geringer“, ergänzt der Batterieforscher.

Batterieforscher David Dirnbauer am AIT

Da zudem der Rohstoff Lithium von Lieferengpässen betroffen ist, soll für die nachhaltigen Akkuzellen im Vergleich zu herkömmlichen Produkten nur die halbe Menge davon zum Einsatz kommen. Für die gleichen Akkus, den man momentan in Elektroautos verbaut, wird also nur die halbe Menge an Lithium benötigt.

Hohe Energiedichte  

Die neuen Akkuzellen versprechen auch eine hohe Energiedichte. Je höher die ist, umso kleiner und leichter ist der Akku des Fahrzeugs. Die optimierten Hochvolt-Elektroden sollen auf der Zellebene eine Energiedichte von mehr als 350 Wattstunden pro Kilogramm (Wh/kg) bei hohen Ladeströmen ermöglichen. „Diese Energiedichte ist leicht über dem, was aktuell Standard ist“, rechnet Dirnbauer vor. Eine vollständige Ladung von 0 auf 100 Prozent soll in weniger als 30 Minuten möglich sein.

Generell sollen die Zellen mit dem nachhaltigen Kathodenmaterial die Leistungseigenschaften herkömmlicher High-End-Akkus erreichen, wenn nicht überbieten. Werte über Energieeinsatz und Umweltbelastung der Produktion sollen ebenfalls noch erhoben werden. 

Europäische Produktion

Das Projekt läuft noch bis 2025 und wird von der EU mit 6,8 Millionen Euro gefördert. Am Ende soll ein für die Industrie relevanter Prototyp zur Verfügung stehen. Läuft alles nach Plan, könnten die nachhaltigen Akkuzellen in rund 5 Jahren für E-Autos zur Verfügung stehen.

Mit dem Projekt soll laut Dirnbauer auch die Batteriezellenproduktion in Europa gestärkt werden. Man wolle einen Beitrag zu einer nachhaltigen, ressourcenschonenden und kosteneffizienten Herstellung in Europa leisten.

Zu den Partnern zählen SINTEF, Vianode, Topsoe, Empa, Customcells, E-lyte Innovations, Millor Battery, IREC und die Universität Oxford.

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen AIT und futurezone.at.

Neuer BMW-Akku schafft mehr Reichweite als Tesla

Der deutsche Autobauer BMW bringt im Jahr 2025 neue Elektrofahrzeuge auf den Markt. Diese sollen mit einem neuen leistungsfähigen Akku ausgestattet werden, wie BMW kürzlich angekündigt hat. Die Akkuzellen des Herstellers EVE versprechen eine deutlich höhere Reichweite als etwa die aktuell eingesetzte Tesla-Batteriezelle im 4680-Format.  Die Zahl bezieht sich auf den Durchmesser der Rundzelle von 46 Millimeter und die Länge von 80 Millimetern. Diese ist die erste eigens von Tesla entwickelte Zelle und wurde 2020 vorgestellt. 

Die neuen Zellen im 4695-Format, die BMW zum Einsatz bringen will, sind um 15 Millimeter länger, basieren aber auf der gleichen Bauart wie die  4680-Zellen von Tesla. Im Vergleich zu Tesla sollen die Akkuzellen von EVE  allerdings um 46 Prozent mehr Energie speichern können. Das Gewicht ist dabei aber nur um 21 Prozent höher. 

CO2 in der Produktion

Bei gleicher Länge und Breite verspricht der neue Akku zudem eine um 40 Prozent höhere Reichweite als jener von Tesla. Daneben soll bei den EVE-Zellen die Ladegeschwindigkeit um 30 Prozent höher sein. 

Auch soll bei Herstellung der Akkuzellen Kohlenstoffdioxid gespart werden – angepeilt wird konkret eine um 60 Prozent CO2-ärmere Zellproduktion. Zum Einsatz sollen grüner Strom und recyceltes Material kommen. 

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Andreea Bensa-Cruz

Andreea Bensa-Cruz beschäftigt sich mit neuesten Technologien und Entwicklungen in der Forschung – insbesondere aus Österreich – behandelt aber auch Themen rund um Raumfahrt sowie Klimawandel.

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