Österreichische Mars-Simulation: Wertvolle Erkenntnisse für NASA
Zum Abschluss seiner Mars-Analog-Mission AMADEE-18 im Oman hat das Österreichische Weltraumforum in Wien ein erstes Resümee gezogen. "Diese Mission hat uns dem Mars ein Stück näher gebracht", meint Gernot Grömer vom ÖWF, der Field Commander von AMADEE-18.
"Wir kommen mit einem ganzen Rucksack voller Daten heim und jetzt beginnt die eigentliche Arbeit, die Analyse dieser Daten." Was man bereits jetzt sagen könne: Die Erkenntnisse der Mission liefern einen Beitrag zum Wissensstand über Marsmissionen, der real verwertbar ist und international große Anerkennung findet.
Im Raumanzug durch die Wüste
"Die Mission war unglaublich intensiv und sehr arbeitsreich", meint Grömer. 14-Stunden-Tage seien keine Seltenheit gewesen. Das 15-köpfige Feldteam im Oman, inklusive fünf Analog-Astronauten, die in Raumanzügen durch die Wüste wanderten, führte im Februar Experimente für 19 Teams aus aller Welt durch. Forscher aus 25 Nationen waren an AMADEE-18 beteiligt. Drei Wochen lang wurde die Mars-Mission-Simulation - inklusive 10-minütiger Kommunikationsverzögerung zur "Erde" - durchgeführt.
"Die Astronauten im Feld waren jedoch nur die Spitze des Eisbergs", meint Reinhard Tlustos, einer von vier Flight Directors im Mission Support Center in Innsbruck, das den irdischen Gegenpart zur Marsstation "Kepler" im Oman bildete. In Innsbruck und darüber hinaus seien wesentlich mehr Menschen an AMADEE-18 beteiligt gewesen, etwa um sich um die Planung des eng getakteten Tagesablaufs zu kümmern oder bei Fragen zu Abläufen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Bei einer realen Mission würde es genau gleich ablaufen, meint Tlustos: "Am Mars ist man schon genug mit dem Überleben beschäftigt... Im Oman ist es freilich nicht ganz so tragisch."
Drohnen-Navigation ohne GPS
Welch konkrete und direkt verwertbare Ergebnisse AMADEE-18 erzeugt hat, schildert in Wien Stephan von der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt. Die Uni ließ durch das Feldteam im Oman die Flugdrohne AVI-NAV testen. Genauer gesagt ging es dabei darum, herauszufinden, wie eine Drohne am Mars einzig anhand visueller Daten navigieren kann. "Am Mars gibt es kein GPS. Man muss auf Onboard-Sensoren zurückgreifen. Unsere Spezialität ist die kamerabasierte Navigation", meint Weiss. Dabei sei es notwendig, kontrastreiche Punkte in der Umgebung zu finden. "In der Wüste ist das teilweise nicht so leicht."
Eine der wertvollsten Einsichten, die man im Oman gewonnen habe, sei die Relevanz der Tageszeit für Drohnenflüge. "Der Abend oder die frühen Morgenstunden sind für uns besser wegen den Schattenwürfen." Die während AMADEE-18 gewonnenen Datensätze teilt die Uni nun mit dem Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA. Dort werde aktuell an der Programmierung einer Drohne namens Mars Helicopter Scout gearbeitet, die im Rahmen der Mars-2020-Mission neben einem neuen Rover am Mars abgesetzt werden soll. Weiss: "Das JPL muss im Juni mit der Programmierung der Drohne fertig sein. Für die NASA sind unsere Erkenntnisse sehr wertvoll."
38 Grad und Sandstürme
AMADEE-18 war bereits die zwölfte Mars-Analog-Mission, die das ÖWF durchgeführt hat. Im Verlauf der Jahre wurden verschiedenste Umgebungen als Testgebiete herangezogen, zuletzt etwa der Kaunertaler Gletscher in Tirol oder die Wüste Marokkos. Die Dhofar-Region in der Wüste des Oman war für die Forscher vor allem aufgrund besonders hoher Temperaturen (bis 38 Grad Celsius) und häufiger Sandstürme neu. "So etwas gab es in Marokko nicht", meint Grömer. Für die Robustheit der verwendeten Instrumente sei dies eine Belastungsprobe gewesen.
Neu im Oman war auch der Einsatz einer so genannten Explorationskaskade. Die Experimente im Oman griffen dabei ineinander. Erkenntnisse eines Experiments waren so etwa Voraussetzung für das Funktionieren eines anderen. Auch die Mitarbeiter von an AMADEE-18 beteiligten Institutionen aus aller Welt waren in viele Abläufe integriert, etwa zur sofortigen Analyse von Sensordaten. Grömer: "Damit konnten wir die Arbeitseffizienz der 'Mars'-Feldcrew im Vergleich zu früheren Missionen deutlich steigern"
Bessere Vorbereitung
Was sich bei AMADEE-18 ebenfalls im Vergleich zu früheren Missionen zeigte: Die Auswahl und Vorbereitung der Crew wirkt sich ganz entscheidend auf das Zusammenleben für längere Zeit in einem begrenzten Raum aus. "Das war unter anderem das Resultat besserer Planung", meint Grömer. "Es gab viele Trainings vor der Mission. Das Feldteam hat schon vor dem Aufbruch viel mehr Zeit miteinander verbracht." Ebenso ausschlaggebend für den Missions-Erfolg: Die Ernährung. Hier hat die FH für Gesundheitsberufe Oberösterreich die Planung übernommen und will das Befinden der Missionsteilnehmer im Missionsverlauf nun auswerten.
Engagierter Gastgeber Oman
Die Dhofar-Region im Oman war für AMADEE-18 ausgewählt worden, nachdem das ÖWF Wüstenregionen in aller Welt als Austragungsort evaluiert hat. Projektplanerin Sophie Gruber schildert: "Wir sind über 3000 Kilometer durch diverse Wüsten gefahren. Im Oman haben wir eine ideale Umgebung gefunden." Ausschlaggebend sei die lokale Gastfreundschaft gewesen. Rudolf Albrecht, die Verbindungsperson des ÖWF bei der UNO, hat bereits vor zwei Jahren Kontakt zur Delegation des Oman im Office for Outer Space Affairs der Vereinten Nationen aufgebaut. Der Oman hat sich begeistert an AMADEE-18 beteiligt.
Auf Initiative des Sultanats sei die "Kepler Station" in der Wüste mit einer aufblasbaren Struktur aus Wohn- und Arbeitsräumen ausgestattet worden. Die Umgebung der Missions-Basis sei zudem vom Militär abgesichert worden. "Die Zusammenarbeit hat in allen Bereichen wunderbar funktioniert. Es wäre ansonsten beispielsweise schwierig gewesen, den Behörden zu erklären, warum wir Raumfahrt-Ausstattung ins Land importieren", meint Projektplanerin Sophie Gruber.
1,5 Millionen Euro Kosten
Der Oman hat auch einen Großteil der Kosten für AMADEE-18 getragen, betont Gernot Grömer. Die restliche Finanzierung wurde durch Sponsoren und Kooperationspartner übernommen. Einen kleinen Teil trug auch das Land Tirol dazu bei. Die konkreten Kosten für die Mars-Analog-Mission beliefen sich laut ÖWF auf 1,5 Millionen Euro. Leistbar wurde die gesamte Mission allerdings nur, weil sämtliche Teilnehmer freiwillig mitmachten. Grömer: "Wenn man die Arbeitszeit der Beteiligten miteinberechnet, kämen wir auf 5,5 Millionen Euro."
Forschungsstandort
Die nächste AMADEE-Ausgabe könnte es im Jahr 2020 geben, meint Grömer. "Wir sind bereits auf einer Ebene angekommen, wo es um kleinste Faktoren für eine Marsmission geht. Der Teufel steckt im Detail." Sich diesen Details anzunähern, werde auch in Zukunft spannend. Die AMADEE-Missionen seien ein internationales Aushängeschild für den Forschungs- und Technologiestandort Österreich, davon ist nicht nur das ÖWF überzeugt, sondern auch Bundeskanzler Sebastian Kurz, wie er in einer Videobotschaft mitteilt. Die internationale Resonanz sei jedenfalls groß, meint ÖWF-Pressesprecherin Monika Fischer. Über die Mission im Oman sei sogar in Russland und China im Fernsehen berichtet worden.