Warum von "Wunderakkus" oft nicht viel übrig bleibt
“Neuer Wunderakku entwickelt” oder “Superakku bringt 1.000 Kilometer Reichweite” - solche Schlagzeilen liest man öfter. Doch meistens sind damit nur Entwicklungen im Labor gemeint, sagt Marcus Jahn, Batterieforscher am AIT Institute of Technology, bei einer Pressekonferenz am Dienstag.
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Damit es ein Akku von der Knopfzelle im Labor bis zur Marktreife schafft, um dann etwa in E-Autos verbaut zu werden, dauert es laut Jahn zwischen 10 und 19 Jahre. “Bei der gesamten Entwicklung - also vom Material bis hin zum fertigen Akku-Pack - gehen zudem 75 Prozent der ursprünglichen Energiedichte verloren”, sagt der Experte. Was ursprünglich als Wunderakku angepriesen wurde, ist als fertige Batterie oft gar nicht mehr so wundervoll.
Batterien vor einem Entwicklungssprung
Dennoch schreitet die Akku-Entwicklung mit großen Schritten voran. Reichweiten werden höher, Ladezeiten kürzer, Batterien langlebiger. Zudem bahnt sich ein Entwicklungssprung an - weg von Batterien mit flüssigem Elektrolyten, hin zu sogenannten Feststoffbatterien. Feststoffbatterien haben mehrere Vorteile: Sie gelten als sicher, weil vom festen Elektrolyten kein Brandrisiko ausgeht, wenn er beschädigt wird. Sie haben eine hohe Energiedichte, können pro Kilogramm also mehr Energie speichern als herkömmliche Batterien. Zudem können sie schnell geladen werden und haben geringere Leistungseinbußen im Winter.
“Für die Industrie war klar: Nach flüssig kommt fest, das ist ein harter Schnitt”, sagt Jahn. Mittlerweile ist man von diesem Weg abgekommen, die Entwicklung von einer All Solid State Battery (reine Feststoffbatterie) war dann doch aufwändiger als angenommen. “Mittlerweile geht man auch in Richtung Almost Solid State Batterys, also Fast-Feststoffbatterien”, so Jahn. “5 bis 10 Prozent Flüssigkeit sind dort weiterhin vorhanden.”
Reine Feststoffbatterie erst in 10 Jahren
Diese Hybrid-Feststoffbatterien würden bereits in 5 Jahren die Serienreife erreichen. Bis reine Feststoffbatterien auf den Markt kommen, wird es wohl noch um die 10 Jahre dauern, schätzt Jahn.
Teures Batterie-Recycling
180.000 E-Autos gibt es in Österreich, 3.000 kommen aktuell pro Monat hinzu. Wenn die Akkus dieser Fahrzeuge nach ihrem Lebensende recycelt werden, ist die Chance hoch, dass sie nach Premstätten bei Graz gebracht werden. Dort betreibt das Abfallunternehmen Saubermacher eine Recycling-Anlage für Batterien. “Wir nehmen dort alles - von der Knopfzelle bis zur Autobatterie”, sagt Manager Thomas Haid.
Zeitaufwändig
E-Auto-Akkus müssen dort zuerst tiefentladen werden, damit sie beim Rückbau nicht zu brennen anfangen. “Die Energie wird ins eigene Netz gespeist”, sagt Haid. Dann beginnt die großteils händische Demontage, bis zu 37 Arbeitsschritte sind je nach Batterie nötig. Das braucht Zeit: Fünfeinhalb Stunden sind nötig, um eine leere Batterie aufzubereiten, die Entladung kann zusätzlich noch bis zu 10 Stunden dauern.
Die Batterie-Einzelteile werden dann von anderen Unternehmen thermisch und mechanisch behandelt, um Metalle wie Aluminium, Kupfer und Eisen sowie die sogenannte Aktivmasse herauszulösen. Diese Aktivmasse - ein dunkelgraues bis schwarzes Pulver - ist ein kleiner Schatz: Lithium, Kobalt, Nickel, Graphit und Mangan befinden sich darin. Diese Stoffe voneinander zu trennen, ist allerdings komplex. “Bei den Metallen können wir 95 Prozent des Materials wiedergewinnen, insgesamt liegt die Recyclingeffizient liegt bei 70 Prozent”, sagt Haid.
Teuer
Die Kosten für das Batterierecycling sind allerdings noch hoch, die Preise liegen bei ab 5 Euro pro Kilogramm. Bei einem Tesla Model 3 mit einem 478-Kilogramm-Akku kostet also allein das Recycling mehr als 2.000 Euro. Bei Lithium-Eisenphosphat-Akkus, die weniger wertvolle Materialien enthalten, ist es sogar noch teurer.
Die Gesetzgebung in der EU treibt das Recycling von Batterien allerdings voran. Laut Batterieverordnung müssen bereits jetzt 50 Prozent des Gewichts einer Batterie recycelt werden. Bis 2023 werden diese Quoten stufenweise erhöht.
Dass dann in jedes E-Auto eine Feststoffbatterie eingebaut wird, glaubt Jahn nicht: “Ein Batterietyp wird nicht alles abdecken, es wird für verschiedene Ansprüche auch unterschiedliche Batterietypen geben.” Wer sein E-Auto nur zum Pendeln in die Arbeit nutzt, für den kann eine günstigere Batterie mit weniger Reichweite durchaus attraktiv sein. Wer häufig auf der Langstrecke unterwegs ist, greift vielleicht eher auf die teurere Feststoffbatterie zurück.
Ladetechnologie ist bereit
Alle Superakkus nützen allerdings nichts, wenn die Ladetechnologie diese nicht innerhalb von Minuten aufladen kann. Darüber müsse man sich allerdings keine Sorgen machen, meint Hauke Hinrichs, CEO von Smatrics, dem Betreiber des größten flächendeckenden Schnellladenetzes Österreichs. “Die Infrastruktur kann’s, aber noch kein Fahrzeug”, sagt Hinrichs und meint damit die hochmodernen Ladestationen mit bis zu 400 Kilowatt Ladeleistung.
In 15 Minuten kann dort genug Energie für 400 Kilometer Reichweite geladen werden. Die Ersten davon wurden heuer in Österreich errichtet, im kommenden Jahr werde man die ersten Stationen mit einer Leistung im Megawattbereich installieren. Für Privatkunden seien bereits geringere Ladeleistungen um die 300 Kilowatt ausreichend - damit kann man bequem sein Auto aufladen, während man etwa im Supermarkt einkauft.
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Besser für das Stromnetz
Hinrichs rechnet damit, dass das Laden an Schnellladestationen künftig zunehmen wird, besonders in Städten, wo eigene Ladeanschlüsse - etwa in der Garage - eher rar sind. Das würde sich auch positiv auf die Netzstabilität auswirken: “Große Schnellladeparks sind tendenziell an der Mittelspannung angeschlossen, wo es meistens keine Überlastungen gibt”, sagt Hinrichs.
Zudem könne man die Ladepreise auf die Stromverfügbarkeit anpassen - wird um die Mittagszeit viel Solarstrom ins Netz gespeist, könne man schnell zur Ladestation fahren, um sein Auto zu laden. “So kann man Überschussenergie in der Mittagszeit sinnvoll nutzen und hat abends weniger Ladebedarf - das zahlt doppelt ein”, sagt Hinrichs.