Technikphilosoph will „Medienbildung ab Kindergarten“
Unsere Welt ist digital. Für jedes Kind ist der Umgang mit neuen Technologien eine Realität - mit allen Vor- und Nachteilen. Was jedoch fehlt, ist „Medienbildung“. Gemeint ist nicht das Bedienen von Geräten sondern eine reflektierte und bewusste Nutzung von Technologien. Beginnen sollte man damit bereits im Kindergarten, ist der Medien- und Technologiephilosoph Mark Coeckelbergh überzeugt.
„Digitale Bildung für alle“
Bei den Alpbacher Technologiegesprächen beschäftigt sich am Freitag ein Arbeitskreis mit dem Thema „Digitale Bildung für alle“. Das Wissen, wie man neue Technologien benutzt, sei nicht das Problem. „Das lernen Kinder ganz leicht nebenbei“, ortete Coeckelbergh eher die Schwierigkeit in den Auswirkungen der Digitalisierung. „Technologien sind überall in unserem Leben und beeinflussen es sehr stark. Wir sind nicht nur abhängig von ihnen, sie machen uns auch süchtig“, gibt der Experte zu bedenken.
Den bewussten Umgang damit sollten wir deshalb schon sehr früh lernen, denn das bestimme, ob wir „hilflose Opfer dessen sind, was große Unternehmen entscheiden oder ob wir uns die Freiheit erhalten zu entscheiden, wie wir unser Leben leben wollen“. Grundsätzlich gehe es um die Frage, „wie kann ich Technologien auf gute Art und Weise in mein Leben integrieren, so dass sie es verbessern“.
Bildungssystem „erfüllt Bedürfnis nicht“
Um Entscheidungen treffen zu können, brauche es aber zunächst ein breiteres Wissen über unser Leben mit digitalen Medien und neuen Technologien. „Unser Bildungssystem sollte Kinder darauf vorbereiten, erfüllt dieses Bedürfnis zur Zeit aber nicht“, gab der gebürtige Belgier zu bedenken.
Am besten sollte ein reflektierter Umgang mit Technologien, Internet und Social Media in alle Unterrichtsfächer integriert werden. Wird im Sachunterricht das Thema Gesundheit angesprochen, könnte man auch die Auswirkungen von zu langer und unkontrollierter Nutzung von Smartphones diskutieren, gibt Coeckelbergh ein Beispiel: „Kinder erfahren auf diese Art, dass man den bewussten Umgang mit Technologien genauso lernen muss, wie rechnen und schreiben.“
Politik gefragt
Eine wichtige Rolle schreibt Coeckelbergh der Politik zu. Sie könne sicherstellen, das ethische und gesellschaftliche Aspekte idealerweise bereits im Entwurfsstadium neuer Technologien berücksichtigt werden. „Ein bisschen“ bemühe sich die EU-Kommission bereits in der Forschungsförderung darum. „Das könnte ein generelles Modell sein, dass Regierungen Innovationsförderungen an die Voraussetzung knüpfen, ethische Aspekte zu berücksichtigen“, sagte Coeckelbergh, der selbst Mitglied der Expertengruppe „Artificial Intelligence“ der EU-Kommission und des österreichischen Robotik-Rats ist.
Entsprechend des großen Einflusses auf die Gesellschaft sollten neue Technologien von öffentlichen Interesse sein, Entscheidungen nicht allein Ingenieuren und gewinnorientierten Unternehmen überlassen werden. „Eine wichtige Aufgabe der Politik wäre es, dafür zu sorgen, dass es eine demokratische Mitbestimmung bei technologischen Fragen gibt. Dass alle Menschen, die unsere Wirtschaft ausmachen, eine Stimme im Prozess haben. Es sollte mehr öffentlich diskutiert werden“, meinte Coeckelbergh.