Science

Welche Verpackung nachhaltig erscheint und welche es wirklich ist

Verpackungen von Lebensmitteln müssen eine ganze Reihe von Anforderungen erfüllen. Was darin steckt, soll frisch und lecker bleiben. Was man darauf erkennt, soll möglichst ansprechend und informativ sein. Was damit passiert, sobald die Verpackung geöffnet ist, soll möglichst umweltverträglich sein. Im besten Fall wird möglichst viel davon wiederverwertet, um im Sinne der Kreislaufwirtschaft Ressourcen zu schonen.

Das internationale von der European Cooperation in Science and Technology (COST) geförderte Forschungsprojekt Circul-A-Bility untersucht, wie nachhaltige Lebensmittelverpackungen von Unternehmen und Konsument*innen angenommen werden und wie man ihre Verbreitung steigern kann. Die FH Campus Wien hat dabei die Leitung eines Teilbereichs übernommen.

10 Prozent des Fußabdrucks

„Im Schnitt trägt die Verpackung 10 Prozent zum ökologischen Fußabdruck eines Produktes bei", sagt Victoria Krauter, Leiterin des Kompetenzzentrums für Sustainable and Future Oriented Packaging Solutions der FH Campus Wien. „In der Forschung tauchen bisher nur wenige Details zu Verpackungen auf, obwohl sie eine wichtige Funktion haben." Im Projekt Circul-A-Bility soll die Forschungslage umfassend verbessert werden. Über 200 Wissenschaftler*innen aus 34 Ländern – großteils sind europäische Länder beteiligt, aber auch beispielsweise Südafrika, Neuseeland und Nigeria – kreieren dabei ein Netzwerk, das gemeinsam Wege erarbeiten soll, um Verpackungen nachhaltiger zu gestalten.

Mehr Material im Osterei

Wozu es bisher laut Krauter noch wenig gesicherte Erkenntnisse gibt, sei, welche indirekten Umwelteinflüsse Verpackungen aufweisen. „Wie viel Abfall vermeiden Verpackungen etwa, weil sie ihre Lebensmittel schützen? Wie schafft man es, Verpackungen so zu gestalten, dass man sie möglichst dicht packen kann, um Treibhausgasemissionen beim Transport zu vermeiden? Was passiert mit Verpackungen von Verpackungen, etwa auf Transportpaletten?" Um Fragen wie diese zu beantworten, wird auch die tatkräftige Unterstützung von Studierenden aus den Bachelorstudien Nachhaltige Verpackungstechnologie, Nachhaltiges Ressourcenmanagement und Masterstudium Packaging Technology and Sustainability herangezogen.

Aktuell versuchen Student*innen etwa herauszufinden, wie sich saisonale Verpackungen – etwa zu Weihnachten oder zu Ostern – auf den ökologischen Fußabdruck von Produkten auswirken: „Wie viel mehr Material benötigt man etwa, wenn 12 Pralinen statt in einem Quader plötzlich in Form eines Sterns oder eines Ostereis verpackt sind?" Verpackungen für Cerealien und Süßwaren stehen im Fokus der FH Campus Wien, weil sie die Leitung über genau jene Arbeitsgruppe im Projekt innehat. Andere Gruppen beschäftigen sich etwa mit Früchten und Gemüse, Fleisch und Fisch oder Milchprodukten.

Anschein und Tatsache

Das Projekt laufe insgesamt 4 Jahre, derzeit befinde man sich in etwa bei der Halbzeit, erklärt Krauter. In der aktuellen Phase liege ein Schwerpunkt darauf, zu ermitteln, wie Unternehmen an Innovationsprozesse bei Verpackungen herangehen. „Wir haben dabei oft gesehen, dass diese Prozesse nicht klar strukturiert sind. Die Ideenfindung könnte man verbessern und Unternehmen bei der Umsetzung unterstützen", sagt Krauter. Es sei auch wichtig zu erkennen, welche Faktoren Unternehmen dabei behindern, nachhaltigere Verpackungen zu verwenden. „Die Investition in neue Maschinen ist oft ein Hemmschuh. Die sind riesengroß und teuer. Man muss sich schon sicher sein, dass ein neues Material mit einer bestimmten Maschine auch tatsächlich verarbeitbar ist."

Ein zweiter aktueller Schwerpunkt sei die Sichtweise von Konsument*innen. „Wir haben uns etwa den Unterschied zwischen Frühstückscerealien angesehen, die entweder in einem Karton und darin in einem Kunststoffbeutel verpackt sind und solchen, die nur in einem Kunststoffbeutel stecken." Einerseits hätte man bei ersterer Variante zwei Materialien, die sich leicht separat recyceln lassen. Andererseits hat die Verpackung dadurch insgesamt mehr Gewicht, der Kunststoffbeutel allein hat den kleineren CO2-Fußabdruck. Auf Konsument*innen wirkt der Karton aber nachhaltiger.

Vier-Punkte-Matrix

Ein generelles Rezept für nachhaltige Verpackungen gebe es laut Krauter nicht. Für jedes Lebensmittel gebe es unterschiedliche Anforderungen. In jedem Fall gelte eine Vier-Punkte-Matrix: Eine Verpackung müsse effektiv sein, also ihre Aufgabe gut erfüllen, ein Lebensmittel zu transportieren und man müsse sie leicht öffnen können. Außerdem solle sie effizient sein, also aus möglichst wenig Material bestehen. Sie solle sicher für Mensch und Umwelt sein und nicht zuletzt kreislauffähig.

Semesterchallenge mit Partnerfirmen

Jedes Jahr wird im Rahmen des Projekts Circul-A-Bility eine Konferenz veranstaltet, bei der Projektpartner und Studierende genauso wie Unternehmen aus der Verpackungsindustrie zusammenkommen, um sich auszutauschen. Für Studierende veranstaltet die FH Campus Wien außerdem eine Training School. In diesem Jahr wird sie auf Kreta stattfinden. „Wir werden dort unter anderem einen Store Check machen und Produkte in verschiedenen Verpackungen kaufen. Gemeinsam mit den Studierenden werden wir analysieren, wie recyclingfähig diese wirklich sind und Konzepte erarbeiten, wie man die Recyclingfähigkeit verbessern kann."

Im Bachelorstudium Nachhaltige Verpackungstechnologie stellen Studierende ihr Wissen zu Circular Packaging und Ressourcenschonung regelmäßig unter Beweis. Bei der Semesterchallenge in Kooperation mit (Marken-)Artikelherstellenden und Unternehmen der Verpackungsindustrie – heuer beispielsweise der Süßwarenhersteller Manner – entstehen praxisorientierte Lösungen. „In der Vergangenheit sind bei der Challenge bereits tolle Ideen herausgekommen", sagt Krauter. Eine Verpackung für den Uhrenhersteller Holzkern sei u.a. für den Staatspreis Smart Packaging nominiert worden.

 

Dieser Artikel ist im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und FH Campus Wien entstanden.

Klicken Sie hier für die Newsletteranmeldung

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Energie, Mobilität und Klimaschutz. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

mehr lesen