Start-ups

40 Kilometer lange Kartoffelkanone soll Satelliten ins All schießen

Eine Potato-Gun - auf Deutsch Kartoffelkanone oder Gümbel genannt - ist eine improvisierte, meist selbstgebaute Kanone. Die Kartoffel diente dabei, zumindest früher, oft als Projektil. Bei solchen Bastlerprojekten werden die Erdäpfel in der Regel mittels Druckluft beschleunigt und manchmal sogar einige hundert Meter weit geschossen. 

Das Start-up namens Longshot will dieses Konzept an die technisch machbaren Grenzen treiben. Eine riesige Potato-Gun soll Projektile auf bis zu Mach 26 (rund 32.100 km/h) beschleunigen. Damit soll es möglich sein, Objekte in den Orbit zu befördern. 

Die Idee klingt ziemlich verwegen. Sollte es sich aber als machbar herausstellen, könnte damit die moderne Raumfahrt revolutioniert werden. Das Start-up hat, eigenen Angaben zufolge, bereits prominente Investoren an Bord. Dazu gehören etwa der OpenAI-CEO Sam Altman und die US Air Force

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Das Konzept

Mike Grace, CEO und Gründer von Longshot, will eine mehrere Kilometer lange Potato-Gun bauen, mit der es möglich sein soll, kleine Satelliten in den niedrigen Erdorbit zu schießen. Insgesamt 3 Modelle möchte er realisieren: Baby Bear, Momma Bear und Pappa Bear. Letztere soll zwischen 30 und 40 Kilometer lang sein und einen Durchmesser von mehr als 9 Metern aufweisen. 

Die extreme Länge sei notwendig, damit das Projektil vergleichsweise langsam beschleunigen kann und dadurch möglichst niedrige g-Kräfte entstehen. In einem Interview mit NewAtlas spricht Grace von angepeilten 100g bis 150g. Das sei zwar deutlich zu viel, um Menschen ins All zu schießen, aber immer noch wesentlich weniger als bei herkömmlichen Gewehren und Geschützen, wo schnell mal mehrere 10.000g entstehen. 

Die Satelliten will Longshot nicht mit einem einzigen Druckluftstoß beschleunigen. Vielmehr sollen entlang des Startrohres mehrere Druckluftbehälter - später soll Wasserstoff verwendet werden - installiert werden, die immer dann gezündet werden, wenn das Projektil an ihnen vorbeischießt. Um den Luftwiderstand zu reduzieren, soll im Rohr ein Vakuum erzeugt werden. Das erinnert an Hyperloop.

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Wie umgekehrte Meteoriten

Eine Herausforderung ist auch die extrem hohe Geschwindigkeit von bis zu 32.100 km/h. In diesem Bereich werde nämlich die Luft vor dem Projektil zu Plasma, erklärt der Longshot-Gründer. Daher müssten Satelliten in eine Schutzhülle gepackt werden, die beim Austritt aus dem Startrohr abgeworfen wird oder verbrennt.

Wenn Objekte auf diese Art in den Orbit gebracht werden, sind sie in etwa mit umgekehrten Meteoriten vergleichbar. Sie treten nicht am oberen Ende in die Erdatmosphäre ein, sondern am unteren Ende. In beiden Fällen entsteht extreme Hitze, wodurch die Luft ionisiert wird. 

Derzeit hat Longshot eine mehrere Meter lange Potato-Gun mit einem Durchmesser von 15 Zentimetern im Einsatz. Sie wurde bereits mehr als 100-mal abgefeuert und beschleunigte dabei Projektile auf mehr als Mach 4,2 - rund 5.200 km/h. Allerdings wirken auf das Projektil dabei Kräfte von bis zu 30.000g.

Das Start-up hat außerdem schon eine 36,6 Meter lange Kanone mit einem Durchmesser von 76 Zentimeter gebaut. Diese wäre einsatzbereit, es muss aber noch auf eine entsprechende Genehmigung gewartet werden, bevor die Tests beginnen können. Wenn sich auch diese Kanone als stabil herausstellt, soll das Startrohr auf 488 Meter erweitert werden. 

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Es wird noch dauern

Es müssen also noch zahlreiche Hürden bewältigt und ebenso viele technische Herausforderungen gemeistert werden, bis mit einer Potato-Gun tatsächlich kleine Satelliten in den niedrigen Erdorbit geschossen werden können. Sollte der Longshot-Gründer mit diesem Projekt erfolgreich sein, könnten die Kosten für Satellitenstarts dadurch drastisch reduziert werden. 

Mit der riesigen Kartoffelkanonen soll es möglich sein, den Preis für den Transport in den Orbit auf 10 Dollar pro Kilogramm zu senken. Nutzt man eine Falcon-9-Rakete von SpaceX, belaufen sich derzeit die Kosten auf rund 3.000 Dollar pro Kilogramm.

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Florian Christof

Großteils bin ich mit Produkttests beschäftigt - Smartphones, Elektroautos, Kopfhörer und alles was mit Strom betrieben wird.

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