Kreative Gründer wollen mit vernetzten Socken und smarten Feuerzeugen die Start-up-Szene erobern. Das Io2 Hub stellt ihnen Geld und Kontakte nach China in Aussicht.
Im Wiener Coworking space Io2 Hub fanden sich am vor kurzem Start-ups und Investoren zum "Pitching Day" ein. Gründerteams präsentierten ihre Geschäftsideen, um finanzielle und strukturelle Förderungen zu erhalten.
Start-ups, die vom Io2 Hub ausgewählt werden, erhalten bis zu 150.000 Euro und sechs bis zwölf Monate strukturelle Förderung. Sie bekommen einen Arbeitsplatz in Wien zur Verfügung gestellt und können nach Shenzhen in China fliegen, um dort mit einem Entwicklerteam an ihrem Produkt zu feilen. Durch die Kontakte in China soll der Weg zur billigen Massenproduktion geebnet werden. Partner in Hongkong bilden eine Drehscheibe für den internationalen Vertrieb. Auch die Möglichkeit, Verbündete im Silicon Valley zu finden, steht in Aussicht.
"Ich habe für dieses Projekt mein Haus verkauft"
Das Inkubatorprogramm geht damit in die zweite Runde, nachdem der Io2 Hub 2015 bereits Projekten wie Livin Farms zum Erfolg verholfen hat. Während Livin Farms, eine Insektenfarm für zuhause, von Industriedesignerin Katharina Unger initiiert wurde, sind unter den aktuellen Kandidaten nur Männer. In der österreichischen Gründerszene sieht es auch sonst nicht viel anders aus: Laut Austrian Startup Report ist die Mehrheit der Community männlich.
Hinter dem umfangreichen Unterfangen des Io2 Hub steht jedoch eine Frau.Isabelle Richardist selbst Unternehmerin und will in den nächsten fünf Jahren 300 Start-ups auf die Beine helfen. Dafür sollen bis zu 18 Millionen Euro in die Hand genommen werden. Um denIo2 Hub ins Leben zu rufen, habe sie sogar ihr eigenes Haus verkauft, so Richard. Sie hat ein Team aus Top-Managern und Marketingexperten zusammengerufen, das die Start-ups auswählt und ihnen beiseite steht. Zum Pitching Day waren auch potenzielle Geldgeber aus der Privatwirtschaft eingeladen. Richard selbst hat jahrelange Erfahrung in der Zusammenarbeit mit chinesischen Herstellern. Die gebürtige Französin war in der Produktentwicklung tätig und mit dem Import der fertigen Ware aus Asien befasst. Aus dieser Zeit stammen zahlreiche Kontakte zu Investoren und Herstellern, die sie den Start-ups zugänglich machen will.
Intelligente Dinge
"Es ist gar nicht so einfach, Gründer mit vielversprechenden Ideen aufzutreiben, aber wir finden immer einen Weg", sagt die Visionärin über eine der Herausforderungen, denen sie bisher begegnet ist. Ihre Bestrebungen waren offenbar von Erfolg gekrönt, denn am 24. August stellten sich zahlreiche Start-ups aus ganz Europa dem Urteil der Investoren. Skype-Gespräche mit Kandidaten aus Hongkong, Belgien und den Niederlanden stehen noch aus.
Richard sucht vor allem nach Talenten, die Ideen für smarte Produkte mitbringen. Viele der Start-ups, die zum Pitching Day eingeladen wurden, beschäftigen sich dementsprechend mit dem „Internet of Things“. Ein Jungunternehmer, der laut eigenen Aussagen noch nie geraucht hat, entwickelt etwa ein intelligentes Feuerzeug. Das Team vonu:plugaus Kroatien hatte eine smarte Steckdose mit USB-Anschlüssen, Wifi-Verstärker und Handyhalterung im Gepäck. Auch bei den anderen Start-ups liegt es im Trend, Dingen ein Gehirn zu verleihen. Smarte Babysocken und intelligente Einkaufswagerl waren ebenso vertreten wie ein Spiegel mit Chatbot.
Kickstarter-Diebe
Xioneer, ein Start-up, das bereits beim Pioneers Festival 2015 vertreten war, macht den 3D-Druck für Kleinunternehmen leistbarer. „Wir sind durch einen futurezone-Artikel auf das Io2-Hub gestoßen“, sagt einer der Gründer. Ein Entwickler aus Ungarn will mit einem Fahrrad-Gadget erfolgreich werden. „Das ist bereits mein drittes Start-up, die ersten zwei sind gescheitert. Ich habe viel daraus gelernt“, spricht er offenherzig über Misserfolge. Aus dem Publikum tönt immer wieder die gleiche Frage: „Und was unterscheidet Sie von der Konkurrenz?“
Zwischen den fünfminütigen Pitches werden bereits fleißig Visitenkarten ausgetauscht. Eine App, die Kontaktdaten auf Papier überflüssig macht, hat sich wohl noch nicht eingebürgert. Wenig beliebt sind bei den Start-ups auch diverse Crowdfunding-Plattformen. Findet eine Idee auf Seiten wie Kickstarter oder Indiegogo viel Zuspruch, wird sie oft kurzerhand von etablierten Firmen übernommen. Software wirksam zu patentieren, sei schwierig. „Wir können unseren Quellcode zwar schützen lassen, aber Programmierer werden immer einen Weg finden, die gleichen Features auf andere Weise umzusetzen“, sagt Arkadi Jeghiazaryan vom AR-Start-upAmlogy. Aus diesem Grund sei es sehr wichtig, das Produkt schnell auf den Markt zu bringen, bestätigt auch Isabelle Richard. Genau dabei will sie ihre Schützlinge unterstützen.