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Mit SimplyGo führen die ÖBB ein GPS-Ticket für ganz Österreich ein

© David Kotrba

Apps

ÖBB führen österreichweites GPS-Ticket SimplyGo ein

Einfach einsteigen, irgendwohin fahren und sich nicht mit Ticketautomaten beschäftigen müssen: Das ist das große Versprechen des GPS Ticketing. Mit Smartphone und Navigationssatelliten wird der zurückgelegte Weg mitverfolgt. Die Kosten dafür werden automatisch vom Konto abgebucht. Das Prinzip ist in Teilen Österreichs bereits bekannt, nun führen die ÖBB ein landesweites System ein: SimplyGo!

"So flexibel und spontan haben sich Kund*innen noch nie im öffentlichen Verkehr fortbewegen können", erklärt ÖBB-Personenverkehr AG Vorständin Sabine Stock. "Im Nachhinein sucht SimplyGo das beste Angebot aus den verfügbaren Standard-, Einzel-, Tages- und 24-Stunden-Tickets, die im ÖBB-Ticketshop gekauft werden können. Mit der Möglichkeit, die ÖBB Vorteilscard und Verkehrsverbund-Jahreskarten zu hinterlegen, werden Ermäßigungen automatisch erfasst - das lästige Suchen nach dem richtigen Ticket oder der Stadtgrenze fällt in Zukunft weg."

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Mit der Einführung von SimplyGo erscheint die ganze ÖBB-App in einem neuen Look

Wie es funktioniert

Um SimplyGo nutzen zu können braucht man ein Smartphone mit Android ab Version 6.0 oder ein iPhone mit iOS 15 oder höher. Darauf muss die ÖBB-App installiert sein und man muss ein Kundenkonto bei den ÖBB besitzen. Im persönlichen Profil muss man die Funktion SimplyGo aktivieren, die anschließend in der Menüleiste am unteren Bildschirmrand auftaucht. Wichtig ist auch, dass man die Daten einer Kredit- oder Debitkarte als Zahlungsmittel angibt. Wird man danach gefragt, muss man der App erlauben, die GPS-Ortung zu verwenden.

Will man nun einen Zug, einen Postbus, eine Straßen- oder U-Bahn besteigen, drückt man in der App auf SimplyGo. Dort sieht man den Namen der Haltestelle, an der man angeblich steht - im Zweifelsfall muss man die richtige auswählen. Dann wischt man nach rechts und hat so den "Check-in" erledigt.

Man fährt nun zum gewünschten Ziel und kann dabei beliebig oft das Verkehrsmittel wechseln. Ist man angekommen, macht man in der ÖBB-App einen "Check-out". Die Summe für alle Tickets, die man für den zurückgelegten Weg gebraucht hat, wird am nächsten Tag abgebucht. Mit SimplyGo kann man sämtliche Verkehrsmittel in Österreich nutzen, für die man auch ansonsten im ÖBB-Ticketshop Fahrscheine beziehen kann.

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Kontrolleur*innen wird ein QR-Code gezeigt, wenn man mit SimplyGo unterwegs ist

Klingt einfach, ist es aber nicht immer

Das alles klingt einfach, ein paar Tücken hat es aber. Kommt eine Schaffner*in, kann man am Smartphone einfach ein Ticket samt QR-Code vorweisen, das zeigt, dass man gerade mit SimplyGo unterwegs ist. Ist allerdings der Akku leer - mit eingeschaltetem GPS geht das schneller -, dann ist es so, wie wenn man ohne Ticket fährt. ÖBB-Züge sind immerhin gut mit Steckdosen ausgestattet, aber das Ladegerät auf die Reise mitzunehmen wäre kein Fehler.

Eine Rundreise zu machen, also den Check-in und Check-out an derselben Haltestelle zu tätigen, geht auch nicht. Es muss eine klare Hin- und Rückfahrt geben, man muss also zwischendurch aus- und wieder einchecken, wenn man sich im Kreis bewegen will. Kinder kann man mit SimplyGo nur mitnehmen, wenn sie ohnehin kein Ticket bräuchten. Für Hunde und Fahrräder kann man damit nicht bezahlen. Auch Sitzplatzreservierungen oder Fahrten in der 1. Klasse sind damit nicht möglich.

Vergisst man den Check-out, erhält man eine Erinnerung als Push-Nachricht von der ÖBB-App. Wie Vanessa Macho, Projektleiterin von SimplyGo, erklärt, erkennt die App durch Auswertung von Bewegungssensor-Daten, ob man aus einem zunächst fahrenden Verkehrsmittel ausgestiegen ist und sich nun zu Fuß bewegt. Reagiert man als Nutzer*in auf die Check-out-Warnung nicht, wird die mitverfolgte Reise um 4:00 Uhr am nächsten Tag automatisch beendet.

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Erinnerung an den Check-out per Push-Nachricht

Erfahrung mit Fairtiq gesammelt

Der Einführung von SimplyGo geht bei den ÖBB jahrelange Recherche voraus. Anschauen konnte man sich das Prinzip u.a. in Vorarlberg. Dort gibt es GPS-Ticketing bereits seit 2018. Man setzt auf das System des Schweizer Unternehmens Fairtiq, mit dem es anderswo im Lande ebenfalls Tests gab, etwa 2020 im Verkehrsverbund Ost-Region. Auch die ÖBB haben GPS-Ticketing bereits jahrelang getestet. Fairtiq bildet ebenfalls die Basis für die SimplyGo-App.

Bei Pilotprojekten habe man auch viele Probleme erkannt, die in der Praxis auftreten und versucht, sie bei der Gestaltung der neuen ÖBB-App mit SimplyGo zu lösen. Die große Befürchtung eines Ausfalls des Smartphones sei etwa nicht ganz so schlimm, weil bis zum Zeitpunkt des Ausfalls Daten gesammelt wurden, erklärt Heinz Freunschlag, Vorstand für Digitalisierung bei der ÖBB Personenverkehr AG. Bei einer Reklamation im Nachhinein könne man also durchaus erkennen, ob Nutzer*innen SimplyGo genutzt und eingecheckt haben, bevor sie beim vermeintlichen "Schwarzfahren" erwischt wurden. Ungemach mit Kontrolleur*innen erspart man sich dadurch zwar nicht, aber Strafen.

Daten nur auf ÖBB-Servern

Für die Mitarbeiter*innen der Verkehrsunternehmen, die Teil von SimplyGo sind, hat man sich ebenfalls Nützliches einfallen lassen. Beim Vorweisen des SimplyGo-Tickets ist etwa eine kleine Animation erkennbar. Durch sie sollen Ticketkontrolleur*innen sofort sehen, ob ihnen ein alter Screenshot gezeigt wird oder ein gültiger Nachweis einer Fahrt mit SimplyGo.

Da beim neuen GPS-Ticketing-System umfassende Bewegungsdaten von Personen gesammelt werden, ist der Datenschutz eine kritische Frage. Sämtliche Daten werden gut gesichert auf den Servern der ÖBB Personenverkehr gelagert, meint Projektleiterin Macho dazu. An andere Unternehmen weitergegeben werden sie nicht.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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