Warum Österreich lebensnotwendig für die globale Chip-Branche ist
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Eine Welt ohne Computerchips kann man sich heute kaum noch vorstellen. In beinahe jedem Gerät sind die Prozessoren verbaut. Sie sorgen dafür, dass die Kaffeemaschine funktioniert, steuern im Auto Licht und Motor und ermöglichen es uns, uns mit unseren Smartphones und Computern virtuell zu vernetzen.
Chiphersteller wie Intel, Samsung oder das taiwanesische TSMC zählen zu den wertvollsten Unternehmen der Welt, der Apple-Zulieferer TSMC ist mit einem Wert von 414 Milliarden Dollar etwa der wertvollste börsennotierte Konzern Asiens. Doch auch die Fertigungskette für Computerchips ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied, und unzählige Glieder greifen ineinander. Ein besonders wichtiges befindet sich mit IMS Nanofabrication etwa in Österreich.
Marktführer bei "Elektronen-Multistrahl-Maskenschreibern"
Das Unternehmen ist außerhalb der Branche kaum bekannt. Das liegt wohl daran, dass IMS Nanofabrication tiefer in der Fertigungskette liegt. Um die Chips überhaupt herstellen zu können, benötigt es nämlich mehrere hochkomplexe Maschinen. Auf eine davon ist IMS Nanofabrication spezialisiert. Die Firma mit Hauptsitz in Brunn am Gebirge stellt Elektronen-Multistrahl-Maskenschreiber her. Mit diesen Maskenschreibern können Fotomasken hergestellt werden, die als eine Art Schablone für Computerchips dienen.
Die Herstellung von Computerchips kann man sich grob als ausgefeiltes Druckverfahren vorstellen. Solche Chip-Drucker werden vom niederländischen Hersteller ASML gebaut, 2022 wurden laut Unternehmensbericht knapp 350 Stück verkauft. Die teuren Maschinen kosten bis zu 200 Millionen Euro pro Stück, die nächste Generation der Geräte soll mehr als 300 Millionen Euro pro Stück kosten. Ein Preis, den die Chipriesen bereit sind, zu zahlen.
Doch die Maschinen von ASML sind nur ein Teil der Fertigung. “Ohne Fotomasken sind die 150 Millionen teuren Maschinen nur Briefbeschwerer”, heißt es etwa in einem Bericht des Halbleiterexperten Dylan Patel. Er schätzt den Marktanteil der Multistrahl-Maskenschreibern von IMS Nanofabrication auf über 95 Prozent. Dementsprechend hoch ist auch die Nachfrage nach den Maschinen aus Niederösterreich.
Belichtung von Siliziumwafer
Um den Erfolg von IMS Nanofabrication zu verstehen, muss man zunächst wissen, wie Mikrochips hergestellt werden. Dünne Scheiben aus Silizium werden mit Fotolack bedeckt, wobei dieser bei Lichteinstrahlung aushärtet. Die nicht ausgehärteten Flächen werden entfernt und der Fotolack wird wieder abgelöst. Dann beginnt der ganze Prozess wieder von vorn, bis zu 70 Belichtungsschritte sind bei komplexen Chips nötig.
Um das Licht dorthin zu lenken, wo der Fotolack ausgehärtet werden muss, kommen die Fotomasken ins Spiel. Sie dienen als Projektionsvorlage für die Chipstrukturen und müssen bei jedem Belichtungsschritt ausgewechselt werden. Die Masken selbst werden ähnlich hergestellt wie die Chips, anstelle des ultravioletten Lichts werden allerdings Elektronenstrahlen zur “Belichtung” verwendet. So können viel feinere Strukturen herausgearbeitet werden als bei Lichtstrahlen.
Schneller und genauer
Während die Konkurrenz von IMS Nanofabrication mit nur einem Strahl arbeitet, schreibt die Maschine des österreichischen Unternehmens mit 262.144 Elektronenstrahlen. Der komplexere Prozess hat den Vorteil, dass Masken deutlich schneller – unter 10 Stunden – angefertigt werden können. Die Konkurrenz braucht 5- bis 6-mal so lange.
Doch nicht nur bei der Geschwindigkeit, auch bei der Genauigkeit ist IMS Nanofabrication Weltklasse. Als einer der wenigen Fertiger kann das Unternehmen aus Österreich Maskenschreiber für eine 5-Nanometer-Chiparchitektur und darunter herstellen.
Als Faustregel gilt dabei: Je kleiner die Strukturen gefertigt werden können, desto enger können Transistoren auf einem Chip angeordnet werden. Das macht sie effizienter, sie schaffen mehr Rechenleistung bei geringerem oder gleichem Stromverbrauch. So nutzt Apple die 5-Nanometer-Architektur sowohl in seinen M2-Chips, die in Mac-Computern verbaut sind, als auch in den A15- und A16-Chips der neuesten iPhones.
Verschwiegenes Millionenunternehmen
Auf futurezone-Anfrage gibt man sich bei IMS Nanofabrication verschlossen. Weder Fragen nach Umsatz, Kunden, ungefähren Kosten pro Maskenschreiber noch Personalstand werden beantwortet. Stattdessen verweist man darauf, dass Daten zur strategischen Ausrichtung des Unternehmens leider nicht geteilt werden können. Entsprechend rar sind auch wirtschaftliche Zahlen zum Unternehmen. Das deutsche Fraunhofer-Institut für Siliziumtechnologie, ein Partner von IMS Nanofabrication, schrieb dem Unternehmen 2021 einen Jahresumsatz von 400 Millionen US-Dollar (365 Mio. Euro) zu. Bezogen auf die rund 500 Mitarbeiter*innen ist das ein außerordentlich guter Wert.
Auch mit dem taiwanesischen Unternehmen TSMC ist IMS Nanofabrication eng verbunden, die Zusammenarbeit geht Jahre zurück. 2012 beteiligte sich der Chiphersteller an der Entwicklung ihres Maskenschreibers – damals noch in der 10-Nanometer-Architektur. Ein weiterer damaliger Partner war der US-amerikanische Halbleiter-Gigant Intel, der IMS Nanofabrication im Jahr 2016 still und leise aufkaufte und in ein Tochterunternehmen umwandelte.
Intel-Chef: "Fast der einzige Hersteller von EUV-Masken"
Intel-Chef Pat Gelsinger stattete IMS erst Anfang des Jahres einen Besuch ab und lobte ihre Entwicklung: “IMS ist fast der einzige Hersteller von EUV-Masken. Es ist eine außergewöhnliche Technologie und ein Herzstück, um das Mooresche Gesetz weiterhin halten zu können.” Dieses Gesetz besagt, dass sich die Anzahl an Transistoren auf Computerchips etwa alle 2 Jahre verdoppelt.
Zum Einstand von Gelsinger, der seit Februar 2021 Intels Geschäfte leitet, ließ ihm IMS Nanofabrication übrigens eine Plakette zukommen. In dieser war mit 262.000 Elektronenstrahlen eingraviert: “Zusammen werden wir Intels Zukunft schreiben”.
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