Österreichische Firmen verpassen die Digitalisierung
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Das Blumengeschäft „Corandra“ in Eberndorf/Kärnten beschafft seine Pflanzen fast ausschließlich via Internet, hat eine eigene App zur Kommunikation mit Kunden und richtet gerade einen modernen Webshop samt blumigem YouTube-Video ein. Damit erreicht der Kleinbetrieb einen Digitalisierungsindex von immerhin 33 Prozent. Laut Studie des Beratungsunternehmens Arthur D. Little und der WU Wien ist dies ein überdurchschnittlich hoher Wert für die so genannte digitale Transformation eines Unternehmens. Insgesamt 1100 Klein- und Mittelbetriebe (KMU) aus sieben Branchen wurden im Auftrag der Wirtschaftskammer (WKO) zum Thema Digitalisierung befragt. Das Ergebnis ist eher ernüchternd:
„Der Großteil der befragten KMU fällt in die niedrigsten Kategorien ’digitale Neulinge’ oder ’digital bewusst’“, fasst Studienleiterin Sarah Gillessen zusammen. Der durchschnittliche Digitalisierungsindex rutschte gegenüber der ersten Erhebung im Vorjahr sogar von 32 auf 27 Prozent ab. WK-Wien-Chef Walter Ruck erklärt den Rückfall mit einer „realistischeren Einschätzung als noch vor einem Jahr“. Das zeigt sich vor allem beim Datenschutz: Von der Umsetzung der EU-Datenschutzverordnung (DSGVO) fühlen sich 83 Prozent der Betriebe betroffen, 2017 waren es nur 32 Prozent. Am stärksten digitalisiert ist die Bankenbranche (30 Prozent), die erstmals die IT-Branche überholte. Das Gewerbe & Handwerk hinkt mit 21 Prozent weit hinterher.
Fehlendes Know-how
Als größte Hindernisse für digitale Prozesse wurden fehlendes Know-how und fehlende finanzielle Ressourcen genannt. „Bei fast der Hälfte, 48 Prozent, besteht großer Bedarf an Beratung und Unterstützung bei der Umsetzung der digitalen Transformation“, sagt Alfred Harl, Obmann der Sparte Unternehmensberatung/IT in der WKO. Harl fordert daher von der Regierung einen Ausbau des Förderprogramms „KMU Digital“ sowie eine umfassende „Digitalisierungs-Offensive“. Dazu gehört auch die Infrastruktur. 37 Prozent der befragten KMU wünschen sich ein leistungsstarkes Internet. In ländlichen Gebieten besteht großer Nachholbedarf.
Auch das „Trendbarometer 2018“ des Automatisierungsspezialisten Festo hält Österreichs Betriebe für Nachzügler in Sachen Digitalisierung. „Es mangelt an Fachkräften und Wissen um neue Technologien“, sagt Festo-Österreich-Chef Rainer Ostermann. So glaubt mehr als die Hälfte der 200 befragten Industriebetriebe nicht, dass Roboter in Zukunft sehr oder eher relevant sein werden. „Während hier noch über Robotik und künstliche Intelligenz nachgedacht wird, befinden sich die USA und China schon lange in der Umsetzungsphase“, so Ostermann.
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