Veruntreuung

Olympus-Skandal weitet sich auf Europa aus

In der Affäre um dubiose Zahlungen hat der japanische Kamerahersteller Olympus bereits seit Jahren Kenntnis von Unregelmäßigkeiten auch in seiner Europazentrale in Hamburg. Das Unternehmen sei im Jahr 2008 durch eine Prüfung des Finanzamts auf einen Vorgang aufmerksam geworden, sagte eine Sprecherin der Olympus Europa Holding am Dienstag in Hamburg. Nach internen Ermittlungen durch die Revisionsabteilung seien die entsprechenden Unterlagen damals der Staatsanwaltschaft übergeben worden. Seitdem habe man nichts mehr davon gehört. Die Staatsanwaltschaft hatte zu Wochenbeginn auf Anfrage mitgeteilt, dass im März 2011 Anklage gegen drei ehemalige Manager von Olympus Europa wegen Untreue erhoben worden sei.

Zu den Betroffenen wollte sich Olympus Europa nicht äußern. „Wir kennen den Stand der Ermittlungen nicht und können keine Angaben zu diesem Verfahren oder zur Frage machen, welche Person oder Personen hiervon betroffen sind oder sein könnten“, erklärte die Sprecherin.

Hochrangige Ex-Mitarbeiter
Die „Financial Times Deutschland“ (FTD) berichtete am Dienstag, einer der Angeklagten sei der langjährige Europachef Werner Teuffel. Teuffel war nach Unternehmensangaben im Jahr 2005 nach 31 Jahren bei Olympus ausgeschieden. Als Grund nannte Olympus eine strategische Neuausrichtung.

Die Staatsanwaltschaft Hamburg beschuldigt drei ehemalige Mitglieder der Geschäftsführung von Olympus Europa, Gelder veruntreut zu haben. Die Manager sollen Rechnungen unterschrieben haben, denen keine Gegenleistungen gegenüber gestanden hätten. Den dadurch entstandenen Schaden beziffert die Ermittlungsbehörde auf 640.000 Euro.

Die Rechnungen stammten nach Angaben der Ermittler aus dem Zeitraum Juni bis Oktober 2003. Die Staatsanwaltschaft fragt nun, warum ihr der Fall erst 2008 zur Kenntnis gebracht wurde. An wen die Gelder geflossen sein sollen, gab die Ermittlungsbehörde nicht bekannt. Ein Gerichtstermin stehe noch nicht fest.

Ex-Olympus-Chef gab Tipp
Der frühere Olympus-Chef Michael Woodford hatte nach eigener Darstellung die Ermittler auf die Spur des Falls gebracht. Er habe vor sechs Jahren zwei Korruptionsfälle in Hamburg aufgedeckt - mindestens einen davon habe er der Staatsanwaltschaft übergeben. In den Unterlagen der Staatsanwaltschaft wird Olympus als Geschädigter geführt.

Der Skandal schlägt in Japan hohe Wellen. Vergangene Woche war der Olympus-Aufsichtsratsvorsitzende und -Präsident Tsuyoshi Kikukawa wegen der sich rapide ausbreitenden Affäre zurückgetreten. Der japanische Ministerpräsident Yoshihiko Noda forderte eine umfassende Aufklärung durch Olympus. Er befürchtet, dass der Ruf der japanischen Wirtschaft durch den Fall leiden könnte. Daraufhin setzte Olympus eine Untersuchungskommission ein, der unter anderem ein früherer Richter am obersten Gerichtshof des Landes angehört. In dem Fall ermittelt nach Reuters-Informationen auch die japanische Börsenaufsicht.

491 Mio. Euro Beraterhonorare
Olympus hatte Woodford Mitte Oktober mit der Begründung vor die Tür gesetzt, er verstehe weder den Management-Stil des Unternehmens noch die japanische Kultur. Der seit 1980 bei Olympus tätige Manager hatte zuvor die britische Börsenaufsicht kontaktiert und um eine Prüfung von dreistelligen Millionenzahlungen gebeten, die bei der Übernahme des britischen Medizinausrüsters Gyrus im Jahr 2008 geflossen waren. Kikukawa übernahm nach dem Rausschmiss Woodfords Posten.

Der vor 92 Jahren gegründete Konzern, der neben Kameras auch medizintechnische Ausrüstung wie Endoskope herstellt, räumte vergangene Woche ein, im Rahmen der Gyrus-Übernahme insgesamt 687 Mio. Dollar (491 Mio. Euro) und damit fast ein Drittel des Kaufpreises für Berater-Honorare gezahlt zu haben - das dürfte ein weltweiter Rekord für Übernahmeberatung sein und mehr als der voraussichtliche Jahresgewinn des Konzerns.

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