Warum Apple am Steckerdesaster nicht alleine Schuld ist
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"Wir waren zu träge." Mit diesen lapidaren Worten hat der Vorsitzende des USB-Standardisierungsforums USB-IF, Brad Saunders, die neu entflammte Debatte um einheitliche EU-Ladestecker und Apples Ausreden kommentiert. Er spielt damit auf die Zeit an, als Apple mit den damals vorhandenen USB-Varianten von Mini- bis Micro-USB nicht zufrieden war und den eigenen Lightning-Stecker entwickelte. Dieser war nicht nur kleiner, sondern war auch verdrehsicher, also mit identer Vorder- und Unterseite ausgestattet.
Keine gemeinsame Linie
Wie der Chef des USB-Gremiums zugab, konnten sich die beteiligten Unternehmen damals nicht auf einen USB-Nachfolger mit den von Apple geforderten Eigenschaften einigen - es blieb bei Zwischenlösungen. Und während Apple bereits 2012 die ersten Modelle mit Lightning auf den Markt brachte, sollte es weitere zwei Jahre dauern, bis der USB-C-Standard verabschiedet wurde. Zu dem Zeitpunkt hatte Apple aber seine Entwicklung längst millionenfach etabliert und auch das entsprechende Zubehör dazu verkauft.
Anders formuliert - nach Jahren des Zögern war es durch das entstehende Lightning-Ökosystem auch für Apple zu spät, erneut einen radikalen Schnitt in Richtung USB-C zu setzen. Dass Apple mit seinem eigenen, patentierten Anschluss und dem damit verbundenen Zertifizierungsprogramm für Drittanbieter gutes Geld verdiente und immer noch verdient, ist natürlich ebenfalls nicht von der Hand zu weisen.
Die Aussagen des USB-Verantwortlichen stärkt allerdings Apples Argumentationslinie, dass ein von der EU vorgeschriebenes einheitliches Ladekabel Innovationen behindert hätte. Durch eine derartige Vorgabe hätte sich weder der Lightning-, noch der USB-C-Standard so schnell durchgesetzt, sagt Apple. Eine jetzige EU-Vorgabe lehne man auch deswegen ab, weil es eine beispiellose Menge an Elektroschrott produzieren würde, wenn Milliarden von existierenden Lightning-Kabel und -Zubehör nicht mehr funktioniere.
Apples seltsame Strategie
Einschränkend muss an dieser Stelle zumindest angemerkt werden, dass auch Apples Strategie bisweilen undurchschaubar wirkt. So stieg Apple bei den Macbooks komplett auf USB-C um, womit sich die iPhones mehrere Jahre nicht mehr ohne Adapter mit den eigenen Notebooks verbinden ließen. Auch beim iPad Pro tauchte plötzlich USB-C als Schnittstelle auf. Beim iPhone wiederum weigert sich Apple bis heute, ebenfalls auf USB-C zu setzen.
Derzeit mehren sich gar Spekulationen, dass Apple in ein oder zwei Jahren überhaupt auf einen kabelgebundenen Anschluss verzichten und sowohl die Datenübertragung als auch das Aufladen drahtlos abwickeln will. Bis dahin wird Apple - wie schon in der Vergangenheit - auf Verzögerungstaktik und Lobbying setzen.
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