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Digital Life

Wie Amazon den Polizeistaat ins Wohnzimmer bringt

Astro ist ein süßer Roboter, der ein bisschen an „Wall-E“ aus dem gleichnamigen Disney-Film erinnert. Der Online-Riese Amazon hat ihn am Dienstag zusammen mit weiteren Geräten vorgestellt, die für mehr Sicherheit Zuhause sorgen sollen (futurezone berichtete). Der Roboter patrouilliert und meldet ungewöhnliche Vorfälle.

Dafür ist er mit Kameras ausgestattet. Seine Besitzer*innen können aus der Ferne live zusehen, wenn er nachschaut, ob der Herd an ist. Oder er erinnert über den integrierten Bildschirm und die Lautsprecher Oma daran, ihre Medikamente zu nehmen. Der Kamera-Arm ist ausfahrbar, so kann Astro überall hinsehen, auch durchs Fenster. Im Werbespot sieht er so einen Waschbären, der die Essensvorräte plündert. 

Der Roboter wird durch Geräusche aufmerksam: zerbrechendes Glas, Knacken, Schritte. Das wird sofort über die Smartphone-App an den Besitzer*in gemeldet. Dieser kann nach Bedarf Alarm auslösen. Damit nicht der oder die Lebenspartner*in beim nächtlichen Klogang per Sirene gestellt wird, ist Astro mit Gesichtserkennungssoftware ausgestattet.

Der Roboter nutzt die technische Infrastruktur von Amazons Sicherheits-Marke „Ring“. Früher stand die primär für Video-Türklingeln. Jetzt wird das Sortiment um immer mehr Innenraum-Überwachungsprodukte erweitert. Auch die Drohne „Ring Always Home Cam“ gehört dazu. Sie schwebt kontrollierend durch die Gänge. 

Sicherheit als Lifestyle-Produkt

Die Geräte sollen Kund*innen mehr Sicherheit geben. Sie werden als coole Lifestyle-Produkte präsentiert, die das Leben entspannter machen. Aber anstatt zu helfen, wie z.B. ein Staubsaugerroboter, ist Amazons Astro ein „Aufpasser“.

In den USA steht Ring schon länger in der Kritik. Der damalige Ring-Chef Jamie Siminoff sagte 2016, vor der Übernahme durch Amazon, man starte den „Krieg gegen das Verbrechen“. Das geht inzwischen weit über die private Sicherheit hinaus. Ring hat ein Abkommen mit über 2.000 Polizeidienststellen in den USA. Sie können, ohne Durchsuchungsbefehl, eine Anfrage an Ring-Nutzer schicken und nach Aufzeichnungen ihrer Video-Türklingeln fragen.  

Überwachung von Black Lives Matter

Diese poppt dann am Smartphone in der Ring-App auf. Wie die US-Organisation „Electronic Frontier Foundation“ (EFF) kritisiert, hat das zu unverhältnismäßiger Polizeiüberwachung geführt. Sie berichten, dass die Polizei von Los Angeles Zugang zu Videomaterial von Ring angefordert hatte, um Black-Lives-Matter-Demonstrierende auszuspähen.

Dazu wurden Besitzer von Ring-Produkten kontaktiert und gebeten, die Videos freizugeben. Laut EFF wurde dabei kein spezifisches Verbrechen untersucht. Stattdessen wollte die Polizei nachsehen, ob sich bei einer Demonstration etwas ereignet hat, was deren Teilnehmer*innen zur Last gelegt werden kann.

Polizeistaat

Für die Ring-Nutzer ist die Weitergabe der Daten zwar optional, laut EFF geben aber viele das Material bereitwillig her, um sich nicht mit der Polizei anzulegen. Die Organisation befürchtet, dass die Zusammenarbeit mit Ring und der schnell wachsende Markt an privater Videoüberwachung es der Polizei bald ermöglicht, jeden Winkel eines Wohngebiets zu überwachen. Damit würde das Recht zu protestieren von der Angst vor dem Polizeistaat überschattet. 

Noch geht es um die Überwachung von Straßen und Außenbereichen. Da Drohne und Roboter aber die Ring-Cloud nutzen, liegt die Angst nahe, zukünftig könnte die Polizei Bürger Zuhause beobachten.

Regelungen in Europa

Eine solche Überwachung wäre in Österreich nicht möglich, sagt Nino Tlapak Partner und Co-Head des Datenschutzteams bei Dorda Rechtsanwälte GmbH der futurezone: „In dieser Intensität wäre das weder aus datenschutz- noch persönlichkeitsrechtlicher Sicht in Österreich umsetzbar. So sieht parallel dazu auch das Strafrecht bewusst entsprechende Schranken und richterliche Kontrollen für Überwachungen durch die Exekutive vor.“ 

Angekündigt wurden Roboter und Drohne vorerst nur für die USA. Benutzen dürfte man, rein rechtlich, hierzulande beides. Anwesende Personen müssen aber darüber informiert werden. Ob es moralisch richtig ist, mit Astro nachzusehen, ob das Kind brav seine Hausübung macht, während man in der Arbeit ist, muss man für sich selbst entscheiden.

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Franziska Bechtold

frau_grete

Liebt virtuelle Spielewelten, Gadgets, Wissenschaft und den Weltraum. Solange sie nicht selbst ins Weltall kann, flüchtet sie eben in Science Fiction.

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