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Netzpolitik

Darf ich mir eine Video-Türklingel installieren?

Wer sich eine smarte Türklingel anschaffen möchte, wird auf eine Vielzahl an vernetzten Modellen mit Kamera und Videoaufzeichnung stoßen. Hergestellt werden sie etwa von Amazons Eigenmarke Ring, Googles Nest, Ankers Eufy oder zahlreichen No-Name-Herstellern aus Fernost. Dabei ist man bereits ab einem Preis von 50 Euro.

Die Geräte informieren nicht nur per Knopfdruck via Videofeed wer vor der Tür steht, sondern sind meistens auch noch mit Bewegungsmeldern ausgestattet. So können sie den oder die Hausbesitzer*in schon dann informieren, wenn nur jemand vorbeigeht oder sich nähert. Auch die Live-Videoüberwachung ist bei vielen Modellen möglich.

Was viele nicht bedenken, wenn sie sich ein derartiges Gerät anschaffen, ist der Datenschutz. Die Türklingeln sind - sofern sie eine Live-Übertragung oder Aufzeichnung ermöglichen - im Grunde genauso zu behandeln, wie Überwachungskameras. Was man bei der Installation beachten muss, hängt in der Regel auch davon ab, wo man sie installiert, wen und was man dabei aufzeichnet und welchen Zweck man mit der Überwachung erfüllen will.

“Es ist eine Materie, wo es auf die Details und den Einzelfall ankommt”, erklärt Nino Tlapak, Partner und Co-Head des Datenschutzteams bei Dorda Rechtsanwälte GmbH. Generelle Aussagen über die Zulässigkeit zu treffen, sei daher schwierig. “In einigen Bereichen kann die Türklingel-Überwachung durchaus zulässig sein, aber sicher nicht in allen Situationen”, sagt der Anwalt.

Video-Türklingel in einer Wohnung

Rechtlich schwer argumentierbar dürfte sie etwa in einem Mietshaus oder bei einer Eigentumswohnung sein, wenn mit der Kamera auch die Tür der Nachbar*in zu sehen ist. Wenn die gewählte Türklingel auch noch gängige Funktionen wie permanentes Live-Bild, einen Bewegungsmelder oder gar Aufzeichnungsmöglichkeiten aufweist, umso mehr.

Hier wiegen die Interessen der Nachbar*innen höchstwahrscheinlich schwerer als die eigenen hinsichtlich Überwachung: “Wenn eine Nachbar*in die Kamera-Türklingel sieht und die Nachbar*innen permanent live das Bild aufrufen können, so entsteht ein Gefühl der permanenten Überwachung”, führt Tlapak aus. "Das verstößt regelmäßig gegen Persönlichkeitsrechte". Zwar sei es richtig, dass jemand auch permanent durch den Türspion schauen könnte, das stelle sich allerdings praktisch schlichtweg als schwieriger dar und unterliegt auch nicht der DSGVO, erklärt Tlapak.

Video-Türklingel beim Haus

Einfacher durchsetzbar ist eine Video-Türklingel, wenn man Besitzer*in eines Grundstücks bzw. eines Hauses ist. Im Idealfall stelle man die Kamera dann so ein, dass weder ein Nachbargrundstück noch der öffentliche Bereich, wie etwa der Gehsteig oder die Straße, gefilmt werden, sagt Tlapak.

Wenn es nicht anders möglich ist, könne man den Einsatz von Videoüberwachung bzw. der genannten Türklingeln möglicherweise dennoch argumentieren. Dabei kommt es auch darauf an, welchen Bereich ich warum überwachen möchte.

“Wenn ich ein größeres Grundstück habe, das nicht gut einsehbar ist, habe ich ein belastbareres Argument für die Anbringung einer Video-Türklingel”, sagt Tlapak und ergänzt: “Wenn ich auf den überwachten Bereich aber problemlos vom Haus aus sehe, ist es – je nach Funktionalität – schon schwieriger zu rechtfertigen.”

Auch sei ausschlaggebend, welcher Teil des Nachbargrundstückes bzw. des -hauses in den Aufnahmen zu sehen sind. Ist die Kamera direkt auf dessen Eingangstür gerichtet, ist es höchstwahrscheinlich kritischer, als wenn nur ein Teil der Hausmauer oder des Rasens zu sehen sind.

Kennzeichnungspflicht

Wenn man sich für die Installation einer Video-Türklingel oder anderen Überwachungsform entscheidet, gibt es rechtlich die Kennzeichnungspflicht. “Die DSGVO sieht umfassende Informationspflichten vor. Streng genommen müssen diese auch hier eingehalten werden. Das umfasst zB einen Hinweis, wer für die Aufzeichnung verantwortlich ist. Das Minimum wäre aber wohl ein klar erkennbares Kamerazeichen", erläutert der Anwalt. Dies werde im privaten Bereich allerdings in der Regel nicht so streng gelebt.

Eine Meldepflicht, wie es sie früher bei Videoüberwachung gab, gibt es heute allerdings nicht mehr, erklärt Tlapak. "Seit der DSGVO wird hier ja bewusst auf Eigenverantwortung und Dokumentation gesetzt."

Worauf achten beim Kauf einer vernetzten Türklingel

Wer der Meinung ist, datenschutzkonform eine vernetzte Türklingel installieren zu können, steht beim Kauf vor der Wahl vieler verschiedener Hersteller und Modelle. Bei der Entscheidung für ein Gerät, sollte man einige wichtige Punkte beachten.

Namhafter Hersteller: Bei vernetzten Geräten  sollte  man unbedingt zu namhaften Marken greifen. Grund dafür ist, dass es günstige No-Name-Anbieter mit der Sicherheit und Updates oft nicht so genau nehmen. Gerade dann, wenn Kameras im Spiel sind, will man Fremden so kein Einfallstor bieten. Große Hersteller sind etwa Google Nest, Amazon Ring, Arlo oder Eufy

Strom oder Akku: Manche Modelle erfordern eine permanente Stromversorgung, andere sind akkubetrieben. Achtung: Bei Letzterem läutet es dann aber nur mehr auf dem Handy, Tablet oder Smart-Speaker.

Kostenpflichtiges Abo: Die großen Hersteller bieten zumeist an, Videos in der Cloud abzuspeichern. Die Gratis-Angebote sind aber meist sehr eingeschränkt und erlauben oft nur, wenige Stunden abzuspeichern. Gegen Bezahlung sind oft Wochen oder Monate möglich. Hier muss man mit Kosten von etwa 50 Euro pro Jahr rechnen.

Persönliches Gespräch

Sollte man sich für die Installation einer Video-Türklingel entscheiden und das Nachbarhaus ist in den Aufnahmen zu sehen, rät Tlapak pragmatisch das Gespräch mit den Nachbar*innen zu suchen. “Wenn man ein gutes Verhältnis hat, kann man sich im Vorfeld absprechen und rechtlichen Streitigkeiten vorbeugen”, sagt der Rechtsexperte.

Auch bei einer Wohnung in einem Haus könnte man auf das persönliche Gespräch setzen, es ist jedoch deutlich komplizierter: Man müsste zusätzlich mit der Hauseigentümer*in sprechen sowie mit allen Nachbar*innen, die eventuell auf dem Weg zu ihren Wohnungen an der Video-Türklingel vorbeigehen.

Wenn es dennoch zu einem Rechtsstreit kommt, sind immer die jeweiligen Gegebenheiten ausschlaggebend. "Am Ende gibt es eine Interessenabwägung, bei der es auch auf das gelindeste Mittel ankommt", sagt Tlapak. "Also: Überwiegt mein Interesse zur Überwachung oder das des potenziell Überwachten.”

Zudem gelte das Konzept der Datensparsamkeit. Es sollen also nur so viele Daten gesammelt werden, wie für den dezidierten Zweck notwendig sind.

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Thomas Prenner

ThPrenner

Beschäftigt sich mit Dingen, die man täglich nutzt. Möchte Altes mit Neuem verbinden. Mag Streaming genauso gern wie seine Schallplatten. Fotografiert am liebsten auf Film, meistens aber mit dem Smartphone.

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