Auf Facebook schreit die Minderheit am lautesten
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Heuer erscheint zum ersten Mal der Digitalreport. Durch Datenanalyse von öffentlichen Informationen auf Facebook, soll so die politische Debatte in dem sozialen Netzwerk erfasst werden. Facebook wurde als Quelle gewählt, da es täglich von drei Millionen Österreichern verwendet wird und damit deutlich größer als Twitter ist.
„Wir haben drei Millionen Likes, 600.000 geteilte Beiträge und 500.000 Kommentare ausgewertet“, sagt Ingrid Brodnig. Sie ist „Digital Champion“, eine von der EU im Jahr 2012 geschaffene Stelle, um digitale Aufklärung zu betreiben.
Interaktionen
Um die Stärke der Parteien auf Facebook zu messen, wurden die Interaktionen herangezogen. Je mehr Likes, Shares und Kommentare die Beiträge der Parteien haben, als desto wichtiger werden sie vom Facebook-Algorithmus eingestuft und desto mehr Nutzern werden diese Inhalte angezeigt. Die Anzahl der Interaktionen bestimmt also wie präsent eine Partei auf Facebook ist. In den sozialen Netzwerken sind es aber nicht mehr die Parteien die zählen, sondern die Parteichefs. So entfallen etwa 34 Prozent der Summe der Interaktionen auf Heinz-Christian Strache, aber nur acht Prozent auf die FPÖ. Bei Sebastian Kurz sind es 31 Prozent, bei der ÖVP nur ein Prozent.
„Die Verteilung des Erfolgs auf Facebook spiegelt nicht die Realität des Wahlergebnisses wider – sonst wäre die FPÖ die stärkste Partei“, so Brodnig. Vor drei Jahren war die Sache sogar noch eindeutiger. Bevor mit Sebastian Kurz und Christian Kern Einzelpersonen den Parteien vorangeschoben wurden, beherrschten Strache und die FPÖ die politische Landschaft von Facebook unangefochten. Jetzt gebe es laut Brodnig mehr Mitbewerb und zumindest einen Dreikampf.
Die wenigen Lauten
Bei der politischen Diskussion unter den Facebook-Nutzern zeigt sich ein massives Ungleichgewicht. 172.000 Nutzer haben sich im Messzeitraum von 1. Jänner bis 14. Oktober 2017 politisch eingebracht, indem sie auf Seiten der Parteien oder Parteichefs kommentiert haben. Der andere Zeitraum musste gewählt werden, da Facebook nicht mehr erlaubt User IDs über die API auszulesen.
Die Hälfte der erfassten User hat nur eine einzelne Nachricht hinterlassen. Hingegen ist ein Fünftel der Nutzer ist für 73 Prozent aller politischen Kommentare verantwortlich. „Eine Minderheit prägt die politische Debatte überproportional. Facebook ist deshalb kein Spiegel unserer Gesellschaft, sondern ein Zerrspiegel. je nachdem wie diese Minderheit agiert, sind manche Ereignisse größer oder kleiner als in der Realität“, sagt Brodnig. Die 200 aktivsten Nutzer haben zusammen über 73.000 Kommentare veröffentlicht.
Es wurde stichprobenartig analysiert, ob diese hyperaktiven Nutzer Maschinen, sogenannte Bots, sind. Dafür gab es keine Hinweise: Hinter den Vielschreibern stecken Menschen. Ob diese Mitarbeiter der Parteien sind, kann nicht festgestellt werden. Laut Brodnig würde ein Blick auf deren Facebook-Seiten zeigen, dass es in vielen Fällen „Menschen sind, die sehr überzeugt von einer Sache sind.“
Die liebsten Links
Es wurde auch ausgewertet, zu welchen anderen Websites die Parteien und Parteichefs am Liebsten verlinken. Auf Platz eins ist, wenig überraschend, krone.at. Allerdings liegt das nur an einer Partei. Strache und die FPÖ haben auf krone.at fast genauso oft verlinkt, wie alle Parteien zusammen auf derstandard.at und kurier.at. Auf Platz zwei der beliebtesten Websites ist listepilz.at, weil die Partei deutlich öfters auf ihrer eigenen Inhalte verwiesen hat, als die anderen Parteien.
Die Reactions wurden ebenfalls gemessen. Während Kern noch Kanzler war, hat er und die SPÖ mehrheitlich Herzen (Love) bekommen. In der Opposition ist es jetzt zu 47 Prozent Wut, da statt Positivnachrichten mehrheitlich negative Posts gemacht werden, die die Regierung kritisieren. Auch bei den Grünen überwiegt die Wut-Reaction. Bei der FPÖ hat auch die Regierungsbeteiligung die Stimmung nicht geändert, hier sind die User immer noch mehrheitlich wütend. Ein Ausreisser sind die Neos. 45,5 Porzent der Reactions ist das Freude-Emoji. Laut Brodnig liegt das vermutlich daran, dass die Neos unterhaltsamer posten als die anderen Parteien.
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