Gekaufte Postings

Das sind die bezahlten Poster auf futurezone.at

Futamama, Cief69, ButterCup02 und edero. Diese vier Nicknames haben vor rund 700 Tagen auf futurezone.at im Zuge der Berichterstattung über die Online-Ausfälle bei der Bank Austria Beiträge gepostet, die gekauft waren. Der futurezone liegen Dokumente vor, aus denen dies hervorgeht. Wie bereits berichtet, beschäftigt die österreichische Marketing-Agentur „Modern Mind Marketing“ (M3) rund vierzig freie Mitarbeiter, die mit insgesamt rund 1000 falschen Identitäten versuchen, Online-Foren zu manipulieren. Dies ist auch auf futurezone.at geschehen.

Online-Banking-Ausfall

Wegen der Einführung einer neuen Online-Plattform kam es bei der Bank Austria Ende Oktober 2012 zum Ausfall des Online-Bankings. User Cief69 empfahl unter dem futurezone-Beitrag etwa, dass man für Überweisungen am besten zur Bank gehen solle. „Soll auch noch niemandem geschadet haben zur Bank zur gehen und Überweisungen zu machen. Hab ich heute morgen gemacht und hab das gleich mit ein paar anderen Besorgungen kombiniert. Ich lass mir die Laune nicht vermiesen“, so der exakte Wortlaut des Postings unter dem Artikel „Bank-Austria-Seite fällt nach IT-Umstellung aus“ vom 30.10.2012.

Unter demselben Nickname gab es auch an den darauffolgenden Tagen noch Postings. Unter dem Artikel „Bank Austria hat weiter Netzprobleme“ schrieb Cief69 am 2.11.2012: „Keine schöne Sache! Habe einmal mit einem Bank Austria Mitarbeiter geredet und der hat mir versichert, dass die Situation für keinen schön ist und man abwarten muss wann es wieder bei allen geht und er hoffe dass sich die Situation bald bessere.“

Bank Austria bestätigt M3-Auftrag

Ähnliche Postings finden sich auch von Futumama, ButterCup02 und edero unter den Bank Austria-Artikeln. Die Bank Austria bestätigte gegenüber der futurezone: "2012 hatte die Bank Austria kein Spezial-Know-how im Umgang mit digitalen Plattformen oder Social Media. Wir haben deshalb für Kommunikationsdienstleistungen das marktübliche und unseres Wissens auch von anderen Unternehmen genutzte Dienstleistungsangebot der Agentur M3 für eine Reihe von Serviceleistungen mit Schwerpunkt Monitoring von Social Media Kanälen in Anspruch genommen."

Die Masche der bezahlten Poster ist ausgeklügelt: Der Name des Auftraggebers wird dezent in Postings eingeflochten oder es wird auf positive Aktivitäten des Auftraggebers hingewiesen. Für Moderatoren von Online-Foren ist es nahezu unmöglich, die bezahlten Postings zu identifizieren. Futurezone-Chefredakteur Gerald Reischl dazu: „Da es in unserem Forum mehrheitlich fair zugeht, fallen solche Einzelposter nicht wirklich auf. Sollten uns aber in Zukunft Unregelmäßigkeiten auffallen, reagieren wir entsprechend. Das kann bis zur Sperre des Posters führen.“

Auch KURIER.at betroffen

Gepostet wird, je nach Wunsch des Auftraggebers, aber auch mit Klarnamen. Dies war zum Beispiel bei kurier.at der Fall. Dort nannte sich ein bezahlter Poster Romana Wagner. Unter einem Fußball-Artikel war zu lesen: „Mein Tipp für heute Abend ist ein 3:1 Heimerfolg von Real Madrid. Bei Interwetten habe ich Handicap auf ein Unentschieden gesetzt. 78 Euro für 20 Euro Einsatz wären eine nette Sache.“ Doch diese Frau Wagner gibt es in Wahrheit gar nicht. Das Posting wurde im Auftrag des Wettanbieters Interwetten verfasst. Kurier.at-Chefredakteur Christian Skalnik sagt dazu: „Im Einzelfall sind solche Postings schwer zu erkennen. Wenn wir merken, dass ein Forum zu einem Artikel in konzertierten Aktionen übernommen wird, drehen wir es ab.“

Insgesamt machen die Postings auf kurier.at, die M3 für Kunden durchführt, rund drei Prozent aller Aktivitäten der Agentur in Online-Foren aus. Der größte Anteil (43 Prozent) entfällt auf Facebook, gefolgt von derstandard.at mit 39 Prozent. Der Anteil der gekauften Postings, die auf futurezone.at platziert wurden, lag bei einem Prozent. Auch die Foren der Wiener Zeitung sowie Krone, Presse und Format wurden von den bezahlten Postern heimgesucht.

Eigenes Blogger-Netzwerk

Die vier Poster futamama, Cief69, ButterCup02 und edero waren auf futurezone.at übrigens insgesamt 24 Mal aktiv, zuletzt am 17.2.2013. Das deckt sich auch mit den M3-Unterlagen, die der futurezone vorliegen. Die Bank Austria hat Anfang 2014 übrigens damit begonnen, ein "eigenes, unternehmensinternes Blogger-Netzwerk" aufzubauen. "Daran wird seit Anfang 2014 gearbeitet. In Zukunft werden Bank Austria Mitarbeiter, die sich auch als solche zu erkennen geben, in den Foren aktiv werden", heißt es seitens der Bank Austria.

Die Bank Austria hat nun von der Agentur M3 zudem eine Dokumentation angefordert, die zeigt, wie die Agentur ihr Blogger-Netzwerk inhaltlich und faktisch gesteuert hat. Die Bank habe "keinen Einblick in die M3-Briefings" gehabt, heißt es. "Wir möchten damit nachvollziehen, ob der Dienstleister die vertraglich zugesicherten Richtlinien für den Umgang mit Bloggern eingehalten hat. Die Dienstleistung Blogging wurde daher bis zum Vorliegen der M3-Dokumentation ruhend gestellt."

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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