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Millionenfach geteilt

Facebook neuerlich wegen Gewaltvideos in der Kritik

Auf der Facebook-Seite des rechtskonservativen Daily Caller wurde das Video, das die Misshandlung eines geistig beeinträchtigten jungen Mannes durch vier Jugendliche zeigt, bis Samstagvormittag mehr als acht Millionen Mal angeklickt. Facebook hatte das über seinen Dienst Live gestreamte Video am Mittwoch gelöscht, allerdings erst nachdem es 16.000 Mal abgerufen und auch auf YouTube weiterverbreitet wurde.

Weiterhin abrufbar

Die rechte Facebook-Seite hat das Video am Donnerstag in leicht gekürzter Version mit dem Kommentar „Teile das Video, wenn du denkst, dass dies ein Hassverbrechen ist“ neuerlich veröffentlicht. Das Video war auch Samstagvormittag noch abrufbar.

Gegenüber dem „Guardian“ verwies das Online-Netzwerk darauf, dass das Originalvideo wegen der Verherrlichung von Gewalt gegen Community-Standards verstoße und deshalb gelöscht wurde. Es gebe aber auch Fälle, in denen solche Inhalte verbreitet würden, um Gewalt zu verurteilen. Die Neuveröffentlichung des Videos fällt für Facebook offenbar unter diese Kategorie.

Die in dem US-Misshandlungsvideo zu sehenden vier Jugendlichen wurden am Mittwoch von der Polizei in Chicago verhaftet. Ihnen wird Hassverbrechen und Entführung vorgeworfen. Das Opfer wurde mittlerweile aus dem Krankenhaus entlassen.

„Symbiose“

Die US-Medienwissenschaftlerin Sarah Roberts sprach gegenüber dem „Guardian“ davon, dass Inhalte, die Gewalt oder freizügige Inhalte zeigen, aber von den Richtlinien des Netzwerkes gerade noch geduldet werden, die größte Aufmerksamkeit erregen. Seiten wie Daily Clapper würden weitgehend von Facebook als Distributionskanal abhängig sein, aber auch Facebook verdiene mit der ausgespielten Werbung Geld. Es wäre naiv, diese Symbiose zu ignorieren, sagte die Wissenschaftlerin.

Auch der Daily Clapper scheint sich dessen bewusst zu sein. Unter Schlagzeilen wie „Diese sexy Models feiern Donald Trumps Sieg“ sind auf der Facebook-Seite des rechtskonservativen Mediums auch zahlreiche spärlich gekleidete Frauen zu sehen.

Wiederholt Kritik

Inhalte können bei dem Online-Netzwerk gemeldet werden. Sie werden dann von einem Moderationsteam begutachtet und – für den Fall, dass sie gegen die Richtlinien des Netzwerkes versoßen – gelöscht. In der Vergangenheit war Facebook wiederholt wegen seiner Löschpolitik in die Kritik geraten. Während etwa gegen Nacktaufnahmen – auch wenn sie eine Statue abbilden - rigoros vorgegangen wird, ist das Online-Netzwerk beim Entfernen gewalttätiger Inhalte zögerlich.

Auch in Österreich sorgte ein Gewaltvideo auf Facebook vor kurzem für Diskussionen. Das Video aus Wien, das die Misshandlung einer 15-Jährigen zeigt, wurde von dem Online-Netzwerk zunächst online belassen und erst nach heftiger Kritik und dem Einschreiten der Staatsanwaltschaft entfernt. Bis dahin wurde es 4,5 Millionen Mal abgerufen.

Das Video führte zu Diskussionen über die Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen für Online-Netzwerke wie Facebook. SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim forderte etwa vergangene Woche Facebook dem Mediengesetz zu unterwerfen. Man müsse dem sozialen Netzwerk klar machen, dass hier die europäische Wertehaltung gelte - und nicht die „mittelalterlich-reaktionären“ Vorgaben des US-Unternehmens, das zwar Nacktfotos lösche, aber nichts gegen die Veröffentlichung von Gewaltszenen habe.

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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