ARCHIV/ILLUSTRATION - Die Silhouette eines Mannes ist am 23.01.2012 in Hannover vor einem Computerbildschirm mit dem Logo des Online-Netzwerks Facebook zu sehen. Am Donnerstag äußert sich der rheinland-pfälzische Datenschutzbeauftragte Edgar Wagner in Mainz bei einer Pressekonferenz zu seinem Antwortverbot für die Facebook-Seite der Landesregierung. ..Foto: Julian Stratenschulte/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
ARCHIV/ILLUSTRATION - Die Silhouette eines Mannes ist am 23.01.2012 in Hannover vor einem Computerbildschirm mit dem Logo des Online-Netzwerks Facebook zu sehen. Am Donnerstag äußert sich der rheinland-pfälzische Datenschutzbeauftragte Edgar Wagner in Mainz bei einer Pressekonferenz zu seinem Antwortverbot für die Facebook-Seite der Landesregierung. ..Foto: Julian Stratenschulte/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
© dpa/Julian Stratenschulte

Umfrage

Facebook-Nutzer wissen nicht, dass sie im Internet sind

Es ist ein Problem, das die ganze Welt betrifft: Viele Menschen kennen den Unterschied zwischen dem Internet und dem Social Media-Dienst Facebook nicht. Das ergab unter anderem eine Umfrage des Marktforschungsinstituts Galpaya in Indonesien, sowie eine Umfrage des US-News-Dienstes Quartz, dessen Ergebnisse die erste Umfrage, die vor drei Jahren durchgeführt wurde, unterstützen oder wiederlegen sollten.

Facebook ja, Internet nein

Die von Galpaya in Indonesien befragten Nutzer sagten: Das Internet, nein, das verwenden wir nicht. Aber auf Facebook verbringen wir viel Zeit. „Es hat so gewirkt, also ob das Internet in ihren Köpfen nicht existiert, sondern nur Facebook“, erklärte der Forscher Rohan Samarajiva laut dem US-Dienst Quartz. Quartz führte daraufhin im Dezember 2014 eine SMS-Umfrage in Indonesien und Nigeria mit 500 Personen durch.

Elf Prozent der Befragten sagten, Facebook zu nutzen, aber gaben gleichzeitig an, das Internet nicht zu nutzen, in Nigeria lag die Zahl derer, die angab, Facebook aber nicht das Internet zu nutzen bei neun Prozent. Von denjenigen, die sagten, dass sie das Internet nicht benutzen würden, sagten immerhin 56 Prozent der Indonesier, dass sie nie einen Link außerhalb des Sozialen Netzwerkes anklicken würden. In Nigeria lag die Zahl bei 69 Prozent.

"Facebook oft die einzige Anwendung"

In Nigeria stimmen zudem 65 Prozent der Befragten zu, dass Facebook das Internet sei. In Indonesien liegt die Zahl bei 61 Prozent, in Indien sind es 58 Prozent und in Brasilien 55 Prozent. Zum Vergleich: In den USA glauben das nur fünf Prozent. Laut Iris Orriss, bei Facebook für die Internationalisierung zuständigt, sagte dazu: „Das Bewusstsein für das Internet ist in Entwicklungsländern sehr eingeschränkt. Für viele Nutzer ist dort Facebook das Internet, weil es oft die einzige Anwendung ist, die verfügbar ist.“

Diese Zahlen sagen weit mehr aus, als auf dem ersten Blick ersichtlich ist. Denn bei Facebook handelt es sich um ein proprietäres Soziales Netzwerk, dessen Regeln sich User zu unterwerfen haben. Mit dem offenen Internet, wie wir es kennen, hat Facebook nichts zu tun. Ein Beispiel: Gerade erst vor kurzem hat Facebook etwa die Nutzungsbedingungen geändert und die Nutzer konnten dem nichts entgegensetzen, außer, sich den neuen Regeln zu unterwerfen oder das Netzwerk für immer zu verlassen.

Betriebssystem für das Web

Wenn nun also 65 Prozent von Nigerias Bevölkerung Facebook für das Internet hält, wird ein alter Traum von Mark Zuckerberg wahr, die Vision, das freie Internet zu konservieren, rückt damit jedoch ein Stück weit in die Ferne. Denn es handelt sich bei dem Phänomen um weit mehr als ein Wahrnehmungsproblem. Als Zuckerberg vor Jahren das Entwicklerprogramm F8 startete, formulierte er als Wunsch, dass das Soziale Netzwerk ein autarkes Ökosystem innerhalb des Internets werden sollte, eine Art Betriebssystem für das Web. Glaubt man diese Zahlen nun, ist Zuckerberg seiner Vision bereits näher, als manch einer gedacht hat.

Im August 2013 gab Zuckerberg den Start von Internet.org bekannt, mit dem Ziel, Milliarden von Menschen in Entwicklungsländern mit günstigen Internet-Verbindungen zu versorgen. Internet.org wurde gegründet. Das Ziel: Fünf Milliarden Menschen, die das Internet nicht nutzen, ins Internet zu bringen. Doch das macht Facebook natürlich nicht nur, um Menschen zu helfen. Es geht dabei um weit mehr.

Facebook gratis, Rest nicht

Es geht auch darum, neue Kunden zu gewinnen und mitzubestimmen, welche Inhalte sie im Netz zu Gesicht bekommen und welche Dienste sie nutzen. In der Dritten Welt sind Datendienste für viele Menschen zu teuer. Dadurch hat Facebook ein leichtes Spiel: Facebook setzt auf den kostenlosen Zugang zu populären Diensten über eine eigens entwickelte App. Handy-Nutzer in den Entwicklungsländern können darüber dann auf beispielsweise Facebook, den Facebook Messenger, Wikipedia und die Google-Suche zugreifen.

Der Trick: Die Facebook-Nutzung ist frei und es fallen keine Telefon- oder Datentarif-Kosten an. Wer etwas auf Google sucht, zahlt zwar auch noch nichts, wenn jemand auf den Link, der in den Suchergebnissen angezeigt wird, draufklickt, verlässt er aber die geschlossene App und es fallen Datenkosten an. Kosten, die sich viele nicht leisten können. Mit dem „offenen Internet“ hat das praktisch nichts mehr zu tun und es ist auch kein Wunder, wenn die Nutzer in diesen Ländern dann Facebook mit dem Internet gleichsetzen. Facebook bestimmt in diesen Ländern die Regeln. Ein Trend, der sich noch weiter fortsetzen wird. So wurde gerade am Dienstag der offizielle Start der App in Indien bekannt gegeben.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

mehr lesen
Barbara Wimmer

Kommentare