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Online-Netzwerke

Falsche Freunde als Geschäftszweig

Uns ist bewusst, dass auf dieser Seite mehrere Fake-Accounts unterwegs sind (sowohl pro als auch contra). Wir werden diese Accounts umgehend blockieren.“ Mit diesen Worten hat das „Team Bundeskanzler“, das die offizielle Facebook-Seite von Bundeskanzler Faymann betreut, jenen Verdacht bestätigt, den ein Bericht des Monatsmagazins Datum erhoben hat. Dort war aufgefallen, dass über gefälschte Nutzerprofile ordentlich Stimmung für  Faymann  gemacht wurde. Ein Abgleich mit Online-Foto-Agenturen zeigte  auf, dass Profile nicht real existierender Personen mit günstig gekauften Portrait-Bildern angelegt wurden. Der Vorfall rückte das Social-Media-Team von Faymann sogleich in

, da Vorwürfe laut wurden, sie hätten die Fake-Profile selbst angelegt - was sofort dementiert wurde.

Viel Zeit und Arbeit
„Das war sehr schlecht gemacht und klar, dass das auffliegt“, sagt Bernd Pfeiffer von der Wiener Social-Media-Agentur „LimeSoda“ zur futurezone. Seine Firma hat mit  so genannten „Sock Puppets“, also Marionetten-Profilen, bereits intern experimentiert.  „Um einen wirklich glaubhaften Account hochzuziehen, braucht es viel Zeit und Arbeit.“ Man müsse das gefälschte Facebook-Profil täglich wie ein echtes betreuen, um Vertrauen zu  „Freunden“ aufzubauen. Möglich sei dann auf kleineren Facebook-Seiten, im Sinne eines Politikers oder einer Marke die Stimmung zu beeinflussen oder von Kritik abzulenken.

Erfolgreiche Fake-Profile sind laut Pfeiffer oft folgendermaßen aufgebaut: Als junge blonde Dame wird am einfachsten Vertrauen aufgebaut, vollständig ausgefüllte Lebensläufe, Hobbys und Interessen suggerieren ebenfalls Echtheit. Wichtig sei außerdem, Anfragen anderer Facebook-Mitglieder wie „Wer bist du eigentlich?“ auch tatsächlich zu beantworten – etwa mit der Anmerkung, man finde den Fragenden „süß“.

Schlammschlacht in Online-Foren
Online-Netzwerke wie Facebook oder Twitter haben gefälschte Internet-Identitäten lediglich erschwert, eine neue Erscheinung ist es aber keinesfalls. So genanntes „Astroturfing“, also die gezielte Beeinflussung der öffentlichen Meinung mittels getarnter Propaganda, ist etwa auch in Österreichs Technologie-Branche gang und gäbe. Rivalisierende Firmen versuchen seit Jahren, sich in Online-Foren gegenseitig anzuschwärzen.

Beauftragt werden meist externe Agenturen, die für diese spezielle Form der „Forenbetreuung“ rund 10.000 Euro im Monat verrechnen, wie ein Insider verrät.
Hinter dem Bildschirm sitzt dann typischerweise ein Student, der sich mit dem parallelen Betrieb von etwa 20 gefälschten Online-Identitäten rund 1000 Euro pro Monat nebenbei verdienen kann. Die offizielle Berufsbezeichnung: „Suchmaschinen-Optimierer“.

Freunde kaufen
Das neue Rennen um Facebook-Fans treibt auch in Österreich immer buntere Blüten. Um Facebook-Seiten (für viele Nutzer bereits wichtiger als die Firmen-Homepage) in ein möglichst gutes Licht zu rücken, können Unternehmen sich Freunde einfach zukaufen. In der Branche kursieren etwa Angebote von 35.000 Euro für 10.000 neue Fans – und dass unter diesen gefälschte Profile sind, davon muss man ausgehen.

"Hochgradig unethisch"

„Das ist hochgradig unethisch und ein Beweis, dass manche Social Media nicht verstanden haben“, sagt Michael Kamleitner von der Wiener Internet-Agentur „Die Socialisten“. Derartige Praktiken würden fast immer auffliegen, „weil es immer einen gibt, der verdächtigen Aktivitäten nachgeht.“ Insgesamt würden sich Firmen und Politiker mehr schaden als nutzen, wenn sie solchen zwielichtigen Geschäften in Online-Netzwerken nachgehen. Insofern haben Facebook und Co. dafür gesorgt, dass der Kampf um das beste Image ein wenig ehrlicher geworden ist.

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Jakob Steinschaden

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