© Alexander Lendl

Start-up-Geschichten

Friendsic: Freizeit-Portal für Gleichgesinnte

Getauft hat Lendl seine Idee nicht ganz glücklich Friendsic (Kunstwort aus “friend” und “forensic”) - aber die Assoziation, dass sie für “Freundeskranke” sei, sei gar nicht so falsch. “Friendsic ist kein weiteres soziales Netzwerk, weil man sich bei uns nicht mit Freunden und Bekannten vernetzen soll”, sagt Lendl im Gespräch mit der futurezone. Vielmehr gehe es darum, Fremde zu treffen, die die gleichen Interessen haben. Der Markt für "Online-Freunde" sei schon voll, aber es gebe noch Raum für einen Web-Dienst, über den man neue Menschen kennenlernen kann, um sich mit ihnen in der realen Welt - für welche Tätigkeiten auch immer - zu treffen.

"Das Web 2.0 kann sich leicht zur Einsamkeitsfalle entwickeln", sagt Lendl und verweist auf zwei Studien der University of Arizona. Deren Ergebnisse zeigten 2010, dass viele Facebook- und Twitter-Kontakte nicht notwendigerweise ein reiches Sozialleben, sondern oft Einsamkeit zur Folge haben, weil die virtuellen Beziehungen sehr oberflächlich bleiben. Menschen mit vielen losen Beziehungen würden außerdem mehr Stress haben, weniger regelmäßigen Schlaf bekommen und in Folge einem insgesamt schlechteren Gesundheitszustand ausgesetzt sein.

Sport, Unterhaltung und Mehr
Friendsic versteht sich als bescheidenes Hilfsmittel gegen dieses Problem. “Jeder hat etwas, das er nicht macht, weil er keinen Partner dafür hat”, sagt Lendl - sei es für Tennis, Tanzstunden oder Theaterbesuche. "Aber man sollte nicht darauf verzichten, nur weil sich im eigenen Freundeskreis oder bei Facebook kein Gleichgesinnter finden." Bei Friendsic soll man jetzt gezielt nach diesen fremden Gleichgesinnten suchen können. In den Kategorien “Hobby & Freizeit”, “Sport”, “Reise”, “Tanz” können sich Nutzer eintragen und damit für andere auffindbar machen - mit den Sektionen “Beziehung” und “Flirt” soll auch das Liebesleben nicht zu kurz kommen und etablierten Partnerbörsen Konkurrenz gemacht werden. Lendl: “Friendsic kann diese veralteten Börsen ersetzen.”

Ein Account, bis zu sechs Profile
Privatsphäre schreibt Lendl dabei groß. Jeder Nutzer kann einstellen, für wen er suchbar ist. Eine Frau, die eine andere Frau für den Opernbesuch sucht, soll nicht von flirtenden Männern belästigt werden, ein Tennisspieler soll gezielt nach Partnern suchen können, die das gleiche Spielniveau haben. Spitznamen sind anders als bei Facebook erlaubt - niemand muss sich mit echten Namen eintragen, kann das aber natürlich tun. Weil jeder Nutzer wahrscheinlich mehrere Interessen hat, gibt es einen Profilbaukasten, in dem man sich für die unterschiedlichen Partnersuchen unterschiedlich präsentieren kann - ein Account kann also mehrere Profile (derzeit maximal 6) ausspielen (z.B. Tennis-Profil, Flirt-Profil, Tanz-Profil) und nur ausgewählten Teilmengen der Nutzerschaft gezeigt werden. Dem nicht unbedingt simplen Baukasten muss sich der User jedenfalls einige Zeit widmen, wie die futurezone in einem kurzen Check feststellte.

Finanzierung
Lendl glaubt fest an den Erfolg seiner Idee und setzt mit Friendsic alles auf eine Karte. “Meine Ersparnisse der letzt zehn Jahre IT-Arbeit fließen da hinein”, so der Gründer. “Andere würden damit ein Haus bauen.” Ganz auf sich allein gestellt ist er aber nicht: Die ZIT (Technologie-Agentur der Stadt Wien, Anm.) hat Friendsic mit 80.000 Euro gefördert, weiters ist ein privater Investor an Bord. Außerdem ist Friendsic für den “Wiener Zukunftspreis 2011” nominiert worden, der Lendl zusätzliches Kapital einbringen könnte.

Mittelfristig soll sich Friendsic über ein Freemium-Modell finanzieren. Die Basis-Accounts sind kostenlos (dafür mit Werbung), wer einen Premium-Account will (mehr Funktionen, keine Werbung), zahlt ab 2012 eine monatliche Gebühr zwischen 10 und 20 Euro. “Das wird deutlich günstiger sein als die Gebühr für eine Partnerbörse”, so Lendl. Bis Ende 2011 hofft Lendl auf 10.000 registrierte Nutzer auf der Webseite und auf eine Conversion-Rate zwischen 3 und 5 Prozent. “Internet-Dienste, die nur auf Werbung bauen, werden in Zukunft wenig Chancen haben”, so der Friendsic-Chef.

Die Technik im Hintergrund
Das sechsköpfige Entwickler-Team von Lendl baut den Web-Dienst auf Basis semantischer Technologien. Mit “Apache Solr” verwendet man eine Plattform, die das Matching der User-Profile übernimmt - also personenbezogene Daten, Interessen und Distanzen abgleicht und ein Ranking (“best matches”) errechnet. Die Suchfunktion beherrscht außerdem “Semantic Web”-Standards wie Ontologien - die Software kann also etwa vom Stichwort “Dachstein” auf “Wandern” rückschießen.

Bei der mobilen Version von Friendsic investiert Lendl anders als viele andere Start-ups nicht zuerst in eine iPhone-App, sondern setzt auf eine Web-App: Per HTML 5, CSS3 und dem Javascript-Framework “jQueryMobile” wurde die mobile Webseite so eingerichtet, dass sie sich wie eine native App verhält - unabhängig vom Smartphone, mit dem man sie aufruft.

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Jakob Steinschaden

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