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Fußball vor leeren Rängen: So kommen virtuelle Fans ins Stadion

Durch die Pandemie müssen Fußballspiele ohne Publikum im Stadion ausgetragen werden. Einige Ligen hat das dazu veranlasst, kreativ zu werden. Die spanische Top-Division La Liga hat kurzfristig damit begonnen, virtuelle Fans bei den TV-Übertragungen einzublenden.

“Wir wollen Fans nicht ersetzen”, erklärt La-Liga-Sprecher Joris Evers gegenüber der futurezone. “Wir wollen einfach nur das Zusehererlebnis besser machen, indem wir die leeren Plätze auffüllen”. Simuliertes Publikum sei in der Fernsehwelt ja auch nichts neues, sagt Evers. “Denken Sie nur an Sitcoms, wo seit Jahrzehnten mit Lachkonserven gearbeitet wird", so Evers.

Die virtuellen Fans kurzfristig ins Stadion zu bekommen, war technisch eine Herausforderung, wie Òscar Lago Domínguez erklärt. Er ist TV Sports Match Director bei MediaPro, der für die TV-Übertragungen der spanischen La Liga verantwortlich ist. Die Pandemie traf auch die Fernsehproduzenten völlig unvorbereitet:  “Keiner war auf sowas vorbereitet”.

Keine hyperrealistischen Fans

In einem ersten Schritt wurden Kameraperspektiven geändert, um so wenig leeren Plätze wie möglich zu zeigen. Dazu hat man die Kameras - so gut als möglich auf höheren Positionen platziert, um bei den Einstellungen der Spieler so wenig Plätze wie möglich im Hintergrund zu haben. Dort, wo das nicht möglich ist, kamen die “Fans” bzw. Die Texturen ins Spiel. Jene sind wesentlich rudimentärer, als man es etwa von Videospielen kennt. Möglichst realitätsnahe Abbilder von menschlichen Fans zu erzeugen sei aber gar nicht die Absicht der Produzenten gewesen. “Wir wollten kein hyperrealistisches Bild von Fans zeigen, so Lago Domínguez. 

“Wir wollten lediglich erreichen, dass die Fans vergessen, dass sie ein Spiel in einem leeren Stadion ansehen, ohne sie zu sehr vom Spielgeschehen abzulenken. “Wir wollen nicht, dass die Zuseher die Fans im Hintergrund ansehen”, so Lago Domínguez.

3D-Modell

Damit die virtuellen Fans die Stadien füllen können, muss in einem ersten Schritt ein 3D-Modell jedes einzelnen Stadions erstellt werden, wie Willem van Breukele von WTVision erklärt, der an der technischen Umsetzung beteiligt ist. Anschließend müssen die Master-Kameras aufgestellt und entsprechend kalibriert werden. 

Tatsächlich eingeblendet werden die Fans in der Produktionszenrale in Barcelona. “Alle Stadien müssen den Master-Feed der Hauptkamera dorthin senden”, so van Breukele. Dort wird dann die “Tracking-by-Image-Technologie” des Unternehmens VIZRT genutzt. “Normalerweise kümmern wir uns um Grafiken bei Live-Wetter oder Börseberichten”, sagt Jonathan Roberts von VIZRT. “

Eine Schwierigkeit bei der Live-Übertragung sei, dass der Ball immer sichtbar ist, so Roberts. Wenn der Ball in der Luft vor den generierten Texturen fliegt, müsse sichergestellt sein, dass er von jenen nicht überdeckt wird. Dazu nutze man eine Bluescreen-Technik. “Wir müssen den Ball vor dem Publikum erkennen und dem System sagen, folge ihm und zeige ihn immer”, erklärt der Brite. 

Fifa-Sounds

Die Übertragungen haben auch virtuelle Sounds. Dazu arbeitet die spanische Liga mit EA Sports zusammen, das für die Fifa-Reihe verantwortlich ist. Normalerweise stellt die Liga dem Spieleentwickler entsprechende Fangeräusche aus allen Stadien zur Verfügung. Um nun auch leeren Stadien mit Fangesängen zu füllen, ging es nun in die umgekehrte Richtung. 

Damit die Fangesänge zum Spielgeschehen passen, sitzen bei jedem Spiel Menschen in den Stadien an den Knöpfen, um die richtigen Sounds im richtigen Moment einzublenden, wie van Breukele erklärt. 

Zukunft unklar

Die spanische Liga spielt in der aktuellen Saison nun nur mehr einige wenige Wochen. Wie es danach weitergeht bzw. ob der Einsatz virtueller Fans auch in den kommenden Wochen notwendig sein wird, ist aktuell noch nciht absehbar. “Wir wollen natürlich, dass in den Stadien wieder so schnell wie möglich echte Fans sind”, so Evers.

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Thomas Prenner

ThPrenner

Beschäftigt sich mit Dingen, die man täglich nutzt. Möchte Altes mit Neuem verbinden. Mag Streaming genauso gern wie seine Schallplatten. Fotografiert am liebsten auf Film, meistens aber mit dem Smartphone.

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