© Guguchu

Start-Up

Guguchu als MySpace-Konkurrenz

„Der Musikbereich ist ein schwieriges Terrain, um ein Unternehmen zu gründen“, erzählt der Geschäftsführer von Guguchu, Bernd Strenitz. Der Grazer war davor als Investment Banker in London tätig. Dort, erzählt er, sei er häufig mit Musik-Start-Ups in Kontakt gekommen und habe viel über Bands und ihre Bedürfnisse gelernt. Aus privaten Gründen zog es den ehemaligen Investment Banker, der davor an der WU Wien studiert hat, nach New York. In dieser Stadt gründete Strenitz mit seinem Kollegen Florian Hoenig aus Wels und John Farrugia aus London im Jahr 2009 Guguchu, eine Musik-Plattform, die als sogenannte Direct-to-Fan-Lösung funktioniert.

Direct-to-Fan bedeutet, dass der Musiker oder das Label, das ihn vertritt, mit einer Plattform alle Fans des Künstlers bedienen kann. Vom Newsletter, der über neue Veröffentlichungen oder Auftritte informiert angefangen, über die Integration von Social Media-Kanälen wie Facebook und YouTube, bis zum direkten Verkauf von Musik oder Konzertkarten im Web. „Wir wollen keinesfalls das Label ersetzen, im Gegenteil. Wir arbeiten mit vielen kleinen Labels, die etwa vier bis fünf Künstler vertreten, zusammen“, so Strenitz.

Aufgeräumtes User-Interface
Nach einem Jahr Programmierarbeit, bei der Hoenig von Bernhard Valenti aus Wels unterstützt wurde, entstand 2009 eine ausgereifte Musik-Plattform. Die futurezone nahm diese selbst unter die Lupe: Die Benutzeroberfläche von Guguchu wirkt aufgeräumt und ist gut strukturiert. Trotz der vielen Möglichkeiten, die die Plattform bietet, findet man sich sofort zurecht. Alles in allem dauert es etwa einen halben Tag, bis man als Künstler eine eigene Website mit den jüngsten Veröffentlichungen eingerichtet hat und diese über seine Social Media-Kanäle verbreitet hat. „Man muss definitiv etwas Zeit investieren, aber auf technischer Ebene muss man kein Experte sein“, so Strenitz.

Besonders stolz ist Strenitz auf das Dashboard, das wie eine E-Mail-Inbox aussieht und das als eine Art Nachrichtenzentrum fungiert. „Dort werden sämtliche Band-Fan-Aktionen im Hintergrund gespeichert. So kann die Software auf Aktionen der Bands reagieren und die Rolle eines Band-Managers übernehmen“, erklärt Strenitz. Valenti und CTO Hoenig haben sich beide während ihres Studiums an der Johannes Kepler Universität in Linz mit Machine Learning und künstlicher Intelligenz beschäftigt. Diese Fähigkeiten sind in die Entwicklung von Guguchu mit eingeflossen.

Starker Wachstumsmarkt
Mehrere Tausend Kunden habe man bei Guguchu derzeit, doch der Markt sei stark im Wachsen, denn digitale Komplettlösungen für Musiker und Labels im Web sind nach wie vor rar. Mit Topspin Media und Bandcamp gibt es lediglich zwei Konkurrenten. „Die nächsten drei Jahre werden extrem wichtig“, meint Strenitz. MySpace sei zwar im Schrumpfen, aber es gebe nach wie vor über 3,3 Millionen registrierte Bands, so der Grazer. „Wenn MySpace erfolgreich verkauft wird, wollen wir auf jeden Fall mit dem neuen Besitzer über eine Integration von Guguchu verhandeln“, erklärt Strenitz.

Da die Nutzung von Guguchu für Musiker und Labels kostenlos ist, will die Musik-Plattform an den Verkäufen der Bands mit verdienen – und behält 15 Prozent der Einnahmen selbst ein (zum Vergleich: bei Apples iTunes sind es 30 Prozent). „Im Schnitt geben Fans heutzutage nur noch drei bis vier US-Dollar pro Einkauf aus“, erklärt Strenitz. Doch dies wolle man künftig mit einer Integration von Merchandise-Artikeln wie T-Shirt, CD oder Konzertkarten abfangen.

New York als guter Standort
Dies funktioniert mit einem Zwei-Click-Prozess via PayPal relativ einfach. Auf Guguchu könnten Bands zudem Konzert-Tickets anbieten. „Dies funktioniert via QR-Code, den die Nutzer an der Tür vorzeigen müssen“, erklärt Strenitz. In New York würde das bereits gut funktionieren. New York sei mit über 250 Konzerthallen überhaupt ein guter Standort für ein Musik-Start-Up, meint Strenitz. Die Bevölkerung sei auch gegenüber neuen Technologien sehr aufgeschlossen.

Langfristig erhofft sich das Unternehmen, dessen Finanzierung komplett mit Eigenkapital erfolgt ist, eine strategische Zusammenarbeit mit Distributoren – und Plattformen wie MySpace. „Man müsste nur das Interface neu gestalten...“, meint Strenitz. Doch wie sieht es eigentlich mit dem Interesse von Major Labels aus? „Es dauert, bis die Dinosaurier sich im neuen digitalen Zeitalter zurechtfinden. Wir haben derzeit auf jeden Fall produktivere Gespräche mit Indie-Labels“, so Strenitz.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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