Plagiatssoftware bestenfalls „Massenlösung“
Plagiatssoftware bestenfalls „Massenlösung“
© Christine Schweinöster/kba

Plagiatssoftware bestenfalls „Massenlösung“

Plagiatssoftware bestenfalls „Massenlösung“

Mit der Doktorarbeit des deutschen Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg gibt es zur Zeit wieder einen prominenten Plagiatsverdacht. Guttenberg wird vorgeworfen, einige Passagen ohne Kennzeichnung aus anderen Texten übernommen zu haben. Darunter sollen sich auch die allerersten Zeilen befinden, die einem FAZ-Text von Barbara Zehnpfennig von der Universität der Bundeswehr Hamburg aus dem Jahre 1997 gleichen. Doch könnten derartige Fälle mit dem Einsatz von Plagiatssoftware tatsächlich minimiert werden?

 „Man kann Plagiatsfälle nicht verhindern“, so der Studienrektor Franz Reindl von der Universität Klagenfurt, die 2006 wegen mehreren Plagiatsfällen selbst im medialen Rampenlicht gestanden ist. Eine Überprüfung mit einer Software sei eigentlich ein „unfreundlicher Akt“, da man Studenten von Haus aus unter Verdacht stelle. „Dabei wollen Studenten meist zeigen, was sie können“, so Reindl zur FUTUREZONE.

Ergebnisse oft unbefriedigend

Doch auch auf der Uni Klagenfurt kommt aus Gründen der „Qualitätskontrolle“ seit knapp vier Jahren flächendeckend eine derartige Software namens Docoloc zum Einsatz. Jede Arbeit muss elektronisch abgeliefert werden und wird durch die Software gejagt. Oft sei das Ergebnis allerdings unbefriedigend, weil etwa Bücher, die nicht elektronisch vorliegen, oder bestimmte kostenpflichtige Zeitungen nicht vom System erfasst werden, erklärt Reindl. „Die Software ist sicherlich nicht der Weisheit letzter Schluss, aber es ist immer noch besser, als gar keine Kontrolle.“

Für den Salzburger Medienwissenschaftler Weber, der sich seit 2002 wissenschaftlich mit der Plagiatsthematik beschäftigt, ist Plagiatssoftware wertlos und ersetzt keinesfalls eine manuelle Kontrolle, so Weber gegenüber der FUTUREZONE. Er sehe allerdings ein, dass Professoren von Massenstudien aus zeitlichen Gründen nicht 900 Seiten „durchgooglen“ können, so Weber. „Für zehn Seiten braucht man etwa eine Stunde“, erklärt der Experte.

 "Riecher" für Plagiate

Für Weber können aktuelle Plagiatssoftwarelösungen Texte nicht als Ganzes erfassen, auch Synonyme werden oft nicht erkannt. Die Software-Darstellung führe eher weg vom Text, so Weber. „Erst wenn Software mehr als bloß eine Liste mit Textübereinstimmungen ist, macht ein Einsatz für mich Sinn“, meint der Plagiatsexperte. Man entwickle zudem rasch einen „Riecher“ für Plagiate, wenn man Texte durcharbeitet, erklärt Weber.

Laut einer aktuellen Studie von Deborah Weber-Wulff von der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin seien lediglich fünf von 26 untersuchten Programme für die Erkennung von Plagiaten „teilweise nützlich“. Neun seien „kaum nützlich“ und zwölf seien gar „nutzlos“. Doch selbst die beste Software erkennt maximal 60 Prozent der Plagiate, so die Studie.

 "Vielen ist nicht bewusst, was sie tun" An der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien setzt man deshalb zu einem großen Teil auch auf Aufklärung, da vielen nicht bewusst sei, was für Auswirkungen „Copy & Paste“ aus Wikipedia habe. „Viele junge Studenten sind es von der Schule so gewohnt, Referate aus Websites zusammen zu kopieren. Dann kommen sie an die Uni. Auch hier ist diese Arbeitsweise für sie verführerisch,“ erzählt Oliver Vettori, der als Leiter für Qualitätsmanagement & Programme Delivery an der WU für die Lehrorganisation zuständig ist.

 Man verfolge daher eher eine „Vermeidungsstrategie“. Wenn ein Student etwa schlampig arbeite und nicht korrekt zitiere, sei es die Pflicht des Professors, ihn darauf hinzuweisen, so Vettori. Doch auch an der WU Wien kommt eine Software zur Plagiatserkennung zum Einsatz. Derzeit werde das System auf Ephorus umgestellt, erzählt Vettori. Bei dem Test von Weber-Wulff schnitt dieses Programm immerhin am drittbesten ab. „Die Software ist allerdings nur ein Tool, das den Überprüfungsprozess erleichtern soll. Echte Plagiate müssen nach wie vor von Lehrenden kontrolliert werden“, so Vettori im Gespräch mit der FUTUREZONE.

 System soll "nicht unterlaufen" werden

Während die WU ihre Software offenlegt, will man an der Universität Wien die Namen der eingesetzten Programme nicht bekannt geben. Die Systeme sollen nicht von Studierenden „unterlaufen“ werden. „Bei uns wird allerdings seit dem Herbst 2006 jede Diplom- und Doktorarbeit auf Textgleichheiten überprüft,“ erklärt Brigitte Kopp, Studienpräses an der Uni Wien. Gravierende Fälle, die zur Aberkennung des Titels geführt hätten, gebe es keine zehn im Zeitraum der letzten fünf Jahre.

 Die Uni setze derzeit auf zwei unterschiedliche Softwarelösungen für Plagiatserkennung, die von einer eigens eingerichteten Arbeitsgruppe ausgewählt und getestet wurden. Man sei allerdings bereits in Verhandlungen mit einer neuen Firma, so Kopp.

Link:

Blogeintrag von Stefan Weber zum Fall Karl-Theodor zu Guttenberg

 

Link:

Test von Plagiaterkennungssoftware

 

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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