gerichtsurteil

Polen: Haft für rechtsextreme Website-Betreiber

Das Breslauer Bezirksgericht hat am heutigen Dienstag drei junge Polen, die die rechtsextreme Internetseite "www.redwatch.info" betrieben, zu Haftstrafen verurteilt. Ihnen wurde Propaganda für ein totalitäres Staatssystem und Aufruf zum Hass mit ethnischem Hintergrund vorgeworfen. Vor fünf Jahren veröffentlichten sie im Internet sogenannte Todeslisten mit Namen, Adressen, Telefonnummern und Fotos von einigen Hundert Personen aus antifaschistischen, anarchistischen, homosexuellen und linken Organisationen.
Die Angeklagten erklärten im Prozess, dass sie von "patriotischen Motiven" geleitet wurden. Richter Marcin Sosinski betonte im Kommentar zum Urteil, dass Patriotismus so nicht aussehen dürfe. "Das Gericht hat keine mildernden Umstände gefunden", sagte der Richter. Die Haftstrafen betrugen dementsprechend eineinhalb Jahre für Andrzej P. aus Swinoujscie, ein Jahr und ein Monat für Bartosz B. aus Slupsk sowie ein Jahr und drei Monate für Mariusz T. aus Bielsko-Biala. Die Verurteilten müssen aber nicht ins Gefängnis, weil sie ihre Strafen bereits in der Untersuchungshaft verbüßt haben.

Hinweise aus den USA
Die Anklage wurde möglich, weil die USA, wo sich der Server von "Redwatch" befindet, den polnischen Ermittlern ausnahmsweise Angaben zu den IP-Adressen, von denen aus die Internetseite redigiert wurde, gemacht hatten. Im Mai 2006 wurde ein Aktivist einer linksgerichteten Organisation in Polen mit einem Messer attackiert und schwer verletzt. "Redwatch" hatte ihn zuvor auf seiner Todesliste geführt, und es bestand der Verdacht, dass die Veröffentlichung im Zusammenhang mit dem Angriff stand. Eine Zusammenarbeit, die über die Aufklärung des Gewaltverbrechens hinausgeht, lehnten die Ermittler in den USA mit Hinweis auf die Meinungsfreiheit ab. Die polnische Staatsanwaltschaft musste deshalb einige Anklagepunkte fallen lassen.

Die polnischsprachige "Redwatch"-Seite wurde nach dem Angriff auf den linksgerichteten Aktivisten kurzfristig geschlossen. Danach zog sie jedoch auf einen anderen Server um und ist bis heute wieder online. Dort kann man unter anderen die Personaldaten und das Foto des ersten dunkelhäutigen polnischen Abgeordneten, John Godson, der am heutigen Dienstag im Parlament vereidigt wurde, sehen.

(APA)

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