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Rätsel um "mysteriösen" Mann auf Notre Dame gelöst

Seit Beginn der Brandkatastrophe von Notre Dame versuchen ausländerfeindliche und rechtsextreme Kreise, eine Brandstiftung durch islamistische Terroristen zu konstruieren, obwohl Polizei und Behörden eine derartige Tat praktisch zu 100 Prozent ausgeschlossen haben. In dieselbe Kerbe schlägt ein Video, das gerade auf Facebook und Twitter seine Runde macht. Dort ist unscharf ein Mann auf einer Balustrade der Kathedrale zu sehen, der lange helle Kleidung und so etwas wie ein Turban auf dem Kopf trägt.

Das besagte Video wurde auch von Politikern verbreitet, unter anderem vom Wiener FPÖ-Landtagsabgeordneten Leo Kohlbauer und dem Regierungskommunikator Heimo Lepuschitz. "Was macht #EinMann da so hektisch auf der #NotreDame? #Paris", suggeriert offensichtlich auch Kohlbauer das mit dem Video propagierte Narrativ.

Hetzerische Verschwörungstheorie

Der "mysteriöse" Mann, der in vielen Kommentaren und Postings als "islamistischer Extremist" herhalten muss, entpuppt sich bei Sichtung des Originalmaterials allerdings als Pariser Feuerwehrmann, wie die Plattform Mimikama in ihrer Analyse aufzeigt. Denn während das zu Propagandazwecken missbrauchte Video von einem Fernseher abgefilmt wurde und deshalb unscharf und mit verfälschten Farben daherkommt, zeigt die Originalvideoaufnahme eindeutig einen Feuerwehrmann mit gelber Warnweste und reflektierendem Helm.

Absolut nicht haltbar ist auch die Behauptung, dass der Mann 30 Minuten nach Ausbruch des Brandes völlig unvermittelt und aus unerklärlichen Gründen an der besagten Stelle aufgetaucht sei. Denn auch schon vor der besagten Sequenz sind im Original-Video immer wieder Feuerwehrmänner zu sehen, die exakt an dieser Stelle herumlaufen. Das Fake-Video ist leider nicht das einzige, das einen nicht vorhandenen Zusammenhang zu islamistischem Terror knüpft.

Fake-Accounts und mieser YouTube-Algorithmus

So tauchten kurz nach dem Brand auch gefälschte Videos auf, in denen Originalaufnahmen vom Brand mit einer anderen Tonspur hinterlegt wurde - in einem Fall etwa hört man eine Frau jubelnd "allahu akbar" rufen, während die Kirche brennt. Diverse Fake-Accounts auf Twitter und Facebook, die sich als seriöse Nachrichtenseiten wie CNN tarnten, verbreiteten die Falschnachricht, dass es sich um einen Terroranschlag gehandelt habe.

Mit Ruhm bekleckert hat sich rund um die Brandkatastrophe auch YouTube nicht. Wie berichtet, ordnete der Algorithmus Originalbilder der brennenden Kathedrale dem Terroranschlag am 11. September in New York. Es war das zweite Versagen von YouTube bei Großereignissen in einer Woche. Nur wenige Tage zuvor pushte der YouTube-Algorithmus ein sexistisches Fake-Video über die Wissenschaftlerin Katie Bouman, die einen großen Anteil am ersten Foto eines Schwarzen Loches hatte.

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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