Der Straßenbahn-Airbag von Bombardier, gezeigt am UITP Weltkongress
Der Straßenbahn-Airbag von Bombardier, gezeigt am UITP Weltkongress
© David Kotrba

Verkehr

Straßenbahn-Airbag soll Fußgänger schützen

Auf dem UITP Weltkongress in Mailand hat Bombardier einen Airbag vorgestellt, der Menschen vor dem Überrollen durch Straßenbahnen bewahren soll. Der BodyGuard genannte Airbag ist eine Anwendung, die durch ein neuartiges Fahrassistenzsystem möglich wird. Dieses wurde gemeinsam mit dem Austrian Institute of Technology (AIT) entwickelt.

Streckenüberwachung

Bei dem Fahrassistenzsystem wird der Straßenbahnfahrer durch einen Computer unterstützt, der mit drei Kameras die Strecke beobachtet. Die drei Kameras dienen dazu, den so genannten Hüllraum, also den Querschnitt, den eine Straßenbahn bei der Fahrt ausfüllt, im Nah- und Fernbereich zu beobachten.

Jedes Objekt, das in den Hüllraum eindringt und eine gewisse Mindestgröße überschreitet, wird genau in seiner Bewegung analysiert. Seine Positionen, Richtung und Geschwindigkeit werden genau verfolgt, um die Gefahr für die Straßenbahn einzuschätzen.

Wird eine mögliche Kollision erkannt, so erhält der Fahrer akustische und visuelle Warnhinweise. Diese muss er bestätigen. Tut er dies nicht, so wird die Straßenbahn automatisch zum Stillstand gebracht. Das Ganze funktioniert ähnlich dem "Totmann"-Prinzip in Zügen. Die Rechnereinheit für das Fahrassistenzsystem ist zwecks Redundanz doppelt ausgelegt.

Lückenschluss

Können Kollisionen mit Fußgängern nicht mehr verhindert werden, so soll wenigstens erreicht werden, dass diese nicht überrollt werden. Bombardier hat deshalb gemeinsam mit der Technikuniversität ETH Zürich einen neuartigen Airbag entwickelt, der automatisch vor einem Zusammenstoß ausgelöst werden soll. Der BodyGuard schließt die Lücke zwischen Fahrzeugfront und Straßenoberfläche.

Wenn ein Passant getroffen wird, so sorgt die speziell gerundete Fahrzeugfront in erster Linie dafür, dass der Passant eher unterhalb seines Schwerpunktes berührt wird. Dadurch wird er quasi von den Füßen gefegt. Landet er vor der Straßenbahn, so wird er durch den Airbag bis zum Fahrzeugstillstand davor hergeschoben. In zweiter Linie dient der Airbag als dämpfendes Element für den Aufprall des Kopfes.

Hartes Metall

Wie einen Auto-Airbag kann man sich den Straßenbahn-Airbag nicht vorstellen. Im Gegensatz zum Auto-Airbag soll dieser nicht nur kurzfristig als Aufprallpolster dienen und dann kollabieren. Er muss stattdessen aufgeblasen werden und seine Form halten, um als Barriere für einige Sekunden zu dienen. Möglich wird dies durch eine Bauweise aus dünnen Metallplatten. Diese bleiben nach dem Aufblasen formstabil. Besonders weich ist der Airbag dadurch allerdings nicht.

Der BodyGuard wurde erstmals im Frühling 2014 getestet, auf einem Gelände von Bombardier in Wien. Nun wird das System zur Serienreife gebracht. Sie soll 2017 erreicht werden. Das Fahrassistenzsystem vom Bombardier (ohne Airbag) wird laut Bombardier "demnächst" an die ersten Kunden ausgeliefert.

Alternative Wärmebildkameras

Fahrassistenzsysteme sind generell ein großer Trend, nicht nur in der Autoindustrie, sondern auch bei öffentlichen Verkehrsmitteln, das konnten Besucher des UITP Weltkongresses klar erkennen. Die Objekterkennung vor Fahrzeugen kann dabei mit verschiedenen Sensoren bewerkstelligt werden. Eine interessante Alternative zu Kameras, die im sichtbaren Wellenlängenbereich arbeiten, hat das US-Unternehmen FLIR präsentiert.

FLIR will Fahrassistenz- oder Kollisionswarnsysteme mit Wärmebildkameras verbinden. Dadurch können Fahrzeuge von Personen unterschieden werden. Für die Abstandsmessung benötigt man angeblich nur eine Kamera. Die Auswertung der Bilder kann samt Objektiv und Infrarot-Sensor in einem relativ kleinen Gehäuse untergebracht werden. In Autos werden Wäremebildkameras teilweise bereits eingesetzt. Im Schienenfahrzeugbereich ist die Technik gerade erst im Kommen.

Kein Bedarf bei der Bahn

Während Kollisionswarnsysteme bei Straßenbahnen und Bussen aufgrund der unmittelbaren Nähe zu Passanten sinnvoll erscheinen, ist die Nachfrage im Bahnverkehr geringer. "Kollisionswarnungssysteme sind bei uns auf den Loks nicht notwendig", heißt es seitens der ÖBB auf Anfrage. "Beim Bahnfahren sorgt in erster Linie die Sicherheitstechnik auf der Infrastruktur für das Sicherheitsniveau."

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

mehr lesen
David Kotrba

Kommentare