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US-Botschafter in Deutschland mahnt Wikileaks

Der US-Botschafter in Deutschland, Philip Murphy, hat der Enthüllungsplattform Wikileaks Verantwortungslosigkeit vorgeworfen. Die in Kürze im Internet erwartete Veröffentlichung geheimer US-Diplomatenberichte auch über deutsche Politiker werde sich auf die Zusammenarbeit von Regierungen auswirken und die Welt unsicherer machen, sagte Murphy der "Bild am Sonntag" laut Vorabbericht. Die Beziehungen zwischen Berlin und Washington seien dadurch aber nicht gefährdet. Der Zeitung zufolge wurde Außenminister Guido Westerwelle von den US-Diplomaten am kritischsten beurteilt. Ebenfalls kritisch, aber deutlich positiver sei Kanzlerin Angela Merkel beurteilt worden, positiv dagegen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg.

Neue Veröffentlichungen
Die Veröffentlichung des kompromittierenden Materials wird spätestens kommende Woche erwartet. Der Umfang der Publikation wird WikiLeaks zufolge sieben Mal größer sein als die rund 400.000 Pentagon-Berichte, die im Oktober zum Irak-Krieg veröffentlicht wurden. "Es lässt sich schwer sagen, welche Auswirkungen das haben wird. Es wird zumindest unangenehm sein - für meine Regierung, für diejenigen, die in unseren Berichten erwähnt werden, und für mich persönlich als amerikanischer Botschafter in Deutschland", sagte Murphy der Zeitung. Er sei sich aber sicher, "dass die Freundschaft zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland diese Herausforderung überleben wird."

Das US-Außenministerium hatte am Mittwoch angekündigt, betroffene Regierungen auf die Veröffentlichungen vorzubereiten.

Erste Details
Währenddessen kursieren im Internet erste Details zur kommenden Wikileaks-Veröffentlichung. Nach Informationen der Website netzpolitik.org werden in Kürze mehr als 250.000 diplomatische Depeschen im Netz zugänglich gemacht, die US-Vertretungen in aller Welt an das Außenministerium in Washington geschickt haben. Der Bericht beruft sich auf einen Artikel, der kurzzeitig bei Spiegel Online abrufbar gewesen sein soll, aber angeblich schnell wieder von der Website entfernt wurde.

Die Seite verlinkt auf eine mutmaßliche Kopie des Artikels von Spiegel Online. Dort wird erklärt, dass fast alle Dokumente aus der Zeit nach 2004 stammten, nur eines reiche ins Jahr 1966 zurück. Mehr als 9000 Papiere seien in den ersten beiden Monaten dieses Jahres verfasst worden.

Keine "streng geheimen" Dokumente
Nur ein kleiner Teil der Dokumente sei tatsächlich als geheim eingestuft, also mit der zweithöchsten Geheimhaltungsstufe versehen worden, hieß es weiter. 4330 Depeschen seien so vertraulich, dass sie Ausländern nicht zugänglich gemacht werden dürften. Keines der Papiere, die Wikileaks zugespielt worden seien, unterliege der höchsten Kategorie "streng geheim".
Die Redaktion von Spiegel Online hat sich auf dpa-Nachfrage nicht dazu geäußert, ob die Angaben tatsächlich aus einem versehentlich von ihr publizierten Bericht stammen. Auf der Website wird "In eigener Sache" darauf hingewiesen, dass die üblicherweise ab Samstagabend zugängliche E-Paper-Ausgabe des neuen "Spiegel" aus redaktionellen Gründen erst ab Sonntag, 22.30 Uhr, verfügbar sein werde.

Attacke gegen Wikileaks==
Inzwischen ist Wikileaks nach eigenen Angaben Ziel einer Cyber-Attacke geworden. Die Website sehe sich einem sogenannten Denial-of-Service-Angriff ausgesetzt, erklärte Wikileaks am Sonntag über den Kurzmitteilungsdienst Twitter. Bei solchen Angriffen werden Websites gleichzeitig mit Unmengen von Anfragen bombardiert, um sie durch Überlastung zum Zusammenbruch zu bringen.

Wikleaks betonte, die Attacke werde die für Sonntagabend erwartete Veröffentlichung der Dokumente aus US-Botschaften weltweit nicht verhindern. Die Website verwies darauf, dass die Unterlagen durch Partner-Zeitungen veröffentlicht würden. "//El Pais, Le Monde, Spiegel, Guardian// und //NYT (New York Times)// werden die US-Depeschen aus Botschaften veröffentlichen, auch wenn Wikileaks ausfällt."

(reuters/apa/afp)

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