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Air Force baut Rakete, die sich im Flug verbiegt

Mehrere Nationen arbeiten an Kampfflugzeugen der 6. Generation. Diese sollen nicht nur schneller fliegen und bessere Stealth-Eigenschaften aufweisen, sondern auch manövrierfähiger sein.

Um es mit solchen Kampfjets im Luftkampf aufnehmen zu können, sind bessere Waffen nötig. AFRL, die Forschungsabteilung der US Air Force, arbeitet deshalb an MUTANT. Das steht für „Missile Utility Transformation via Articulated Nose Technology“, also in etwa: „Transformation-einer-Rakete-mittels-gelenkiger-Nase-Technologie“.

Dahinter steckt eine Luft-Luft-Rakete, die den Gefechtskopf bewegen kann. Dieser soll sich in Richtung des Ziels biegen. AFRL stellt das in einem Video so dar:

Höhere Trefferquote, trotz kleinerer Flügel

Da Luft-Luft-Raketen bewegliche Ziele treffen müssen, müssen sie in der Regel sehr beweglich sein. Dazu brauchen sie ein komplexes Steuersystem, das aus mehreren Flügeln bzw. Flossen besteht. Solche Raketen haben deshalb eine geringere Reichweite, bedingt durch das höhere Gewicht und den höheren Luftwiederstand.

Bei MUTANT kommen nur kleine Flügel zum Einsatz, was sich positiv auf Reichweite und Geschwindigkeit auswirkt. Auf die Wendigkeit kann verzichtet werden, weil sich der Gefechtskopf Richtung Ziel biegt. Dreht ein feindliches Flugzeug kurz vor der Zündung ab, um der Rakete auszuweichen, biegt sich der Kopf zum Flugzeug und zündet.

Der Abschuss wird so möglich, weil Luft-Luft-Raketen üblicherweise nicht beim Aufschlag detonieren, sondern kurz vor dem Ziel. Im Gefechtskopf sind, je nach Modell, Kugeln oder Stäbe, die trichterförmig Richtung Ziel geschossen werden. Das erhöht die Chance auf einen Treffer. Die Kugeln und Stäbe fliegen mit einer so hohen Geschwindigkeit, dass getroffene Flugzeuge davon regelrecht zerfetzt werden.

Bessere Zielerfassung

Wie im Video zu sehen ist, soll MUTANT seinen biegbaren Gefechtskopf auch intelligent einsetzen können. Wird MUTANT etwa einer anderen Rakete zum Abfangen nachgeschossen, kann sie daneben fliegen, den Kopf rüberdrehen und zünden, damit die Zielrakete in den Trichter aus Kugeln hineinfliegt und so zerstört wird. Das könnte MUTANT auch als Boden-Luft-Rakete interessant machen, um schnell vorbeigeflogene Marschflugkörper oder Drohnen zu zerstören.

Ein weiterer Vorteil der biegbaren Nase ergibt sich bei der Zielerfassung. Die Sensoren in einer Rakete haben einen bestimmten Sichtbereich. Entfernt sich das Ziel schneller daraus, als die Rakete nachmanövrieren kann, muss sie das Ziel erst wieder suchen und aufschalten – oder geht ins Leere. Bei MUTANT biegt sich der Kopf in die Flugrichtung des Ziels mit, während die Rakete die Flugbahn entsprechend anpasst. Das verringert die Chance, dass das Ziel den Sichtbereich der Sensoren verlässt.

Beweglicher Hals von der F-35B inspiriert

Laut AFRL kommt die Idee eines „morphenden“ Waffensystems seit den 50er-Jahren immer wieder auf. Bisher verhinderten aber Größe, Gewicht und die technischen Anforderungen an so ein System, dass es in eine Rakete implementiert wird. Die MUTANT sei jetzt der Wendepunkt.

Das System der MUTANT ist elektronisch gesteuert und nutzt Elektromotoren, Zahnräder und Lager. Inspiration für das System holte sich AFRL bei der beweglichen Düse des F-35B Stealth Fighters, der damit auch vertikal starten kann. Damit das System der MUTANT den extremen Belastungen beim Überschallflug standhalten kann, aber gleichzeitig nicht zu viel wiegt, wird ein Metallskelet mit einem Elastomer gebaut. Das Gelenk der Nase soll so Temperaturen über 900 Grad Celsius unbeschadet überstehen.

Bodentests mit modifizierter Hellfire

Bisher wurden nur Teile von MUTANT am Boden getestet. Dafür nutzte man als Basis die Hellfire, eine Luft-Boden-Rakete. AFRL betont, dass die Hellfire wirklich nur zum Testen dient und nicht die Basis für eine kommende MUTANT-Luft-Luft-Rakete sein wird.

Eine aktuelle Serie an Bodentests soll bis zum Ende des Fiskaljahrs 2024 abgeschlossen sein. Danach wird entschieden, wie es mit dem Projekt weitergeht.

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