Kloreiche Ideen
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Es gibt staatliche Meerjungfrauen in Amerika. In Österreich wären sie wahrscheinlich verbeamtet, in den USA stehen die Fischdamen immerhin auf der Gehaltsliste des Staates, dem der Freizeitpark in Weeki Wachee Springs in Florida untersteht. Auf die Idee mit dem Meerjungfrauenballett, bei dem hübsche Mädchen in Flossenbadekleidung unter Wasser essen und trinken und Hans Christian Andersens Märchen von der kleinen Meerjungfrau darbieten, war 1946 ein vormaliger Navy-Taucher namens Newton Perry gekommen. Mit Hilfe von Atemluftschläuchen konnten die Mädchen länger unter Wasser bleiben.
Nun sehen wir neuerlich bemerkenswerte Fortschritte im Feuchtraumbereich. Dem iPad und anverwandten Tablets haben wir es zu verdanken, dass der Mensch nicht mehr nur auf der Couch, im Bett und in der Küche onlinesein und einkaufen kann, sondern auch in den entspannenden und zurückgelehnten Orten im Bad – in der Wanne und auf der Toilette.
Wer im Bad einkauft, kauft überall
Das Marktforschungsunternehmen SeeWhy aus Boston hat sich bei amerikanischen Tablet-Besitzern erkundigt, wo sie ihre Geräte benutzen, um zu shoppen. Zehn Prozent der Befragten räumten ein: während sie auf dem Klo sitzen. Das Badezimmer liegt, was Gerätestandorte in Haus angeht, zwar eigentlich auf dem letzten Platz nach dem Wohnzimmer (44 Prozent), dem Schlafzimmer (23 Prozent), der Küche (19 Prozent) und dem Außenbereich (14 Prozent). Aber die WC-Statistik zeigt insgesamt doch, wie mächtig Tablets inzwischen als virtuelles Schaufenster geworden sind. Und wenn man Menschen dazu bringen kann, im Bad einzukaufen, kann man sie dazu bringen, es überall zu tun.
Tablets werden anders genutzt als andere Geräte. Das Einkaufen auf Smartphones ist wegen der kleinen Displays immer noch unerfreulich. Ein Tablet dagegen nimmt man wie eine Zeitung mit aufs Örtchen. Marktforscher beobachten, dass sich unterschiedliche Nutzungsgewohnheiten für Geräte mit verschieden großen Bildschirmen herausbilden. Viele Menschen haben zu Hause gar keinen PC mehr – jetzt bieten Tablets das, was Marktforscher vornehm „eine intimere Konsumerfahrung“ nennen.
„Glücklich mit dir, Toilette“
Zeitgleich die Toilette benutzen und einkaufen zu können, ist neu. Pioniere wie Sim Jae-duck, ehemals Bürgermeister der südkoreanischen Stadt Suwon, haben eine klare Vorstellung von der aufstrebenden Bedeutung des gewissen Ortes und versuchen, die Öffentlichkeit dafür zu sensibilisieren. Im November 2012 wurde in Suwon ein Toiletten-Themenpark eröffnet, in dem sich unter anderem ein - selbstverständlich toilettenförmiges - Toilettenmuseum befindet, mit dem sich Herr Sim, der in einer Toilette zur Welt gekommen ist, ein Denkmal gesetzt hat. Der 2009 verstorbene Sim war Gründer der World Toilet Association und Verfasser des Buchs „Happy to Be With You, Toilet“.
Da die porzellanenen Bedürfniseinrichtungen zunehmend mit Sensorik und Elektronik ausgerüstet sind - die Toilette Apricot des japanischen Herstellers Toto etwa verfügt u.a. über einen integrierten MP3-Player, der über eine SD-Karte gefüttert werden kann - wird auch die Frage des Datenschutzes neu aufgeworfen. Öffentliche Toiletten in Malmö etwa können seit einiger Zeit nur noch gegen Eingabe eines via SMS gekauften Codes benützt werden. Der schwedische Datenschutzbeauftragte forderte von der Stadtverwaltung Auskunft darüber, wie lange die Telefonnummern der Nutzer gespeichert werden und wer zu den Informationen über die Toilettenbenützung Zugang hat. Die Stadtverwaltung hatte die Toiletten mit SMS-Schlössern ausgerüstet, um Vandalen über die gespeicherten Telefondaten ausfindig machen zu können.
Die kybernetische Klangprinzessin
Durch Apps individualisierbar werden bisher statische toilettische Technikhilfen, die ökologisches Denken, soziale Sensibilität und Toilettenbesuch miteinander verbinden. In Japan Berühmtheit erlangt hat ein Gerät namens Oto-hime (ein Wortspiel mit dem Namen einer Gottheit aus der japanischen Mythologie, das so viel wie „Klangprinzessin“ bedeutet). Bisher gab das in Damentoiletten angebrachte Gerät lieblich zirpende Geräusche oder künstliches Wasserrauschen von sich, um peinliche Körpergeräusche zu übertönen. Ehe es das Oto-hime gab, wurde nur der Geräuschs wegen oft immer wieder die Spülung gedrückt und eine Unmenge Wasser vergeudet. In der neuen Welt der Tablets und Smartphones steht dem Nutzer nun, wie schon bei Klingeltönen, das Universum klokompatibler Klänge uneingeschränkt offen.
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