Footprint on Moon
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Meinung

Wir waren nie am Mond!

Wir müssen die Wahrheit akzeptieren: Wir waren nie am Mond.

Also ich nicht, und Sie auch nicht. Andere Leute natürlich schon. Insgesamt haben zwölf Astronauten unseren Nachbarhimmelskörper betreten. Sie haben Fotos gemacht, Messungen durchgeführt und Mondgestein mit nach Hause genommen. Trotzdem hält sich hartnäckig die Verschwörungstheorie, dass die Mondlandungen gefälscht waren.
Selbsternannte Weltraumexperten sehen sich ein paar Internetvideos an und fühlen sich dann qualifiziert, der NASA zu erklären, warum Weltraumfahrt prinzipiell gar nicht möglich ist. Die Aufnahmen sollen in einem Filmstudio gemacht worden sein, alle Astronauten, Wissenschaftler und Politiker sind Teil einer riesengroßen Verschwörung.

Die richtig hartgesottene Fraktion unter den Mondlandungsleugnern hält die Existenz des Mondes überhaupt für eine Lüge. Schließlich müsste der angebliche Mond doch extrem schwer sein – warum ist er dann nicht schon längst auf die Erde gefallen? Möglicherweise handelt es sich um ein Hologramm oder um ein geheimes Raumfahrzeug, von dem uns das „astronomisch korrekte“ Establishment nichts erzählen will?

Die Mondlandung aus dem Fernsehstudio

Die Argumente der Mondlandungs-Leugner sind teilweise recht unterhaltsam. So hört man etwa immer wieder die Frage, warum man auf den Mond-Fotos keine Sterne sieht. Hat man da im Hollywood-Filmstudio einfach vergessen, ein paar Leuchtpunkte auf die Kulissen zu kleben?
Wäre die Mondlandung tatsächlich im Studio gefilmt worden, hätte man daran wohl gedacht. Der Grund für das Fehlen von Sternen auf den Mondlandungs-Aufnahmen hat aber einen ganz banalen Grund: Die Mondlandung fand bei Tag statt, und bei Tag sieht man keine Sterne.

Klar: Der Mond hat keine Atmosphäre, daher zeigt sich der Himmel dort auch tagsüber in einheitlichem Nachtschwarz. Doch die Mondoberfläche ist taghell. Eine Filmkamera, die auf den hellen Vordergrund mit Astronauten und Mondgestein eingestellt ist, hat keine Chance, die schwachen Sterne am Himmel sichtbar zu machen.
Andere Leute haben messerscharf erkannt, dass die berühmte US-Flagge am Mond ohne Luft doch gar nicht wehen kann. Das stimmt. Sie weht auch nicht, aber die Fahnenstange vibriert und versetzt die Flagge in Bewegung.

Wieder andere glauben die Mondlandungs-Lüge aufzudecken, indem sie en Schattenwurf der Astronauten untersuchen. Wenn man wenig von Fototechnik und Perspektive versteht, dann lassen sich leicht irgendwelche unerklärlichen Phänomene finden – auch wenn sie von jedem echten Experten sofort erklärt werden könnten. Unwissenheit ist manchmal sehr hilfreich: Man muss nur ausreichend wenig von Geometrie verstehen, und schon kann man auch bei Tante Ernas Hochzeitsfoto zweifellos nachweisen, dass es keinesfalls von diesem Planeten stammen kann.

Die Mondlandung ist ähnlich unbestreitbar wie die Existenz von Madagaskar, Albert Einstein oder Himbeereis. Man braucht schon eine merkwürdige Persönlichkeitsstruktur, um alle Fakten beiseitezuschieben und eine dunkle Verschwörung zu wittern.
Man hat Mondgestein auf die Erde gebracht, das sich chemisch und physikalisch von Erdgestein unterscheidet, weil es am Mond lange Zeit kosmischer Strahlung ausgesetzt war. Man hat Reflektoren am Mond installiert, die man von der Erde aus mit Laserpulsen beschießen kann – so lässt sich exakt vermessen, wie weit der Mond von der Erde entfernt ist. Man kann sogar weitere Raumfahrzeuge zum Mond schicken und die alten Apollo-Landeplätze fotografieren. Dem Lunar Reconnaisance Orbiter gelangen hochauflösende Aufnahmen, inklusive Mondfahrzeug-Reifenspuren und Fußabdrücken der Astronauten.

Die Verschwörungs-Formel

Das Verrückteste an der Mondlandungs-Verschwörungstheorie ist aber die Vorstellung, dass man so etwas überhaupt geheim halten könnte. Angenommen, die Mondlandung hätte es tatsächlich nie gegeben. Angenommen, Weltraumfahrt sei tatsächlich gar nicht möglich. Welcher Aufwand wäre dann nötig, um das vor der Öffentlichkeit zu verbergen?
Alle Weltraumorganisationen der Erde müssten reiner Schwindel sein. Alle Leute, die dort arbeiten, wären Teil der Verschwörung. Physikstudenten müsste man spätestens im dritten Semester beiseite nehmen, um ihnen mit furchterregenden Ritualen einzubläuen, dass sie die Geheimnisse der wahren Weltraumphysik niemals ausplaudern dürfen.
Jeder, der mal eine Überraschungsparty mit mehr als 20 Gästen organisiert hat, weiß, dass es verdammt schwer ist, Geheimnisse zu bewahren, in die viele Leute eingeweiht sind. Und ein Geheimnis wie die Mondverschwörung geheim zu halten wäre eine ganz andere Herausforderung.

David Grimes von der Universität Oxford hat berechnet, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine große Verschwörung auffliegt. Das hängt natürlich von der Anzahl der Personen ab, die eingeweiht sein müssen, von ihrer Verschwiegenheit und von der Länge des Zeitraums, den die Verschwörung überdauern soll. Mit einer schönen, übersichtlichen Formel lässt sich die Wahrscheinlichkeit für das Aufrechterhalten einer Weltverschwörung abschätzen. Das Ergebnis: Dass eine Verschwörung mit tausenden Mitwissern, über Jahrzehnte unentdeckt bleibt, ist praktisch ausgeschlossen.

Das gilt natürlich nicht nur für die Mondlandungs-Verschwörungstheorie, sondern auch für verrückte Geschichten über die Anschläge vom 11. September, über Chemtrails oder über Reptilien-Aliens, die als Menschen getarnte die Macht an sich gerissen haben. So unglaubwürdig diese Phantastereien auch sein mögen – die Vorstellung, dass man solche Verschwörungen geheim halten könnte, ist mindestens genauso absurd. 

Zur Person

Florian Aigner ist Physiker und Wissenschaftserklärer. Er beschäftigt sich nicht nur mit spannenden Themen der Naturwissenschaft, sondern oft auch mit Esoterik und Aberglauben, die sich so gerne als Wissenschaft tarnen.

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Florian Aigner

Florian Aigner ist Physiker und Wissenschaftserklärer. Er beschäftigt sich nicht nur mit spannenden Themen der Naturwissenschaft, sondern oft auch mit Esoterik und Aberglauben, die sich so gerne als Wissenschaft tarnen. Über Wissenschaft, Blödsinn und den Unterschied zwischen diesen beiden Bereichen, schreibt er regelmäßig auf futurezone.at und in der Tageszeitung KURIER.

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