"Chatkontrolle" in der EU ist gescheitert
Das diskutierte EU-Gesetz zur "Chatkontrolle" fand erneut keine Zustimmung im Rat der EU-Mitgliedstaaten. Eine Abstimmung unter den 27 EU-Botschaftern zu einem neuen Kompromissvorschlag wurde am Donnerstag kurzfristig von der Tagesordnung genommen, weil die dafür nötige qualifizierte Mehrheit nicht zustande kam, erfuhr die APA aus EU-Ratskreisen. Laut Berichten sprach sich auch Österreich dagegen aus.
Offizielles Ziel des geplanten EU-Gesetzes ist es, die Verbreitung von Darstellungen von Kindesmissbrauch einzudämmen. Kritikerinnen und Kritiker bemängeln allerdings, dass dadurch Anbieter von Messenger-Diensten wie zum Beispiel Whatsapp, Telegram oder Signal gezwungen würden, private Chatnachrichten mit Hilfe von Software auf entsprechende Darstellungen zu durchsuchen. Eine sichere Ende-zu-Ende-Verschlüsselung würde damit unmöglich gemacht.
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Österreich und Deutschland sprechen sich dagegen aus
Die belgische Ratspräsidentschaft will aber weiter an einer gemeinsamen Position der EU-Länder arbeiten, um dann mit dem EU-Parlament über den endgültigen Gesetzestext zu verhandeln, hieß es aus Kreisen der Ratspräsidentschaft. Wie die Zeitung "Der Standard" schreibt, hätten sich neben Österreich auch Deutschland, die Niederlande, Tschechien und Polen gegen den Vorschlag in seiner jetzigen Form ausgesprochen.
Der jüngste Kompromissvorschlag sieht laut Medienberichten vor, dass die Überwachungspflicht nur noch für Bilder und Videos gelten soll. Allerdings sehen Gegner des Vorhabens auch hier keine wirklich Verbesserung. So kritisierte zum Beispiel der deutsche FDP-Politiker Christian Dürr gegenüber der Nachrichtenagentur dpa: "Die angebliche Option, die Überwachung auf dem eigenen Gerät ablehnen zu können, ist in Wahrheit keine Option, sondern ein Zwang. Denn wer ablehnt, darf keine Bilder und Videos mehr verschicken."
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Brief gegen Chatkontrolle: "Klima des Generalverdachts"
Auch in Österreich sprachen sich Nationalratsabgeordnete von den Grünen, den NEOS und der SPÖ jüngst gegen die "Chatkontrolle" aus. In einem vom Grünen Nationalratsabgeordneten Süleyman Zorba mitinitiierten Brief warnen sie vor einem "Klima des Generalverdachts" und einem Imageschaden für die EU als "Garant von Freiheit".
Unterzeichnet wurde der Brief in Österreich zudem von den Nationalratsabgeordneten Georg Bürstmayr von den Grünen, Nikolaus Scherak von den NEOS und Katharina Kucharowits von der SPÖ. Auch Politikerinnen aus Deutschland, den Niederlanden und Tschechien waren unter den Unterzeichnern. Die Neos-Jugendorganisation JUNOS forderte Digitalisierungsstaatssekretärin Claudia Plakolm sowie Innenminister Gerhard Karner (beide ÖVP) zu einem klareren Auftreten gegen die Chatkontrolle auf.
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