Die neuen Überwachungspläne der Regierung
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Die Bedrohungslage habe sich verändert, sagte Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) am Montag bei der Vorstellung des neuen Arbeitsprogrammes der Regierung. Man habe die Verpflichtung darauf zu reagieren. Die Namen von Käufern von Prepaid-Wertkarten zu registrieren sei ebenso „selbstverständlich“, wie Möglichkeiten für Ermittler WhatsApp und Skype zu überwachen. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) sprach in Bezug auf die Ausweitung der Überwachungsbefugnisse der Behörden von einer gemeinsam definierten "vorsichtigen Vorgangsweise". Das sehen nicht alles so. Der Verein epicenter.works ruft für Montagabend zu einer Kundgebung gegen das "Überwachungspaket" der Regierung auf dem Wiener Ballhausplatz auf.
"Einfrieren" von Daten
Auch eine Nachfolgeregelung zu der 2014 vom Verfassungsgerichtshof gekippten Vorratsdatenspeicherung ist in dem Programm vorgesehen. Telekomanbieter sollen verpflichtet werden, bei Vorliegen eines Verdachts vorerst nicht näher bestimmter strafbarer Handlungen Verkehrs- Zugangs- und Standortdaten betroffener Personen bis zu zwölf Monate lang zu speichern. Das „Quick freeze“ genannte Verfahren wurde im Zuge der Debatten über die Vorratsdatenspeicherung in den vergangenen Jahren wiederholt ins Gespräch gebracht. In Österreich soll es nun für die EU-rechtskonforme Speicherung von Daten zum Einsatz kommen.
Sollte sich der Anfangsverdacht verdichten, könne die Staatsanwaltschaft mit gerichtlicher Bewilligung auf die Daten zugreifen, heißt es in dem Arbeitsprogramm weiter. Andernfalls trete die staatsanwaltliche Anordnung zur Datenspeicherung außer Kraft. Dann müsste auch der Verdächtige über die Datenspeicherung informiert werden.
Der EuGH hatte in einem im Dezember ergangenen Urteil der anlasslosen Speicherung von Vorratsdaten bereits zum wiederholten Mal einen Riegel vorgeschoben. Mit dem „Quick freeze“-Verfahren seien die „Grundrechtserfordernisse im Lichte der jüngsten EuGH Judikatur erfüllt“, heißt es in dem Arbeitsprogramm.
WhatsApp- und Skype-Überwachung
Die Regierung will es den Strafverfolgungsbehörden auch ermöglichen, Messaging-Dienste wie Skype und WhatsApp zu überwachen. Dies sei dringend notwendig, um Lücken in der Strafverfolgung zu schließen, ist in dem Papier zu lesen. „Wenn man Telefonate und SMSe der Polizei zugänglich mache, müsse man das auch bei Inhalten neuer Kommunikationskanälen tun, sagte Kern. Zusatz: „Natürlich auf Basis rechtsstaatlicher Standards und richterlicher Anordnungen.“
Wie dies konkret passieren soll, verriet der Bundeskanzler nicht. Ein Gesetzesentwurf der ein solches Vorgehen durch den Einsatz staatlicher Überwachungssoftware („Staatstrojaner“) ermöglichen sollte, wurde von der Regierung nach harscher Kritik Mitte vergangenen Jahres auf Eis gelegt. Gut möglich, dass er wieder aufgegriffen wird. Auch auf die Ausweichpflicht beim Erwerb einer Prepaid-Wertkarte haben sich SPÖ und ÖVP geeinigt.
Kennzeichenerfassung
Ausgebaut werden soll auch die Videoüberwachung. Beamte des Innenministeriums sollen in nicht näher definierten „bestimmten Anlassfällen“ auf das elektronische Kennzeichenerfassungssystem der ASFINAG zugreifen dürfen, an Grenzübergängen will das Innenministerium selbst Kennzeichenerfassungsgeräte zum Einsatz bringen. Für Überwachungskameras von ÖBB, ASFINAG und anderen Unternehmen im Nahebereich der öffentlichen Hand soll künftig eine Speicherverpflichtung und Mindestspeicherdauer von Videomaterial gelten. Wo „technisch möglich“ solle auch „Echtzeitstreaming“ eingesetzt werden, heißt es weiter.
Ebenfalls im Arbeitsprogramm finden sich elektronische Fußfesseln zur Überwachung sogenannter „Gefährder“. Ein diesbezüglicher Erlass soll bereits Ende März vorgelegt werden. Zur Umsetzung der anderen Maßnahmen zum - wie es in dem Arbeitsprogramm heißt - "Ausbau der technischen Ermittlungsmöglichkeiten“, sollen bis Juni „legistische Anpassungen“ vorgelegt werden.
Demonstration gegen Überwachung
Die Initiative epicenter.works ruft angesichts der Ausweitung der Überwachungsbefugnisse für heute, Montag, um 19.00 Uhr vor dem Bundeskanzleramt am Ballhausplatz zu einer Kundgebung gegen das „Überwachungspaket“ auf. „Stoppen wir den Film vor seiner Premiere“ ist auf der Einladung zu der Demonstration zu lesen.
Das Thema Sicherheitspaket und Überwachung in Österreich ist am Donnerstag auch Thema beim netzpolitischen Abend in Wien (Do, 2.2., gratis Eintritt, ab 19 Uhr, Beginn 19.30 im Metalab, Rathausgasse, 1010 Wien).
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