EU-Regel in Kraft: Das ändert sich auf Facebook, Google, Amazon
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Der Social-Media-Plattform Twitter (X), Facebook, TikTok und mehreren Google-Diensten drohen künftig Geldstrafen, wenn sie nicht stärker gegen illegale Inhalte vorgehen. Ab heute, Freitag, sind bestimmte Regeln für 19 sehr große Online-Plattformen und Suchmaschinen in der EU rechtlich durchsetzbar. Die Unternehmen müssen zum Beispiel Kinderpornografie oder Terrorpropaganda schneller als bisher entfernen.
Für Nutzerinnen und Nutzer wird es einfacher, illegale Inhalte zu melden. Online-Marktplätze wie Amazon sind nun verpflichtet, gefälschte Produkte oder gefährliches Spielzeug so gut wie möglich zu entfernen und die Käuferinnen und Käufer zu warnen. Außerdem müssen die Konzerne der EU-Kommission regelmäßig berichten, inwiefern ihre Plattformen etwa die psychische Gesundheit oder die Meinungsfreiheit gefährden. Hintergrund ist das neue EU-Gesetz über digitale Dienste (Digital Service Act, DSA).
Welche Unternehmen sind betroffen?
Zunächst sind sehr große Plattformen und Suchmaschinen mit mehr als 45 Millionen aktiven Nutzer*innen im Monat betroffen. Für sie gelten strengere Vorgaben als für kleinere Unternehmen. Denn aus Sicht der EU geht von ihnen ein besonders großes Risiko für die Gesellschaft aus.
Die Europäische Union hatte im April 19 Unternehmen als "sehr große Online-Plattformen" und "sehr große Online-Suchmaschinen" eingestuft. Dazu gehören neben Zalando, Wikipedia, Booking.com, der Amazon Marketplace und der Appstore von Apple sowie Alibabas AliExpress, Google Play, Google Maps, Google Shopping, Instagram, LinkedIn, Pinterest, Snapchat, Youtube sowie die Suchmaschinen von Google und Bing. In einigen Monaten sollen die Regeln auch für kleinere Unternehmen gelten, die unter das Gesetz fallen.
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Was ändert sich genau?
Geschäftsbedingungen müssten künftig so formuliert sein, dass jedes Kind sie verstehe, sagt ein EU-Beamter. Online-Marktplätze wie Amazon oder Alibabas AliExpress sollen zum Beispiel Angebote von gefälschter Kleidung oder gefährliche Spielzeuge so gut wie möglich entfernen und Käuferinnen und Käufer entsprechend warnen.
Plattformen und Suchmaschinen müssen nicht nur illegale Beiträge schneller löschen als bisher - sie erstatten künftig auch der EU-Kommission detailliert Bericht, welche Risiken für die Bürgerinnen und Bürger in Europa bestehen. Snapchat oder Youtube müssen also zum Beispiel prüfen, ob ihr Angebot Cybergewalt fördert, die Meinungsfreiheit untergräbt oder sich ihr Algorithmus negativ auf die menschliche Psyche auswirkt. Entsprechend müssen die Unternehmen dann Maßnahmen ergreifen.
Was ist mit Werbung?
Verboten werden auch gezielte Anzeigen, wenn sie auf sensiblen Daten wie der Religion oder politischen Überzeugungen basieren. Personenbezogene Daten von Kindern und Jugendlichen dürfen zu Werbezwecken nicht mehr gesammelt werden. Außerdem soll die Geheimniskrämerei der Plattformen beschränkt werden: Sie müssen künftig mehr Informationen über ihre Arbeitsweise preisgeben. Nach Angaben eines EU-Beamten werden viele der Änderungen für Verbraucherinnen und Verbraucher nicht sofort sichtbar sein, sondern eher im Hintergrund ablaufen. Der Langzeiteffekt dürfe aber nicht unterschätzt werden.
Was sagen die Konzerne?
Meta mit seinen Flaggschiffen Facebook und Instagram hat allein für die Arbeit rund um den Digital Services Act (DSA) ein Team von 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammengestellt. Google versprach mehr Transparenz - unter anderem in den Richtlinien sowie mit zusätzlichen Informationen über die Ansprache einzelner Zielgruppen bei Werbeanzeigen. Auch soll es neue Werkzeuge für den Datenzugang von Forschenden geben.
TikTok hatte bereits vor einigen Wochen angekündigt, für Nutzerinnen und Nutzer in der EU einen alternativen, weniger personalisierten Algorithmus einzuführen und mehr Transparenz hinsichtlich Werbeanzeigen auf der Plattform zu gewähren.
Aber nicht alle Tech-Giganten wollen die Regeln einfach so hinnehmen. Amazon und Zalando haben bereits Klagen eingereicht. Sie sehen sich zu Unrecht als "sehr große Online-Plattformen" eingestuft und argumentieren, dass die Regeln für sie als Händler nicht gelten sollten. Andere Klagen könnten folgen.
Wie geht es nun weiter?
Sollten die Konzerne die Vorgaben nicht einhalten, droht ihnen eine Strafe von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes. Der zuständige EU-Kommissar Thierry Breton hob am Donnerstag hervor: "Die Einhaltung des DSA ist keine Strafe - es ist eine Möglichkeit für Plattformen, ihre Vertrauenswürdigkeit zu stärken."
"In keinem Fall werden wir von null auf Sanktionen gehen", so ein EU-Experte. "Wenn wir Zweifel haben, werden wir in einem ersten Schritt eine Untersuchung einleiten." Ab Februar 2024 gelten die Regeln auch für kleinere Digitalunternehmen.
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Zu den derzeit vom DSA betroffenen Plattformen könnten noch weitere kommen: Entweder, wenn Plattformen selbst die Überschreitung der 45-Millionen-Nutzer-Schwelle deklarierten, oder wenn die Kommission Hinweise habe, dass dies der Fall sei. Dies sei bei einigen Porno-Plattformen der Fall. ChatGPT sei ein Sonderfall, da die "ursprüngliche Version nicht unserer Definition einer Plattform entsprach". Aber der KI-Chatbot entwickle sich weiter, weshalb die Kommission ihn im Auge behalten will.
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